Alle Storys
Folgen
Keine Story von Presse- und Informationszentrum Marine mehr verpassen.

Presse- und Informationszentrum Marine

Deutsche Marine - Pressemeldung (Feature): Navigation mit Kursdreieck, Zirkel und Karte - Offiziersanwärter aus Brandenburg und Baden-Württemberg zu Beginn ihrer Marinekarriere

Deutsche Marine - Pressemeldung (Feature): Navigation mit Kursdreieck, Zirkel und Karte - Offiziersanwärter aus Brandenburg und Baden-Württemberg zu Beginn ihrer Marinekarriere
  • Bild-Infos
  • Download

Glücksburg (ots)

Flensburg-Mürwik - Leicht betretene Gesichter im Turmzimmer Nummer
2 der Marineschule Mürwik. Hörsaal 34 der Offiziersschule geht kurz 
vor dem Mittagessen die Lösung einer Übungsaufgabe im Fach Navigation
mit ihrem Truppenfachlehrer durch. Die 19 Offiziersanwärter sitzen an
etwa acht Meter langen Tischreihen nebeneinander. 15 Männer und vier 
Frauen lauschen ihrem Ausbilder Frank Ibe - schauen auf die an die 
Wand projektierte Musterlösung.  Er sagt: "Denken Sie daran: 
Besteckversetzungen werden auf der Seekarte gestrichelt 
eingezeichnet. Viele von Ihnen haben das nicht getan. Das gibt in der
Prüfung Punktabzug." Anne Bähr hört ihrem 41 Jahre alten Ausbilder 
zu. Ihr Gesicht bekommt eine leichte Rötung - sie blickt etwas 
verlegen drein. Die 19-jährige Offiziersanwärterin sagt nach dem 
Unterricht: "Ich hatte das auch nicht gestrichelt eingezeichnet. Das 
ärgert mich. Mit diesen Punktabzügen wäre meine Lösung keine Eins 
geworden." Deshalb will die junge Frau aus Klockow bei Prenzlau den 
Rat ihres Ausbilders Ibe, "üben Sie jetzt täglich. Dann haben Sie in 
der letzten Woche des Lehrgangs mehr Luft", beherzigen.
Auf "Gorch Fock" Kräfte des Elements Wasser erfahren
Die Zeit bis zu den Prüfungen - die für die gesamte künftige 
Offizierslaufbahn wichtige Weichen stellen werden - ist knapp 
bemessen. Die nächste Herausforderung danach wartet schon: Am 27. 
Februar werden die Soldaten von Hörsaal 34 auf die drei Schiffe des 
Einsatz- und Ausbildungsverbandes (EAV) der Deutschen Marine gehen. 
Sie erhalten auf den Fregatten "Sachsen" und "Lübeck" sowie auf dem 
Einsatzgruppenversorger "Frankfurt am Main" eine weiterführende 
seemännische Ausbildung. Dort werden sie das Erlernte aus dem 
jetzigen "Offizierslehrgang Truppendienst" anwenden und vertiefen 
können. Hilfreich werden dabei auch die Erfahrungen vom 
Segelschulschiff "Gorch Fock" sein. Auf der bekannten Bark mit den 
weißen Segeln waren die Offiziersanwärter im Herbst vergangenen 
Jahres mehrere Wochen lang unterwegs gewesen. Eine besondere 
Erfahrung für die Männer und Frauen. Bähr sagt: "Die Ausbildung auf 
der Fock war das Größte für mich. Wir haben da jedoch auch die Kräfte
des Elements Wasser erfahren müssen. Eine Kameradin ging über Bord. 
Das war ein schlimmes Erlebnis für uns alle. Ich habe nach diesem 
Unglück aber nicht an meinem Beruf gezweifelt, denn solche tragischen
Unfälle können überall passieren."
Soldatin will aufs U-Boot
Seit dem 1. Juli des zurückliegenden Jahres ist Anne Bähr Soldatin
der Deutschen Marine. Sie wird nach bestandenem Offizierslehrgang als
frisch beförderter Seekadett - in der Bundeswehr gibt es nur 
männliche Dienstgradbezeichnungen - an die Universität der Bundeswehr
nach München gehen. Dort wird sie Informatik studieren - vier Jahre 
lang. Wenn alles gut geht, hat sie ihren Master in der Tasche und ist
in ihrer militärischen Laufbahn zum Oberleutnant zur See 
aufgestiegen. "Mein Wunsch ist es, danach auf ein U-Boot zu gehen", 
sagt sie.
Sicherer Arbeitsplatz für 13 Jahre
Studium, Grenzen erfahren, Seefahrt erleben, praxisnahe Ausbildung
zum Vorgesetzten - das sind die Beweggründe für viele 
Offiziersanwärter wie Anne Bähr, sich bei der Marine zu bewerben. Die
Frau aus Klockow nennt auch pragmatische Gründe für ihren 
Berufswunsch. "Bei mir daheim liegt die Arbeitslosenquote bei 30 
Prozent. Jetzt in der heraufziehenden Wirtschaftskrise ist es schon 
ein gutes Gefühl, abgesichert zu sein." Abgesichert für insgesamt 13 
Jahre - für diese Zeit hat Bähr bei der Bundeswehr unterschrieben. 
Dafür zahlt die Bundeswehr sogar während des gesamten Studiums das 
Gehalt entsprechend ihres erreichten Dienstgrades. Bei einem 
Obergefreiten - wie Bähr es ist - sind das rund 1.400 Euro netto im 
Monat. "Da kann ich mich wirklich voll auf mein Studium 
konzentrieren", sagt sie.
Im Bundeswehrstudium: 50 Prozent mehr Lehrstoff pro Jahr
Ihr Kamerad Erik von Rüsten sitzt neben ihr am Mittagstisch an der
Marineschule Mürwik. Er nickt während Bähr redet. Er denkt genauso. 
