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Deutsche Marine - Pressemeldung (Beitrag für Fachmedien): Minentaucher erproben modernste Technologie - Einsatz eines Autonomen Unterwasserfahrzeuges (AUV)

Deutsche Marine - Pressemeldung (Beitrag für Fachmedien): Minentaucher erproben modernste Technologie - Einsatz eines Autonomen Unterwasserfahrzeuges (AUV)
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Glücksburg (ots)

Von Fritz-Rüdiger Klocke
Glücksburg / Eckernförde - Seit einiger Zeit testen die 
Minentaucher der SEK M (Spezialisierte Einsatzkräfte der Marine) ein 
hochmodernes Gerät zur Detektion von Seeminen und zur Untersuchung 
des Meeresbodens, ein sogenanntes Very Shallow Water (VSW) AUV. 
Dieses Gerät kann die Leistung eines Minentauchers bei der Suche nach
Minen, Munition und anderen Gegenständen am Meeresgrund um ein 
Vielfaches steigern und die hochwertige Ressource Minentaucher auf 
die wesentlichen Aufgaben begrenzen Minenvernichtung bzw. 
Unschädlichmachen von Minen und anderen Explosivstoffen. AUVs sind 
das Mittel der (nahen) Zukunft, um Minenabwehr auf Reeden, in Häfen 
oder im Vorstrandbereich erheblich zu beschleunigen.
Das System
Mit nur 37 kg Gewicht ist das VSW AUV in der Lage, 100m tief zu 
tauchen und viele Stunden unter Wasser zu bleiben. Ausgestattet mit 
einem handelsüblichen Side Scan Sonar taucht es 2-3m über Grund und 
erzielt eine Suchstreifenbreite von ca. 15m -20m zu jeder Seite. Bei 
einer Suchgeschwindigkeit von 3 Knoten ist die maximale Einsatzdauer 
von 22 Stunden zu erreichen; selbst bei 5 Knoten sind noch 8 Stunden 
Einsatzdauer durch dieses 160cm lange Gerät zu erzielen. Parallel zum
Sonareinsatz werden Wassertemperatur, Salinität und Wassertiefe 
gemessen und in einem Kartenausschnitt anschließend zur Verfügung 
gestellt. Die Navigation erfolgt durch ein Long Baseline System 
(akustisches Positionierungssystem) oder Dead Reckoning 
(Koppelnavigation).
Der Personalaufwand für den Einsatz ist denkbar gering: Entweder 
von einem Schlauchboot aus auf See oder einer Pier im Hafen, kann das
Gerät von lediglich zwei Mann zu Wasser gebracht werden. Vor Beginn 
des Einsatzes wird die Mission an einem Laptop genau geplant, während
die Batterien des AUVs nachgeladen werden. Nach wenigen Minuten ist 
die Missionsplanung abgeschlossen, dann wird das AUV durch die 
Bordbesatzung des Schlauchbootes zu Wasser gelassen. Nach Planung der
Mission werden die beiden Transponderbojen ausgebracht, die die 
Unterwassernavigation des AUVs ermöglichen. Anschließend geht das AUV
selbst zu Wasser und fährt sekundengenau seine Mission ab. Es wirkt 
verblüffend, wie präzise es seine Mission abfährt und exakt am 
vorgeplanten Ort wieder auftaucht. Nach Ende der Mission werden die 
Ergebnisse der Mission heruntergeladen und die Akkus neu aufgeladen -
ein Vorgang, der zwischen 10 und 20 Minuten dauert. Im Anschluss kann
die zwischenzeitlich neu geplante Mission aufgespielt werden und ein 
neuer Einsatz des AUV beginnen.
Operative Erfahrungen
Die Deutsche Marine hat mit dem VSW AUV bereits eigene 
Marinestützpunkte, Übungsminenfelder und Reeden abgesucht sowie 
diesen in Vorbereitung des G8-Gipfels vor Heiligendamm eingesetzt (in
Amtshilfe der Polizei).
Das Gerät kann aufgrund seiner geringen Abmessungen und Masse 
kurzfristig per LKW, Hubschrauber oder Schiff an seinen Einsatzort 
verbracht werden. Das AUV ist auch für Operationen mit geringer 
Sichtbarkeit (verdeckte Operationen) geeignet.
Es kann in allen Gewässern eingesetzt werden, in denen sicher mit 
Schlauchbooten operiert werden kann, also auch in Binnengewässern und
Flüssen.
Aufgrund seiner hohen Wendigkeit kann das AUV bis in fast jede kleine
Ecke eines Hafenbeckens einfahren. Seine Grenzen findet das System 
bei starker Strömung und größerem Seegang.
Genauer als jeder Taucher es kann, werden lokalisierte Objekte auf
dem Meeresboden kartografiert und können so in Datenbanken beim Mine 
Warfare Data Center (MWDC) eingepflegt werden. Die "eingefahrenen" 
Sonarbilder werden zu einem sogenannten Mosaik (Abb.7: Sonarmosaik 
