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Kölner Stadt-Anzeiger

Scharfe Kritik an Caritas wegen des Umgangs mit Missbrauch in Kinderheimen/Autorin Christiane Florin: Völliges Desinteresse der Institution an Aufarbeitung

Köln (ots)

Die Journalistin und Buchautorin Christiane Florin übt scharfe Kritik an der Caritas wegen des Umgangs mit Missbrauchsfällen in Kinderheimen des katholischen Sozialverbands. "Ich mache die Erfahrung, dass es für die Institutionen mit der christlichen Nächstenliebe im Namen immer etwas Wichtigeres gibt, als sich diesem Kapitel ihrer Geschichte und den betroffenen Menschen zu widmen", sagte Florin dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstag-Ausgabe). Bei ihren Recherchen zum Schicksal eines ehemaligen Heimkinds, das in den 60er und 70er Jahren in einem Caritas-Heim aufs Schwerste missbraucht wurde, habe sie bei den heute Verantwortlichen kein Interesse an Aufarbeitung festgestellt. Die großen kirchlicher Träger der Heimerziehung - Caritas, evangelische Diakonie und die Ordensgemeinschaften - seien insgesamt "schweigsam", so Florin. Eine schon vor mehr als zehn Jahren versprochene wissenschaftliche Untersuchung des "Systems Heimerziehung" steht bis heute aus.

"Ein Sozialverband wie die Caritas hat noch immer das Image, der bessere Teil von Kirche zu sein. Auch das spielt eine Rolle", so Florin weiter. Sie hoffe, dass sich durch die Veröffentlichung ihres Buchs mit den Lebenserinnerungen eines Opfers auch andere Betroffener zu solcher biografischer Arbeit ermutigt sähen. Erwartungen an die Institution habe sie keine, fügte Florin hinzu, die unter anderem für ihre Recherchen zum Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche mehrfach ausgezeichnet wurde. Ihr sei schon bei der Recherche klar gewesen, dass die Caritas nicht reagieren werde. "Und genau so ist es bislang auch. Zwischen Anspruch - wir treten ein für den Lebensschutz, das Leben jedes Menschen ist uns wichtig - und der Wirklichkeit, die ich am Beispiel eines einzelnen Lebens aufgezeigt habe, klafft ein Abgrund. Ich kann es nicht mehr ertragen, wenn die Caritas von 'Lebensschutz' spricht."

Schätzungen zufolge lebten zwischen 1949 und 1975 in der damaligen Bundesrepublik zwischen 700.000 und 800.000 Kinder und Jugendliche in Kinderheimen.

Das Interview im Wortlaut:

www.ksta.de/957653

Christiane Florins Buch "Keinzelfall. Wie Heinz ein katholisches Heim überlebte" ist im Patmos-Verlag erschienen. 159 Seiten, 19 Euro.

Am Dienstag, 11. Februar, spricht Florin in einer Veranstaltung des "Kölner Stadt-Anzeiger" in der Kölner Karl-Rahner-Akademie mit dem Hamburger Historiker Thomas Großbölting über den Stand der Aufarbeitung.

www.karl-rahner-akademie.de

Pressekontakt:

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Telefon: 0221 224 2080

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