Westfalen-Blatt: zu den US-Wahlen
Bielefeld (ots)
Die Amerikaner haben heute keine gute, aber eine eindeutige Wahl. Hillary Clinton und Donald Trump sind mit historisch hohen Negativ-Werten in das Rennen um das Weiße Haus gestartet. Seitdem konkurrieren sie darum, wer bei den Wählern unbeliebter ist. Hillary Clinton laboriert an der E-Mail-Affäre, die sie bis auf die Ziellinie verfolgt. Sie erzeugte im Wahlkampf wenig Enthusiasmus und löste schon gar keine Aufbruchsstimmung aus, die mit der Perspektive der ersten Frau im Präsidentenamt verbunden sein könnte. Stattdessen verkörpert sie das schale »Weiter so« einer diskreditierten Politikerkaste, von der Barack Obama den Amerikanern eine Verschnaufpause verschaffte. Verglichen mit ihrem Herausforderer Donald Trump wirken Clintons Defizite geradewegs banal. Der blondierte Rechtspopulist hat den Nachweis geführt, weder das Temperament noch den Charakter für das wichtigste Amt der Welt zu besitzen. Die Vorstellung, ein dünnhäutiger Narzisst wie er könnte schon sehr bald mit der Hand an der Atombombe im Oval Office sitzen, bereitet zurecht schlaflose Nächte. Seine Bewunderung für Diktatoren und die Geringschätzung der Nato irritieren so sehr wie das Versprechen, Folter und Sippenhaft zurückzubringen. Die Amerikaner werden sich nicht damit herausreden können, sie hätten nicht gewusst, dass Trump elf Millionen Menschen deportieren und den Angehörigen einer ganzen Religionsgruppe die Einreise in die USA verweigern will. Niemand darf sich wundern, wenn er im Weißen Haus damit anfinge, die als »Lügenpresse« denunzierten Medien zu knebeln und politische Gegner zu verfolgen. Die physischen Übergriffe und der unerträgliche Sexismus in Trumps Gossensprache illustrieren die Verachtung, die er für Frauen übrig hat. Selbst vor den Eltern gefallener Kriegshelden und Behinderten macht dieser Mann keinen Halt. Es gibt jeden Grund, einen zu fürchten, der die Grenzen des Anstands so konsequent übertritt wie Trump. Sein Appeal gründet auf den Ressentiments einer in Teilen tief verunsicherten Wählerschaft und der Identitätskrise weißer Männer. Der Rechtspopulist ist der symbolische Mittelfinger der Wutbürger. Dies sind keine normalen Präsidentschaftswahlen. Heute steht sehr viel mehr auf dem Spiel. Es geht um die Zukunft der Demokratie selbst. Und den Charakter Amerikas, das als Anker und Führungsmacht des Westens unverzichtbar bleibt. Die Geschichte lehrt, die Drohungen von Demagogen besser ernst zu nehmen. Niemand wird nach dieser Schicksalswahl sagen können, er hätte es nicht geahnt, was dieser Mann anrichten kann. Die Amerikaner wissen, wer Donald Trump ist, und haben jetzt die Wahl.
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