3. DEKRA/VDI Symposium "Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen 2003"
Ladungssicherung erhöht Transportqualität
LANGFASSUNG
Stuttgart / Neumünster (ots)
Bei der Ladungssicherung geht ein Trend zurzeit stark zur passiven Sicherung von Transportgütern. Lkw-Fahrer und Verladepersonal werden künftig mehr und mehr von Aufbausystemen unterstützt, die verstärkte Planen, Ladeguthalter, stabile Zwischen- und Seitenwände als feste Bestandteile in das Sicherungskonzept einbeziehen. Parallel arbeiten Konstrukteure intensiv an der Verbesserung spezieller Ausstattungen wie verbesserten Zurrgurten, Keilen und Steckbrettern. Fortschritte macht auch die Erforschung der Reibwerte der unterschiedlichsten Kombinationen von Ladung und Ladefläche. Und es wird immer mehr darauf geachtet, dass die Maßnahmen zur Sicherung von Lkw-Ladung praktikabel und bezahlbar sind.
Dies wurde beim DEKRA / VDI Symposium 'Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen' deutlich, das am 16./17. Oktober 2003 in Neumünster zum dritten Mal ausgerichtet wurde. Rund 150 Nutzfahrzeugexperten aus ganz Europa setzten sich dort in sechs Sessions mit aktuellen Fragen der Ladungssicherung auseinander - aus Sicht der Praktiker, Forscher, Fahrzeughersteller, Sachverständigen und Aufsichtsbehörden. Ergänzt wurde das Symposium durch Versuchsdemonstrationen im DEKRA Crash Test Center Neumünster sowie eine Ausstellung mit neuen Fahrzeug- und Ausstattungstechniken für die Ladungssicherung.
"Wir haben bei der Ladungssicherung in den vergangenen Jahren erhebliche Forschritte erzielt, die sich in einem höheren Sicherheitsstandard im Gütertransport niederschlagen werden", sagt F. Alexander Berg, Leiter der DEKRA Unfallforschung. "Die aktuellen Forschungsprojekte führen mehr und mehr zu praktischen Verbesserungen der Ladungssicherung, die auch den Aspekt der Wirtschaftlichkeit berücksichtigen."
Ladungssicherung im Gütertransport ist nach wie vor ein brisantes Thema. Uwe-Peter Schieder vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft führt - vorsichtig geschätzt - rund 13 Prozent aller Unfälle mit Lkw-Beteiligung auf mangelhaft gesicherte Ladung zurück. Die dabei entstehenden Schäden werden auf rund 220 Millionen Euro pro Jahr beziffert. Hinzu kommen Transportschäden in Höhe von rund 50 Millionen Euro. Nicht mit eingerechnet sind die volkswirtschaftlichen Schäden durch die entstandenen Staus.
Immer wieder führt unzureichend gesicherte Ladung auch zu schweren Verletzungen der Fahrzeuginsassen. Beim Symposium wurde von einem Unfall berichtet, bei dem der Fahrer eines Kastenwagens von ins Fahrerhaus eingedrungener Ladung erschlagen worden war. "Das tägliche Unfallgeschehen zeigt, dass die Gefahren, die von ungesicherter Ladung ausgehen, oftmals unterschätzt werden", betonte Martin Kugele, bei DEKRA für die Unfallanalytik mit Schwerpunkt Ladungssicherung zuständig.
Die Anforderungen an die Ladungssicherung in schweren Lkw sind auf die betriebsüblichen Belastung einschließlich Vollbremsung und Kurvenfahrt auszurichten. Das von DEKRA dafür entwickelte Testprogramm mit Brems- und Elchtest ist inzwischen offiziell anerkannt und in den aktuellen deutschen Vorschlag zur Neufassung der Norm EN 12 642 aufgenommen worden.
In die Diskussion um mehr Ladungssicherheit werden neben den Schwer-Lkw aber auch die Transporter bis 7,5 Tonnen verstärkt einbezogen. So wies Christian J. Börner von der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen darauf hin, daß bei Kastenwagen die Anforderungen an Trennwände, Trenngitter und die 'Schutzzonen' hinter den Sitzplätzen in der neuen Entwurfsfassung der DIN 75410-3 überarbeitet worden sind, um den Sicherheitsstandard zu erhöhen. Der Abstand zwischen den Zurrpunkten wurde verringert und deren Festigkeit erhöht. Mit Verweis auf die enormen Kräfte bei einem Crash forderte Reinhold Braun von der Sortimo International GmbH, die schwere Ausstattung von Werkstattwagen nur mit modernen Einrichtungssystemen zu transportieren, welche die Aufprallkräfte durch definierte Verformungen ableiten und so Energie abbauen können.
