ors0045: Joschka Fischer: Diese Republik kann sich ein Abgleiten in die Zustände von Bananenrepubliken nicht erlauben
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Berlin (ors) -
Mit Bundesaußenminister Joschka Fischer startet am Samstag, 29. Juli 2000 um 17.30 Uhr in den SAT.1-Nachrichten eine Interview-Reihe mit bundesdeutschen Spitzenpolitikern. SAT.1-Chefredakteur Jörg Howe und der Leiter der Parlamentsredaktion Hans Schregelmann im Gespräch mit Regierung und Opposition. Vorab ein paar O-Töne aus diesem Interview.
Frage: Sie sind als Klartextredner bekannt. Ist ihre deutliche Sprache in ihrem Amt auf der Strecke geblieben?
OTON (ors00451) Fischer 44 sec.
Das fällt unter die Rubrik Kompromisse. Denn in der Aussenpolitik reden sie nicht für sich, auch nicht für eine Partei. Sie reden nicht nur für ein Publikum, das sie ein- und zuordnet, sondern Sie sprechen dort für ein Land, für eine Regierung eines der wichtigsten Industrieländer ist. Da werden Sie sehr ernst genommen. Sehr schnell gerät manches in einen falschen Hals. Das hat dann negative Konsequenzen, die weit übers Persönliche hinausgehen. Aber umgekehrt vermisse ich als Parlamentarier und Debattenredner mit Leib und Seele das klartextreden etwas.
Frage: Das Verfahren gegen Helmut Kohl wird wohl gegen eine Geldbuße eingestellt. Ist das mit dem Blick auf das Ausland besser für Deutschlands Image?
OTON (ors00452) Fischer 57 sec.
Diese Republik, finde ich, kann sich ein solches Abgleiten, egal aus welchen Motiven, in die Zustände von Bananenrepubliken nicht erlauben. Deswegen bedarf es der rückhaltlosen Aufklärung und ich sehe hier keinen Widerspruch zwischen der historischen Rolle Kohls und der äußerst bedenklichen Rolle, die er in all diesen Fragen gespielt hat. Mich schockiert es umgekehrt aufgrund seiner historischen Persönlichkeit, die er ist. Und eigentlich muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, weil wir ihn alle, auch die Opposition, als Kanzler der Einheit begriffen, akzeptiert, ein Stück weit auch verehrt haben. Ich empfinde das auch im Grunde genommen als verächtlichen Umgang von ihm mit Deutschland und unserer Verfassung, dass er sein Ehrenwort da höher veranschlagt. Im Grunde genommen missachtet er uns alle und das nehme ich ihm besonder übel.
Frage: Haben Sie vor dem Hintergrund der Geiselnahme auf Jolo Angst, dass immer mehr deutsche Staatsbürger in aller Welt Opfer von Geiselnahmen werden?
OTON (ors00453) Fischer 33 sec.
Es ist jetzt ein weiterer Landsmann von uns in Kaschmir Zeuge eines Verbrechens geworden und verschwunden. Wir sind tief besorgt darum. Ich schließe diese Geiselnahmen auch für die Zukunft nicht aus. Umso mehr werden wir die Erfahrungen, die wir gemacht haben, sehr sorgfältig auswerten. (...)Aber, es ist jetzt zu früh, irgendwelche Schlussfolgerungen öffentlich mitzuteilen.
Diese O-Töne von Joschka Fischer sind nur frei zur Veröffentlichung bei Nennung der Quelle: SAT.1-Nachrichten.
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