des ehemaligen Marinestützpunktes Olpenitz) zusammengefügt und 
ergeben so eine detailgenaue Abbildung der Bodenkontakte in Form 
einer Bodenkarte, die auch gewisse Rückschlüsse auf die 
Bodenbeschaffenheit zuläßt. Weiter werden diverse Datenlayer erzeugt.
So werden neben den gesammelten Sonarbildern Karten mit der 
Wassertiefe des Seegebietes, der Salinität sowie den 
Wassertemperaturen erstellt.
Es werden auf diese Weise quasi als Nebenprodukt diverse 
Informationen gesammelt, die auch für nachfolgende Operationen von 
großem Wert sein können. Sie finden Eingang in das MWDC.
Die Auswertung
Nachdem die Daten aus dem AUV ausgelesen wurden, schaut sich der 
Operator die einzelnen "Wasserfallbilder" (Abb.3: Wasserfallbild) an 
und untersucht sie auf minenähnliche und andere künstliche Objekte. 
Ein kleines Software-Werkzeug hilft ihm, die detektierten Objekte zu 
klassifizieren; dazu werden die Länge und die Breite des Objektes 
anhand seines Sonarschattens vermessen. So können z.B. zu kleine, 
munitionsuntypische Objekte ausgeschlossen werden, denn bei einer 
Sonarfrequenz von 900 kHz werden kleinere Kontakte wie sogar 
Coladosen abgebildet. Die Kontakte werden markiert und erscheinen 
anschließend als Positionen auf der Auswertekarte mit den 
abgefahrenen Suchstreifen (Abb. 4: Tracks). Eine Zuordnung der 
numerisch bezeichneten Positionen mit den Sonarbildern ermöglicht so 
z.B. eine detaillierte Analyse mit Sonardaten anderer Systeme und 
eine eindeutige Zuordnung für die Minenjagddatenbank. Heutige AUVs 
sind bislang nicht in der Lage, Munition zu vernichten oder auf 
andere Art unschädlich zu machen. Hier ist nach wie vor die Expertise
der Minentaucher gefragt.
Zunächst aber werden die durch AUVs gewonnenen und anschließend 
bewerteten (klassifizierten) Kontakte durch Minentaucher 
identifiziert. Eine mitgeführte Digitalkamera liefert die 
fotografische Dokumentation für die Minenjagddatenbank des MWDC und 
macht die Identifizierung der Kontakte nachvollziehbar (vergleiche 
hier Kontakt 14, Foto Abb.5+6). Abhängig von der Umwelt und maritimen
Infrastruktur wird dann entschieden, wie die erkannte Munition 
unschädlich gemacht wird.
Der operative Nutzen
VSW AUVs, gerne als verlängerter Arm der Minentaucher bezeichnet, 
liefern präzise und anders als bei Minentauchern nachvollziehbare 
Dokumentationen. Diese AUVs eignen sich zum Einsatz auf Reeden, in 
Strandnähe und in Häfen oder anderen Offshore Installationen sowie in
Binnengewässern.
Hier ist es endlich möglich, dass das Gesehene durch andere, nicht 
beim Tauchgang Beteiligte mit ausgewertet werden kann und 
anschließend die Daten in einer Minenjagddatenbank abgelegt werden 
können. Bestechend ist der Zeitvorteil gegenüber Minentauchern und 
die um ein Vielfaches größere Flächensuchleistung. Unter optimalen 
Bedingungen rechnen wir bei einem Minentaucher mit einer 
Suchgeschwindigkeit von 0,5 Knoten und einer Suchstreifenbreite von 
3m. Dies entspricht einer abgesuchten Fläche von knapp 3000 qm pro 
Stunde.
Ein VSW AUV schafft durchschnittlich 3 Knoten bei einer 
angenommenen Suchstreifenbreite von 2x20m. Dies entspricht einer 
theoretischen Suchfläche von deutlich über 200.000 qm pro Stunde. 
Durch die anschließende Datenanalyse und die Tauchgänge zur 
Identifizierung der Kontakte reduziert sich zwar diese 
Flächensuchleistung um bis zu 50% auf die effektive 
Flächensuchleistung. Dies ist allerdings immer noch mit mehr als 
100.000 qm pro Stunde ein beeindruckender Wert.
Aufgrund der speicherbaren Sonarbilder ist auch eine sogenannte 
Change Detektion möglich, hierunter wird ein Vorher-Nachher-Vergleich
von Sonarbildern aus demselben Gebiet verstanden. So müssen lediglich
neu hinzugekommene Kontakte identifiziert werden, was 
Minenabwehroperationen deutlich beschleunigt.
Operative und technische Konsequenzen
VSW AUVs haben ihre Bedeutung in der Minenabwehr mehr als deutlich
nachgewiesen. An den Erfahrungen des geschilderten Erprobungsträgers 
wird deutlich, wie wichtig die Einführung eines derartigen Systems 
für die Deutsche Marine ist. Die oben geschilderten Vorteile gilt es 
