Altbundespräsident Gauck kritisiert im Umgang mit Wladimir Putin "Wirklichkeitsverlust aus Wunschdenken"
Köln. (ots)
Altbundespräsident Joachim Gauck hat der deutschen Politik in der Vergangenheit einen "Wirklichkeitsverlust aus Wunschdenken" im Umgang mit Russlands Präsident Wladimir Putin vorgehalten. "Es wurde nicht erkannt, wie aus einem Partner ein Gegner und letztendlich ein Feind wurde", sagte der 83-Jährige dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstag-Ausgabe). "Wer wie Putin im KGB groß geworden ist, hat sein Gewissen einst eingetauscht für die Loyalität gegenüber den Machthabern", erklärte Gauck weiter. Er selbst habe immer einen "klaren Blicks auf den 'homo sovieticus'" gehabt, Gauck weiter. "Ich kann diesen Menschentypus buchstäblich lesen, der eine Lektion zutiefst verinnerlicht hat: Wenn du einmal Macht errungen hast, dann gib sie nie, nie wieder her!" Wie Putin seine Macht heute ausübe, erinnere an die Herrschaftstechnik seiner früheren Herren. "Und wer es mit ihm zu tun bekommt, muss wissen: Das ist kein normales Gegenüber."
Kritik an deutschen Politikern, die das nicht verinnerlicht hatten, falle ihm schwer, so Gauck. "Ich kritisiere ja Persönlichkeiten, die ich durchaus achte und die demokratisch gewählt wurden. Aber auch achtenswerte Menschen machen Fehler. Und warum? Weil sie an friedfertige Intentionen auch der politischen Kontrahenten glauben und ihr Gegenüber so nehmen, als wäre es wie sie."
Gauck räumte ein, dass auch er selbst Resten eines Wunschdenkens erlegen sei. "Ich habe nicht geglaubt, dass Putin es auf die ganze Ukraine abgesehen hat." Selbst als Putin Anfang 2022 Truppen an der ukrainischen Grenze zusammenzog, habe er noch gedacht: "So dumm kann er nicht sein, sich auf etwas einzulassen, für das sein Land einen unendlich hohen Preis bezahlen müsste."
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