Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Armin Laschet
Bielefeld (ots)
293 der 1001 Delegierten beim CDU-Bundesparteitag kommen aus Nordrhein-Westfalen. Das verleiht Armin Laschet mit Blick auf die Wahl des neuen Parteivorsitzenden gewaltigen Einfluss. Schließlich ist der 57-Jährige nicht nur NRW-Ministerpräsident, sondern auch seit 2012 Chef der Landes-CDU. Ihm kommt in Hamburg die Rolle des Königmachers zu. Aber was heißt das schon, wenn man selbst Kaiser werden könnte. Laschet steckt in der Zwickmühle: »Nur« für den Posten des CDU-Vorsitzenden will er sein Amt als Ministerpräsident nicht aufgeben. Und eine Niederlage in einer Kampfkandidatur könnte er sich erst recht nicht erlauben, denn die würde sein Image als Regierungschef des bevölkerungsreichsten Bundeslandes arg ramponieren. Zugleich kann er es sich aber eigentlich auch kaum erlauben, nicht zu kandidieren. Wenn es weiter stimmt, dass der CDU-Vorsitzende qua Amt das Vorgriffsrecht auf die Kanzlerkandidatur hat, dann verbietet sich jetzt jedes Zaudern. Ein ungeschriebenes Gesetz sagt: Wer NRW-Ministerpräsident ist, muss auch den Anspruch haben, Kanzler zu können. Laschet weiß das. Er selbst hatte ja seiner Vorgängerin Hannelore Kraft (SPD) vorgeworfen, mit ihrem Satz »nie, nie nach Berlin zu wollen« Selbstverzwergung betrieben zu haben. Tritt Laschet nun tatsächlich nicht an, dürfte er für lange Zeit in die Rolle des Zuschauers gedrängt werden. Noch dazu könnten das Konrad-Adenauer-Haus sowie früher oder später auch das Kanzleramt in die Hand eines anderen NRW-Politikers fallen. Das würde Laschet mit Blick auf Jens Spahn, dem er in herzlicher Abneigung verbunden ist, sicher nicht wollen. Ambivalenter ist sein Verhältnis zu Friedrich Merz, den er ja höchstpersönlich als »Brexit-Beauftragten« erst zurück auf die politische Bühne geholt hatte. Was einst als PR-Coup gedacht war, entpuppt sich jetzt als formidables Eigentor. Erst kürzlich hatte sich Laschet an anderer Stelle kräftig verkalkuliert, als er sich öffentlich gegen die Kandidatur des Güterslohers Ralph Brinkhaus für den Vorsitz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion aussprach. Seine aberwitzige Begründung dabei: Nordrhein-Westfalen sei in Berlin ausreichend vertreten. Gemäß dieser Logik müsste er sich nun konsequent für Annegret Kramp-Karrenbauer als CDU-Chefin stark machen. Vielleicht aber kommt alles doch noch ganz anders. Vielleicht muss erst noch ein Kandidat verzichten, damit Laschet antritt. Vielleicht will er auch gerufen werden. Mit ihm jedenfalls könnte der CDU/CSU wohl am ehesten ein fliegender Wechsel von der Großen Koalition zu einem Jamaika-Bündnis mit der FDP und den Grünen gelingen. Und dann ist da noch etwas: Armin Laschet ist schon oft unterschätzt worden. Genau wie Angela Merkel übrigens.
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