nun in einer geschickten Kombination aus Minentauchern und AUVs zu 
nutzen. Der Minentaucher braucht nicht mehr für die aufwendige 
Flächensuche eingesetzt zu werden, sondern er wird nur zur 
Relokalisierung, Identifizierung und anschließenden Vernichtung der 
Minen gefordert. Liegt die Munition in der Nähe von empfindlicher 
Infrastruktur, muss sie erst mittels Hebeballons und Schlauchbooten 
durch die Minentaucher an einen sicheren Ort verschleppt werden (das 
sog. Remove), bevor sie vernichtet werden kann.
So ist es möglich, in einer sinnvollen Kombination das AUV zur 
Flächensuche einzusetzen, während die Minentaucher die Sonarbilder 
auswerten, um dann anschließend nur die Positionen anzutauchen, an 
denen die Sonarbilder minenähnliche Kontakte zeigen. Bei einem 
richtigen Mix aus mehreren AUVs und Minentaucherteams ist man so in 
der Lage, eine Minenräumoperation in einem Hafen deutlich schneller 
als bisher zu Ende zu führen.
Hier ist der parallele Einsatz von mehreren AUVs denkbar, um so sehr 
zeitkritisch einen Hafen auf die Anwesenheit von Munition abzusuchen
Erkennbar ist allerdings auch, dass mit AUVs der Umfang von Mine 
Warfare Data erheblich steigen wird. Es werden zukünftig in kurzer 
Zeit große Datenmengen aufkommen, die zu analysieren und zu 
dokumentieren sind. Hier gilt es, die Mine Warfare Data Centers (im 
Einsatzgebiet wie auch im Heimatland) in ihren Kapazitäten zu 
überprüfen und regelmäßig an die neuen Anforderungen anzupassen.
Identify, Remove und Render Safe (sicheres Bergen von Munition) 
sind Aufgaben, die bislang nur Minentaucher leisten können. Hier ist 
es erforderlich, zukünftig einen Schwerpunkt in Forschung und 
Entwicklung zu bilden und somit den wertvollen Minentaucher, das 
Personal noch besser zu schützen und  weniger Risiken auszusetzen.
Aber auch in der AUV-Technologie gilt es hier die Entwicklung 
voranzutreiben. Untersuchenswert ist die Schwarm-Technologie, der 
parallele Einsatz und die Interaktion von mehreren AUVs. Es ist 
sinnvoll, Verfahren zu entwickeln, die eine autonome Identifizierung 
von Minen und anderer Munition ermöglichen. Um die Vernichtung von 
Munition mit AUVs voranzutreiben, ist es weiter erforderlich autonome
Verfahren zu entwickeln, die eine Vernichtung von Munition ohne 
Kollateralschäden ermöglichen.
Zusammenfassung und Ausblick
Heutige VSW AUVs führen in der Minenabwehr zu einer deutlichen 
Qualitäts- und Leistungssteigerung. Aufgrund ihrer erhöhten 
Minenjagdeffektivität ermöglichen sie eine deutliche  Beschleunigung 
von Minenabwehroperationen. Kurz und ganz simpel gesagt: Will man 
Minenabwehroperationen beschleunigen, ist es nur eine Frage, wie 
viele AUVs (und Minentaucher) man gewillt ist einzusetzen. Dennoch 
ist auch über die Weiterentwicklung von AUVs nachzudenken, um ihre 
Fähigkeiten zur Vernichtung von Munition voranzutreiben.
Zum Autor
Fritz-Rüdiger Klocke ist Fregattenkapitän und im Glücksburger 
Flottenkommando Dezernent für Minenabwehr und Mineneinsatz und als 
solcher zuständig für die Minentaucherkompanie. Als Kommandant fuhr 
er auf Minensuchbooten sowie Minenjagdbooten und nahm mehrfach an 
OPEN SPIRIT teil. Seit 2001 ist er dienstlich mit Autonomen 
Unterwasserfahrzeugen (AUV) für die Minenabwehr befasst. In seiner 
Verwendung am NATO HQ SACT in Norfolk, Virginia, USA war er u.a. für 
Forschungs- und Entwicklungsvorhaben mit AUVs am NATO Undersea 
Research Center in La Spezia, Italien zuständig.
Fotos: Deutsche Marine
Abb 1: Das VSW AUV-Erprobungsgerät der Minentaucherkompanie
Abb 3: Wasserfallbild
Abb 4+5: Der Kontakt entpuppt sich als Rest eines Betonpfeilers mit 
eckigem Bauteil, das sowohl im Sonarbild wie auf dem Foto deutlich zu
erkennen ist.
Weitere Informationen rund um die Marineeinsätze und das oben 
genannte Thema finden Sie in unserem Internetportal www.marine.de.

Pressekontakt:

Presse- und Informationszentrum Marine
Stabsbootsmann Detlef Struckhof
Telefon: 0 46 31 - 6 66 - 44 14 / 44 00
E-Mail: piz@marine.de
Fotoredaktion Marine: 0 46 31 - 6 66 - 44 32

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