Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Jahreswechsel
Bielefeld (ots)
Blickt man auf die Herausforderungen in Deutschland, aber auch europa- und weltweit könnte einem Angst und Bange werden. Es mangelt nicht an Baustellen. 2017 werden bestimmt noch einige dazukommen. Ruhige Zeiten? Das war einmal...
Deutschland ist längst keine Insel mehr. Der Krieg in Syrien hat uns das vor Augen geführt. Die Folgen werden Deutschland und Europa noch jahrzehntelang beschäftigen. Globalisierung und Digitalisierung verändern die Welt so schnell, dass wir vor lauter Herausforderungen den Überblick zu verlieren drohen. In den so genannten sozialen Medien ist das längst geschehen. Dort tobt bisweilen der Hass, sind Anfeindungen, Bedrohungen und Beleidigungen offenbar »ganz normal«. Aber das darf uns nicht gleichgültig sein. Da muss die Politik, da muss die Gesellschaft, da müssen die Konzerne, da müssen wir gegensteuern!
Gut, wenn jemand einen kühlen Kopf bewahrt. Ob dieser jemand allerdings Donald Trump ist, darf stark bezweifelt werden. Mit seiner Wahl zum US-Präsidenten haben Unsicherheit und Absturzrisiken im Nahen Osten zugenommen. Trump wird Deutschland und Europa mehr in die Pflicht nehmen als es seine Vorgänger getan haben, etwa beim militärischen Einsatz in Syrien. Damit werden wir uns zu beschäftigen haben. Eine positive Folge könnte aber sein, dass Europa und die EU gezwungen werden, sich neu zu erfinden. Das ist ohnehin überfällig.
Düstere Aussichten bringen die Wahlen 2017 mit sich. In den wichtigsten EU-Ländern werden neue Regierungen gebildet. Die politische Frage lautet: Wie stark werden die Rechtspopulisten bei den Wahlen in den Niederlanden (15. März), der Präsidentenwahl in Frankreich (7. Mai) und bei der Parlamentswahl in Italien, die voraussichtlich im Frühjahr sein wird? Auch in Spanien könnte es womöglich Neuwahlen geben. Auch hier droht ein Rechtsruck. Nicht ausgeschlossen, dass 2017 der wegen Diskriminierung und Beleidigung vorbestrafte Rechtspopulist Geert Wilders in den Niederlanden und die rechtsextreme Kandidatin Marine Le Pen in Frankreich an die Macht kommen. Das würde Europa in ein Desaster stürzen. Aber dennoch müssten wir mit dieser Situation umgehen, was wiederum bedeutet, dass wir uns neben Erdogan und Putin mit weiteren Machthabern an einen Tisch setzen, die uns nicht geheuer sind. So ist die Realität.
Es steht ein Jahr mit heftigen politischen Turbulenzen bevor. Dagegen ist das, was wir bei den Wahlen in Deutschland erwarten, fast schon als langweilig zu bezeichnen. Frank-Walter Steinmeier wird am 12. Februar zum neuen Bundespräsidenten gewählt. Nach dem Saarland (26. März) folgt Schleswig-Holstein (7. Mai), bevor am 14. Mai Ministerpräsidentin Hannelore Kraft bei der Wahl in Nordrhein-Westfalen zurecht die Quittung bekommen könnte - für eine gescheiterte Landespolitik, aber auch für die Vorfälle in der Silvesternacht von Köln, die sie und ihr Innenminister Ralf Jäger mit zu verantworten haben. Bei der Bundestagswahl, voraussichtlich am 17. oder 24. September, führt kein Weg an Angela Merkel vorbei. Sie wird vermutlich erneut Bundeskanzlerin einer Großen Koalition. Gut ist das nicht, weiterhin keine ernst zu nehmende Opposition zu haben. Aber zumindest vermittelt diese Konstellation den Deutschen ein Gefühl von Stabilität.
Konstante politische Verhältnisse, ein starkes Sozialsystem, die enorme Wirtschaftskraft und eine geringe Arbeitslosigkeit, Freiheit, Demokratie und Menschenrechte werden auch im neuen Jahr die Pfeiler sein. Das ist heutzutage nicht mehr selbstverständlich. Umso mehr gilt es, diesen Schatz zu pflegen und zu verteidigen.
So unangenehm Krisen auch sind, auf lange Sicht haben sie auch etwas Gutes. Um mit Krisen umgehen und aus ihnen gestärkt hervorgehen zu können, bedarf es Hartnäckigkeit, Beharrlichkeit, Disziplin, starker Nerven und dem Willen, sich den Problemen zu stellen.
Es gibt zwar wenig Grund zu glauben, dass 2017 alles besser wird, aber Mut und Zuversicht sind dennoch erlaubt - und werden dringend gebraucht
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