Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Putin
Bielefeld (ots)
Wladimir Putin bleibt der uneingeschränkte Herrscher im Kreml. Seine Herrlichkeit aber droht zu verblassen. Der Ausgang dieser Wahl stand vorher fest. Zu schwach waren die zugelassenen Gegenkandidaten, zu fest ist der Würgegriff, in dem die Staatsgewalt Land und Leute hält. Umso drängender stellt sich die Frage: Wie umgehen mit dem Mann, der seit 18 Jahren regiert und Russland auf sich zugeschnitten hat? Wie umgehen mit dem System Putin? Die Antwort fällt schwer, denn Putin sucht den Konflikt. Weil die heimische Wirtschaft nicht läuft und große Teile des Volkes leiden, setzt der russische Präsident auf militärische Stärke und eine aggressive Außenpolitik. Kein Wunder, dass die Annexion der Krim vielen Russen als größter Erfolg seiner jüngsten Amtszeit gilt. Auch der Krieg in der Ukraine, die Unterstützung des syrischen Diktators Assad, Hackerattacken, eine gezielte, weltweite Desinformationspolitik und jüngst der Giftgasanschlag von Salisbury beweisen: Putin braucht den äußeren Gegner, um von den inneren Problemen abzulenken. Die Eskalation ist zum bestimmenden Element seiner Politik geworden. Fast könnte man meinen, er agiere nach dem Motto: »So lange Russland Feinde hat, ist es wenigstens noch lebendig.« Dabei ist unübersehbar: Die Probleme im Riesenreich sind hausgemacht, dem Land fehlt es an Reformgeist. Überregulierung, Misswirtschaft und Korruption verhindern den Aufbruch in wirtschaftlich erfolgreichere Zeiten. So bleiben Öl und Gas alles, was Putin zu bieten hat. Das ist der große Unterschied zum Reich der Mitte. Wo Chinas Führung agiert, verharrt Russland in einer verhängnisvollen Mischung aus verletztem Nationalstolz und Selbstüberschätzung. Putin sitzt in einem Gefängnis, das er doch selbst geschaffen hat. Was nicht heißt, dass der Westen schuldlos an dieser Entwicklung wäre. Eine unentschlossene und viel zu sehr mit sich selbst beschäftigte EU und ein erratischer US-Präsident Donald Trump haben es Russland zuletzt leicht gemacht, sich auf sich selbst zurückzuziehen. Der Westen und mit ihm die Nato täten gut daran, aus diesen Fehlern zu lernen. Einerseits gilt es wachsam und abwehrbereit zu sein. Gerade in Deutschland muss man es immer wieder sagen: Man kann friedliebend sein, sollte darüber aber nicht naiv werden. Nachgiebigkeit ist keine Option, Härte unvermeidlich. Zugleich aber bedarf es neuer, ernsthafter Anstrengungen zur Kooperation. So muss weiter am Abschluss des Minsker Abkommens gearbeitet werden. Dann könnten auch die Wirtschaftssanktionen gelockert werden. Das würde dem russischen Volk helfen - und uns auch. Denn kein Europäer kann Interesse an einem inneren Zerfall Russlands haben. Ob nun mit oder ohne Putin.
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