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Westfalen-Blatt: Kommentar zur Entscheidung der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada)

Bielefeld (ots)

Die Pessimisten hatten befürchtet: Die Russen gehen straffrei aus oder bekommen allerhöchstens ein Alibisträfchen. Die Optimisten hatten gehofft: Jetzt kommt der große Bann, total und umfassend - bis Russland es endlich begriffen hat. Bei solchen Voraussetzungen ist es verständlich, dass sich nach dem gestrigen Urteil eigentlich nur einer als Gewinner fühlt: die Welt-Anti-Doping-Agentur.

Richtig ist: So etwas hat es im Sport noch nie gegeben. Eine Nation wird komplett ausgeschlossen - Athleten, Funktionäre, Trainer. Und das für vier Jahre. Zudem sollen Wettbewerbe entzogen werden. Ein schwaches Signal ist etwas anderes. Aber es ist eben auch kein knallhartes Signal, weil die Wada ein Hintertürchen offen lässt. Dieses Hintertürchen ist für die sauberen russischen Sportler (ja, auch die gibt es!) oder aber die, die gerade erst zu Weltklasseathleten reifen. Sie in Sippenhaft zu nehmen, verstößt genauso gegen den Geist der Olympischen Charta wie das russische Verhalten in Sachen Anti-Doping-Bekämpfung.

Das Gebaren des russischen Ministerpräsidenten machte gestern aber erneut deutlich: Begriffen hat die Kreml-Führung nichts. Sie ist immer noch im alten Denken verhaftet, eine richtige Weltmacht ist immer auch eine sportliche Großmacht. Und um das zu erreichen, sind wie in der Politik alle Mittel recht. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass nicht nur Russland den Sport missbraucht, um mit dem schönen Schein von Medaillen die unschöne Realität des Alltags zu überstrahlen.

Auf den Internationalen Sportgerichtshof wird jetzt viel Arbeit zukommen. Klar ist, dass der Bann ihn länger als vier Jahre beschäftigen wird. Denn manche Sportler werden sofort unter neutraler Flagge starten dürfen, manche erst nach zwei oder drei Jahren. Da geht es um verdammt viel Geld. Und dass die russische Fußball-Nationalmannschaft freiwillig auf eine WM-Startberechtigung verzichtet, davon sollte man nun wirklich nicht ausgehen. Das Urteil von gestern wird den Sport nicht sauberer machen. Es bleibt chaotisch.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Oliver Kreth
Telefon: 0521 585-261
wb@westfalen-blatt.de

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