Prof. Hans-Ulrich Sachs zur Zukunft des Automobilhandels
Neue
Chancen als Mobilitäts-Dienstleister
Hersteller und Handel ringen
um den Kunden von morgen
Stuttgart (ots)
Mit der Bereinigung von Händlernetzen und der Zusammenführung von Autohaus-Betrieben zu Ketten allein wird der Automobilhandel nach Überzeugung von Professor Hans-Ulrich Sachs, Geschäftsführer der DEKRA Consulting GmbH und Mitglied des Vorstandes der DEKRA AG, seine Struktur- und Ertragsprobleme in der Zukunft nicht lösen können. Um sich zu behaupten, müsse der Automobilhandel sein Selbstverständnis grundlegend verändern, seine traditionell starke Fokussierung auf die klassischen Automobilhandels-Funktionen Verkauf, Service und Teileverkauf aufgeben und sich vom Automobilhändler zum Mobilitäts-Dienstleister entwickeln.
"Der Handel muss marktgerechte Angebote entlang der gesamten Wertschöpfungskette rund um das Automobil entwickeln und anbieten", betont der Branchen-Experte. In einer Wirtschaft, in der die Unternehmen zunehmend zu engen Netzen gegenseitiger Abhängigkeit verknüpft sind, stehe künftig nicht der maximale Output, sonder die Optimierung des Nutzens aller im Vordergrund. Daher werde der Händler der Zukunft ein Teil des Zusammenschlusses aller relevanten Dienstleistungen rund um das Automobil werden. Sachs: "Der Autohandel darf die FairCars, Autobytels, Europcars und Pitstops künftig nicht mehr als Konkurrenz verstehen, sondern muss sie für die Beziehung zum Kunden nutzen."
Hersteller reden gewichtiges Wort mit
Als wesentliche Triebfeder dieser Veränderungen sieht Hans-Ulrich Sachs die dramatischen Überkapazitäten im Automobilbau sowie die Margenerosion der Hersteller weltweit. Mit dem aktiven Einschalten der Hersteller in die Kundenbeziehung sei die ursprüngliche Rollenverteilung zwischen dem Produzenten und dem Händler entfallen; die Prinzipien des exklusiven Automobilvertriebs durch den Vertragshändler würden immer weiter aufgeweicht. "Bei der Verteilung des Gewinnpotenzials aus dem direkten Kundenkontakt wird der Hersteller künftig ein gewichtiges Wort mitreden", erwartet Sachs. Mit dem Internet sei überdies ein zusätzlicher direkter Vertriebskanal zwischen Hersteller und Kunden entstanden.
Der zunehmenden Konkurrenz am "Point of Sale" können Autohäuser nach Auffassung von Hans-Ulrich Sachs im Neuwagengeschäft durch eine engere Kooperation mit Partnern wie Banken, Versicherer, Reisegesellschaften, Autobörsen und Automobilclubs begegnen: "Die Kundenbasis von Partnern sind ein erhebliches Potenzial für Mobilitäts-Dienstleister". Außerdem sorge eine größere "Einkaufsmacht" für bessere Einkaufskonditionen beim Hersteller.
Finanzierungsinteressen bündeln
Händlergruppen empfiehlt Sachs die Gründung eines eigenen Finanzierungsinstituts. Der Break-Even-Point liege bei weniger Abschlüssen, als meist angenommen werde. Nach dem Ende der aktuellen Gruppenfreistellungs-Verordnung (GVO) voraussichtlich zum Ende des Jahres 2002 sei es möglich, die Finanzierungsinteressen mehrerer Händler zu bündeln. Weitere, bislang nur unzureichend genutzte Chancen bieten laut Sachs Kooperationen mit freien Autobanken, eigene Garantie-Schutzbriefe sowie die Gründung händlereigener Leasing- und Flottenmanagement-Gesellschaften.
Im Service-Bereich sieht Sachs die Zeit reif für Kooperationen mit Franchise-ketten wie ATU, Pitstop oder Midas, die für die Zuführung von Kunden in den Segmenten Neuwagen, Gebrauchtwagen und Finanzdienstleistungen sorgen könnten. Die Betriebe müssten sich darauf einstellen, defekte Fahrzeuge in Zukunft zunehmend mit mobilen, per GPS gesteuerten Werkstatteinheiten vor Ort zu reparieren. Sachs: "Im Ringen der Hersteller, Händler und Automobilclubs um das Servicegeschäft wird gewinnen, wer auf die telemetrisch gestützte Kommunikation zwischen Auto und Informationsempfänger zugreifen kann."
"Instandsetzungsfabriken" bauen
Handlungsbedarf besteht nach Ansicht von Sachs auch im Unfallreparatur-Geschäft. Bevor Versicherungsgesellschaften - wie das Beispiel Großbrittannien zeigt - dem klassischen Autohaus dieses Arbeitsgebiet entziehen, sollten Händlergruppen ernsthaft prüfen, für das Reparaturgeschäft "Instandsetzungsfabriken" aufzubauen, die mit niedrigen Stundensätzen profitabel arbeiten können.
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