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Westfalen-Blatt: zu Venezuela

Bielefeld (ots)

Wer hat denn nun geputscht in Venezuela? Der bisherige Staatschef Nicolás Maduro, der 2017 nach verlorenen freien Wahlen das Parlament entmachtete und sich eine Verfassungsgebende Versammlung mittels Fälschung einer zweiten Wahl zusammensuchte? Oder hat sich der oppositionelle Parlamentsvorsitzende Juan Guaidó nach jahrelangen Hungerprotesten vorgestern Abend selbst zum Übergangspräsidenten erhoben - und damit ebenfalls einen Weg genommen, den die Verfassung nicht vorsieht? Ein Staatstreich sieht anders aus. Am Tag danach konnte niemand von außen erkennen, was sich hinter den Kulissen und insbesondere hinter den Kasernentoren tat. Die Militärs hielten sich relativ zurück. Die entscheidende Kraftprobe blieb zunächst aus. Auf den Straßen von Caracas braute sich, solange es hell war, eine vage Stimmung aus Bangen und Hoffen zusammen, weiteres Blutvergießen nicht ausgeschlossen. Soviel ist klar: Der Coup des Juan Guaidó stieß bei zahlreichen demokratisch verfassten Staaten auf Zustimmung. Die USA, die Europäische Union und ausdrücklich auch die Bundesregierung stellten sich sofort auf die Seite des demokratisch legitimierten Parlamentes und ihres Vorsitzenden. Das war nicht wirklich überraschend: Insgesamt 40 Länder fordern seit langem, dass der auf ganzer Linie gescheiterte Staatschef Maduro die Wahlniederlage seiner Regierungspartei von 2017 anerkennt und abtritt. Sie fordern freie und geheime Wahlen, um die Massenarmut zu beenden und Millionen Venezolaner von der Flucht ins Ausland abzuhalten. Zugleich gaben sich gestern die Unterstützer des Regimes auf der internationalen Bühne zu erkennen. Zu Kuba, Nicaragua und Bolivien gesellten sich die Türkei, China und Russland. Alles Staaten, die eben nicht von lupenreinen Demokraten geführt werden. Urplötzlich war die Zweiteilung der Welt aus der Zeit des Blockdenkens wieder präsent. Russland warnte die USA davor, militärisch einzugreifen - ganz so als wenn der im Haushaltsstreit gelähmte Donald Trump unmittelbar vor einer Invasion Venezuelas stünde. Tatsächlich erfüllt der US-Präsident das in Lateinamerika gängige Yankee-Klischee. Der polternde Gringo aus dem Weißen Haus könnte für die Demonstranten auf der Straße noch zum Hemmschuh auf dem Weg zurück zu demokratischen Verhältnissen werden. Der Sozialist Maduro steht und fällt mit seinem Apparat. Seine Herrschaft fußt auf Günstlingswirtschaft und Korruption, auf Drogenhandel unter den Augen von Polizei und Militärs sowie auf den Einnahmen aus dem Ölgeschäft. Das bittere Fazit: Ohne Straffreiheit für Maduros Folterer und Blutsauger wird Übergangspräsident Juan Guaidó kaum den friedlichen Übergang in bessere Zeiten schaffen.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Dominik Rose
Telefon: 0521 585-261
d.rose@westfalen-blatt.de

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