Auch bei schweren Lkw gewinnt das 'ruhende Potenzial' der Fahrzeug- und Aufbautechnik für die Ladungssicherung enorm an Bedeutung, erläuterte Frank Spiekermann von der Firma Wincanton. Dort wird derzeit ein Auflieger mit verstärktem Planenaufbau, der auch die Funktion der Ladungssicherung übernehmen kann, in der Praxis erprobt. Im Kurzstreckenverkehr könnte sich damit die Produktivität bei konsequenter Tourenplanung um 25 Prozent erhöhen. Das Fraunhofer Institut stellte in Kooperation mit AutoLoad Systems einen Aufliegertypen vor, bei dem ein neuartiger Verdeckaufbau mit Ladeguthaltern und Steckbrettern die Ladung ohne Verwendung von Zurrgurten sichert.
Das schwedische Forschungsprojekt RASLA setzt auf eine Verbesserung der Ladungssicherheit mit verbesserter Ausstattung, beispielsweise festere Seitenwände und markierte Sicherungspunkte. Zudem seien in der EU einheitliche Vorschriften zur Ladungssicherung notwendig, betonte Peter Anderson von MariTerm AB. Ein Novum ist die Ladungssicherung per 'Vakuum-Methode', die derzeit vom Transport Research Institute in Stockholm erforscht wird. Dabei bewirkt ein Unterdruck von 0,2 bar unter einer luftdichten Transportplane eine höhere Kraft auf die Ladung und damit eine Erhöhung der Reibkraft.
Da sie leicht wegrollen können, sind runde Transportgüter wie Papierrollen, Fässer, Stahlcoils und Kabelspulen besonders schwierig zu transportieren. Carl Franz, Sommer Fahrzeugbau GmbH, zeigte auf, wie diese Güter mit arretierbaren Keilen, Coilmulden und mit Sicherungszubehör gesichert werden können. Prof. Gerhard Großmann von der TulLog GmbH mahnte dringend an, den Aufwand für die Ladungssicherung zu optimieren. An die Stelle von Erfahrungen und Schätzungen müssten gründliche Überlegungen und Berechnungen treten.
Norbert Biermann von der Universität Dortmund verdeutlichte anhand von Getränketransporten, dass eine belastungsgerechte Sicherung die vorgeschalteten Stufen in der Transportkette wie die Verpackung und Ladeeinheiten berücksichtigen muss. Das gilt auch für den noch immer schwierigen Versand von Stückgut, erläuterte Mathias Wiesemann vom VW Audi Vertriebszentrum Nord am Beispiel von Autoersatzteilen. Er hält eine Standardisierung von Verpackungen für eine optimierte Distribution von Stückgut in Zukunft für unabdingbar. Laut Hans-Josef Neunfinger,
Spanset GmbH, werden die Vorspannkräfte von Zurrgurten oft falsch eingeschätzt; die nötige Sicherheit sei nur mit Vorspannanzeigen erreichbar.
Fortschritte verzeichnet auch die Entwicklung von Prüfverfahren. Als Ergänzung zu aufwändigen Fahrversuchen entwickelte das Fahrzeugwerk Krone eine statische Vorrichtung, mit der die Anforderungen an die Festigkeit von Aufbauten ermittelt werden können. Genügende Messverfahren indes gibt es bereits, um Reibbeiwerte zu ermitteln, sagte Bernd Heinzel, Verpackungstechnisches Dienstleistungszentrum GmbH. Das Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik wiederum arbeitet daran, die Reibwerte verschiedenster Materialpaarungen wie Holzpaletten auf unterschiedlichen Lkw-Ladeflächen zu bestimmen. Die Ergebnisse sollen in einer Datenbank veröffentlicht werden (www.reibzahlen.de, www.reibwerte.de). Das DEKRA Automobil Test Center stellte ein neues Prüfverfahren vor, mit dem untersucht werden kann, ob Ladeböden den Belastungen beim Befahren durch Gabelstapler und Hubwagen dauerhaft standhalten.
Auch die Polizei hat ihr Fachwissen über Ladungssicherung erweitert. Alfred Lampen, Autobahnpolizei Oldenburg, stellte ein Praxishandbuch vor, das Polizeibeamte bei Ladungssicherungskotrollen und in der Ausbildung unterstützen soll. Einen ähnlichen Leitfaden gibt auch das britische Transportministerium heraus, wie Douglas Macmillan, London, berichtete. Der Sachverständige Rolf Dänekas forderte dazu auf, bei der Ausbildung des Verladepersonals stärker auf die Praxisnähe von Schulungen zu achten. Rudolf Sander von der DEKRA Akademie sieht hierbei in praktischen Versuchen ein ausgezeichnetes Mittel, um die physikalischen Zusammenhänge der Ladungssicherung anschaulich darzustellen. Wolfgang Bühren, Fachmann für Ladungssicherung bei DEKRA, moderierte die praxisnahen Fahrversuche im DEKRA Crash Test Center. Neben Versuchen mit schweren Lkw wurden die neuen Verteilerfahrzeuge gezeigt, die verstärkt bei Paketdiensten zum Einsatz kommen.
Über DEKRA
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