Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Trump
Bielefeld (ots)
Man hat sich längst daran gewöhnt, dass Donald Trump nicht an den Maßstäben zu messen ist, an denen ein US-Präsident normalerweise gemessen werden muss. Die jüngsten Nachrichten aber lassen befürchten, dass sich im Weißen Haus auch der letzte Rest an Rationalität verflüchtigt hat. Es regiert der Wahnsinn - leider ohne Methode! Die irrwitzige Wende in der Syrien-Politik und die sich anschließende Anordnung, die Hälfte der 14.000 US-Soldaten aus Afghanistan abzuziehen, haben Verteidigungsminister James Mattis am Ende gar keine andere Wahl gelassen, als seinen Abgang zu verkünden. Andernfalls hätte der bei Republikanern wie Demokraten hoch angesehene Vier-Sterne-General und ehemalige Oberbefehlshaber seine eigene Glaubwürdigkeit aufs Spiel gesetzt. Mattis' Abgang, der Ende Februar vollzogen werden soll, ist nur der jüngste Tiefpunkt in einer ganzen Reihe von spektakulären Personalwechseln in diesem Jahr: Außenminister Rex Tillerson ging bereits im März, Justizminister Jeff Sessions Anfang November und zum Jahresende verlieren auch noch Stabschef John Kelly und Innenminister Ryan Zinke ihre Posten. Inzwischen umfasst die Liste der von Trump geschassten und vor ihm geflüchteten Mitglieder des Regierungsapparates mehr als 30 Namen - und das in nicht mal zwei Jahren. Lange hatte es den Anschein, der US-Präsident sei außenpolitisch immerhin unverbrüchlich mit Israel im Bunde. Sowohl die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem als auch die Kündigung des Atomabkommens mit dem Iran ließen sich so deuten. Doch der nun angekündigte Abzug aus Syrien beweist, dass Trump im Zweifel auch auf die berechtigten Sicherheitsinteressen Israels keinerlei Rücksicht nimmt. Der »Dealmaker« ist unberechenbar, und das wirft die entscheidende Frage auf: Wer soll sich in Zukunft überhaupt noch auf die USA verlassen können? Russland und China dürften sich die Hände reiben. Von Assad, dem IS und den Taliban ganz zu schweigen. Es spricht Bände, wenn Mattis den eigenen Präsidenten vor einem naiven Umgang mit den politischen Gegnern warnen muss. Afghanistan und die tapferen Kurden müssen sich verraten fühlen - und dem syrischen Volk dürfte es ebenso gehen. Auch für Europa bedeutet das alles nichts Gutes. Die sicherheitspolitischen Sorgen werden noch größer, als sie es ohnehin schon sind. Das transatlantische Bündnis bröckelt. Unser Kontinent ist zunehmend auf sich allein gestellt - und das ausgerechnet in einer Phase, in der die Fliehkräfte in der EU gewaltig sind. Gewiss haben sich die Europäer viel zu lange auf die Schutzmacht USA verlassen - und den »Weltpolizisten« dann auch noch nach Gutdünken kritisiert. Mittlerweile ist die Lage eine andere: Dieser US-Präsident wird selbst mehr und mehr zur Gefahr für uns.
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