RNZ: "Eine Ohrfeige" - Rhein-Neckar-Zeitung (Heidelberg) zu Asylbewerber-Urteil
Heidelberg (ots)
Von Sören Sgries
Man kann den Missstand bei den Regelsätzen für Asylbewerber gar nicht übersehen. Wie soll denn ein Mensch mit zwei Dritteln dessen leben können, was als menschenwürdiges Existenzminimum festgelegt wurde? Außerdem: Sätze, die seit fast 20 Jahren gelten, können heutigen Standards einfach nicht mehr angemessen sein. Also: Das Urteil des Verfassungsgerichts war überfällig. Es kann den Hilfesuchenden endlich Recht verschaffen - wenn auch sehr spät. Doch es wirft Fragen auf. Warum zum Beispiel musste das höchste deutsche Gericht diesen Missstand überhaupt erst in einem Urteil beheben? Über Jahrzehnte hatten (nahezu) alle Parteien die Möglichkeit, bei den Sätzen nachzubessern. Getan wurde nichts. Stattdessen lief man sehenden Auges in die Blamage. Der Grund dafür scheint jetzt auf: Das Urteil wird zwar mehrheitlich begrüßt, doch zeitgleich beginnt das Geschacher um die Verteilung der Kosten. Bund, Ländern und Kommunen dürfte es gelegen gekommen sein, dass Asylbewerbern die schlagkräftige Lobby und auch die Unterstützung aus der Mitte der Bevölkerung fehlten. Das Karlsruher Urteil ist damit sicherlich eine schallende Ohrfeige für die Politik, aber auch ein lauter Vorwurf an die Gesellschaft.
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