Aktuelle Umfrageergebnisse aus der Wirtschaft/ Zwiespältige Erwartungen an den kommenden Emissionshandel
Stuttgart (ots)
Der Handel mit Treibhausgas-Emissionen rückt auch für Deutschland näher, doch die Unternehmen in Baden-Württemberg sind in ihrer Einschätzung der Konsequenzen gespalten - und haben Angst vor einer Monopolisierung des Marktes für Emissionszertifikate.
Dies sind die ersten Ergebnisse einer Umfrage unter 12 großen und mittelständischen Unternehmen, die im Rahmen eines Forschungsprojektes des Lehrstuhls für Angewandte Geographie der Universität Tübingen mit Unterstützung der DEKRA Umwelt GmbH durchgeführt wurde. Dabei gaben die befragten Unternehmen an, der Handel mit Emissionszertifikaten biete durchaus Gewinnchancen. Mehrheitlich sehen sie nicht die Gefahr von erheblichen Arbeitsplatzverlusten. Andererseits schlossen sie nicht aus, dass Standortverlagerungen für sie erforderlich werden könnten. Deutlich zeigte sich, dass die Unternehmen Angst vor einer Monopolisierung des Zertifikatemarktes bzw. vor einer Beeinflussung der Zertifikatepreise durch besonders finanzstarke Marktteilnehmer haben. Die gesamte Auswertung der Umfrage wird voraussichtlich im November 2002 abgeschlossen sein.
Der Handel mit Treibhausgasen - oder besser gesagt mit Emissionsrechten für solche Gase wie z.B. CO2 - ist ein zentrales Element der flexiblen Mechanismen zum Klimaschutz, wie sie 1997 im Kyoto-Protokoll vereinbart wurden. Das Prinzip des Emissionshandels ist einfach: Unternehmen erhalten eine bestimmte Menge von CO2-Zertifikaten zugeteilt. Emittieren sie weniger als diese Menge, können sie die übrigen Zertifikate verkaufen; bei höheren Emissionen müssen sie Zertifikate zukaufen, damit keine Strafgebühren fällig werden. Dies bietet Unternehmen größere wirtschaftliche Freiheiten im Gegensatz zu allgemeinen Grenzwerten, denn so können Anlagen, für die eine Umrüstung nicht mehr rentabel ist, unter Zukauf von Zertifikaten noch bis zum Ende der Abschreibungsfrist betrieben werden. Im Gegenzug amortisieren sich Investitionen in CO2-sparende Technologien schneller, denn ein Teil der eingesparten Zertifikate kann verkauft werden.
Das Kyoto-Protokoll tritt jedoch nur in Kraft, wenn es von mindestens 55 Staaten unterzeichnet wird, und dabei mindestens 55 % der globalen Treibhausgasemissionen erfasst werden. Jüngster Unterzeichnerstaat ist Polen, das seine Ratifizierungsurkunde beim Weltgipfel in Johannesburg überreicht hat. Auch die Staaten der EU haben das Protokoll bereits ratifiziert, dem Europäischen Parlament in Straßburg liegt bereits ein Entwurf der Kommission über die Einführung eines Handelssystems vor, über den jetzt - nach dem Ende des Weltgipfels - beraten werden soll.
Die Industrie ist in ihrer Haltung zum Emissionshandel gespalten: Auf der einen Seite lehnen der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) sowie der Verband der chemischen Industrie (VCI) den europäischen Entwurf, der eine verpflichtende Einführung des Emissionshandels vorsieht, strikt ab. Auf der anderen Seite befürwortet die Initiative e-mission 55, der mittlerweile 196 Unternehmen angehören, eine rasche Einführung des Zertifikatehandels. Zu den 75 Unterzeichnern in Deutschland gehören zum einen so namhafte Unternehmen wie AEG, Telekom, Metro und Gerling. Andererseits finden sich hier auch viele mittelständische Unternehmen, die sich von der Einführung des Emissionshandels wirtschaftliche Vorteile versprechen.
Aber nicht nur die Anbieter neuer Technologien werden von einem verpflichtenden System des Emissionshandels profitieren. In vielen Betrieben liegen noch ungenutzte Potenziale zur Einsparung fossiler Energieträger. Eine Identifikation dieser Punkte bietet dem Betrieb doppelte Vorteile: Zum einen werden Energiekosten gespart. Zum anderen können diese CO2-Einsparungen verkauft werden, wenn sie zertifiziert, d.h. von einem unabhängigen Gutachter wie z.B. der DEKRA Umwelt bestätigt worden sind.
Emissionshandel in Europa schon üblich
In einigen Ländern der EU wie z.B. Großbritannien oder Dänemark findet der Handel bereits statt. 2005 soll dann, nach den Vorstellungen der EU-Kommission, ein europaweiter Handel starten. Auch in Deutschland wird bereits fleißig mit Emissionseinsparungen gehandelt. So werden z.B. in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein Unternehmen in Planspielen auf den Emissionshandel vorbereitet. Und in Hessen und Hamburg finden Wettbewerbe statt, in denen die Unternehmen, die die preisgünstigsten Emissionsreduzierungen anbieten, Abnahmegarantien für diese Emissionsreduktionszertifikate erhalten. Wer denkt, die Einführung des Emissionshandels liege noch in weiter Ferne, der täuscht sich über die reale Marktsituation.
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