Westfalen-Blatt: Kommentar zu Doping im Sport
Bielefeld (ots)
Die Aufregung ist wieder groß. Fünf Athleten wurden des Dopings überführt, sie sind geständig. Auch ein deutscher Arzt aus Erfurt und zwei seiner mutmaßlichen Helfer wurden verhaftet. Und wieder schwappt eine Welle moralischer Empörung durch das Land. Da wird allerlei abstruse Kritik laut - und Forderungen nach dem Ausstieg von ARD und ZDF aus der Liveberichterstattung bei der Nordischen Ski-Weltmeisterschaft in Seefeld. Wenn man das aber konsequent bei den öffentlich-rechtlichen Sendern - nicht nur im Sport - durchziehen würde, wäre verdammt viel Sendeplatz neu zu füllen. Hochleistungssport ist vom Doping nicht zu säubern. Dafür verdienen einfach zu viele zu viel mit und in diesem Geschäft. Und nichts anderes ist die professionelle Körperertüchtigung schon lange. Es ist ein Multi-Milliarden-Business, in der das meiste absahnt, wer die beste Show liefert. Sportlich, aber auch im Bereich Entertainment. Das Geld, das stetig steigend in diesen Bereich gepumpt wird, setzt vor allem die Sportler unter Druck. Mehr Geld, mehr mediale Präsenz, mehr Wettkämpfe. Immer auf Topniveau. Keine Schwäche. Denn wer schwächelt, der ist draußen. Und draußen sein will niemand. Nicht der Mitläufer, nicht der Star. Und obwohl schon seit Jahrzehnten staunend auf die erbrachten Leistungen geschaut wird, nimmt der Sportinteressierte mit einer gewissen Gelassenheit die ständigen Steigerungen der Ergebnisse wahr. Und dass sich dies eben nicht nur auf moderneres Sportgerät und verfeinerte Trainingsmethoden, das Hinzuziehen von Ernährungsberatern oder Psychologen zurückführen lässt, weiß jeder. Was die Ermittler jetzt enttarnt haben, ist nicht die Spitze des Eisberges. Es ist das Eiskristall auf der Spitze des Eisberges. Mehr nicht. Oder doch: Es hilft den von Sport und Politik Beauftragten in ihrer Selbstvergewisserung, dass ihr Tun nicht sinnlos ist. Sinnlos ist es ja auch nicht. Doping ist nicht zuerst Betrug, es ist eine massive Bedrohung der Gesundheit - wie es immer mehr nicht nur an den Folgeschäden bei ehemaligen Sportlern der DDR und der BRD zu sehen ist. Körperliche Degeneration, Herzprobleme, Organversagen Depression, Selbstmord: Die Horrorliste ließe sich noch fortsetzen. Der deutsche Langlauf-Trainer Peter Schlickenrieder mahnt zumindest in Deutschland eine Wertediskussion an. Er sagt: »Ob du am Ende des Tages 27 Mal Olympiasieger oder zehnmal Vierter geworden bist, ist völlig scheißegal. Es muss klar sein, dass der Erfolg nicht alle Mittel heiligt.« Ein guter Ansatz. Doch: Olympische Spiele ohne deutsche Goldmedaille? Die Reaktion der Sportinteressierten wäre sicherlich entlarvend, die Aufregung vermutlich größer als sie es gegenwärtig ist.
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