Auch er will in München studieren. Am 1. Oktober beginnt dort sein 
Studium in den Fächern Elektro- und Informationstechnik. Er sagt 
ergänzend: "Andere Studenten müssen viel Geld für Miete, Lehrmaterial
und Studiengebühren bezahlen. Das müssen wir nicht." Dafür hat der 
Dienstherr jedoch hohe Erwartungen an seine Offiziere. Das Studium 
muss in kürzester Zeit beendet werden. Statt in Semestern, wird an 
den beiden Bundeswehruniversitäten in Hamburg und München in 
Trimestern studiert - das bedeutet 50 Prozent mehr Lehrstoff in einem
Jahr. Wer bei den Prüfungen durchfällt, dem droht die vorzeitige 
Entlassung aus der die Bundeswehr. Nicht nur deshalb hält sich der 
Neid bei Freunden von Bähr und von Rüsten in Grenzen. Der 22-jährige 
Mann aus Althütte bei Stuttgart sagt: "Wir werden während der 13 
Jahre Dienstzeit in Krisengebiete gehen müssen, wo es keine heile 
Welt gibt. Diese Einsätze sind nicht ungefährlich. Da muss man voll 
dahinter stehen." Bähr stimmt zu. Sie sagt: "Meine besten Freundinnen
würden das alles nicht auf sich nehmen wollen. Die sind eher 
künstlerisch, freigeistig geprägt. Da ich mich gut an Regeln und 
Normen halten kann, passt der Beruf jedoch gut zu mir. Meine 
Freundinnen sind deshalb nicht neidisch. Sie freuen sich sogar für 
mich, das ich bei der Marine so viel erleben und lernen kann."
Ingenieure haben in Bundeswehr und Industrie gute Karrierechancen
Wie sehen die langfristigen beruflichen Perspektiven für die 
beiden jungen Menschen aus? "Gut", finden sie. Nach den noch über 12 
Jahren Bundeswehr kann für die Offiziersanwärter eine Übernahme zum 
Berufssoldaten stehen. Dann wären sie Soldaten bis zu ihrer 
Pensionierung. Das sogenannte Laufbahnziel: Fregattenkapitän - eine 
Besoldung nach Besoldungsstufe A 14 - vergleichbar mit einem 
Oberstudienrat an einem Gymnasium. Wer nicht länger bei der 
Bundeswehr bleiben möchte oder kann, dem steht eine zweite Karriere 
in der freien Wirtschaft offen. Gerade mit den Ingenieurberufen ist 
dies sehr gut möglich. Die Industrie greift gerne auf ehemalige 
Zeitoffiziere mit einem technischen Studium zurück. Doch gerade mit 
diesen Studiengängen sind die Offiziere auch bei der Bundeswehr 
begehrt.
Navigation kann nicht auswendig gelernt werden
Das liegt für Bähr und von Rüsten noch in weiter Ferne. Jetzt 
müssen die Soldaten von Hörsaal 34 erst einmal die vor ihnen liegende
Ausbildung bestehen - und das ist zurzeit die insgesamt 111 Stunden 
dauernde Navigationsausbildung bei Stabsbootsmann Frank Ibe. Für 
künftige Seeoffiziere ist Navigation trotz moderner GPS-Technik 
unabdingbar notwendig. Denn jede Technik kann versagen - auch dann 
müssen Schiffe weiterhin navigiert werden können.  Deshalb lernen die
Offiziersanwärter Navigation von Anfang an - mit Seekarte, 
Kursdreieck, Anlegedreieck, Zirkel, programmierbarem Taschenrechner, 
Bleistift und Radiergummi. Dazu sind Formelsammlung, nautische 
Tabellen und Navigationsthemensammlung zu wälzen. Alles in der 
Navigationslehre ist genau festgelegt - Abweichungen nicht erlaubt. 
Die Symbolik für die Eintragungen in den Seekarten ist zum Beispiel 
in der Deutschen Industrienorm (DIN) 13 312 geregelt. "Was wir den 
Soldaten im Unterricht vermitteln, kann nicht auswendig gelernt 
werden. Wie beim Autoführerschein muss das alles geübt werden", sagt 
Ibe. Deshalb müssten die Anwärter auch am Wochenende zu Hause üben. 
Sonst könnten die umfangreichen Übungsaufgaben nicht in 80 Minuten 
gelöst werden. "Ziel muss es sein, das die richtige Lösung nach 60 
bis 70 Minuten auf der Seekarte eingezeichnet ist", so der Ausbilder.
Ausbildung auch am Computer und im Simulator
Nach dem Grundlagenunterricht im Turmzimmer findet eine praktische
Ausbildung an modernem Gerät statt. Im sogenannten CUA-Raum - einem 
computerunterstützten Ausbildungsraum - lernen die Marinesoldaten das
Navigieren am Computer. In einem Simulator üben sie das Navigieren an
Bord von Schiffen der Marine unter realen Bedingungen. Wenn alles 
reibungslos läuft, kann es an Bord gehen. Als Nebeneffekt der 
umfangreichen Ausbildung an der Marineschule Mürwik erhalten die 
künftigen Marineoffiziere nach bestandenem Nautikunterricht den 
"Kraftbootführerschein See". Damit können die Soldaten auch zivil mit
einem Kraftboot in deutschen Gewässern zur See fahren.
14 Stunden Englischunterricht pro Woche
Und damit die Marineoffiziere sich auch weltweit verständigen 
können, wird in der Ausbildung an der Marineschule großen Wert auf 
die englische Sprachausbildung gelegt. Bähr hatte auf dem Gymnasium 
Englisch im Leistungskursus "Da hatten wir fünf Stunden pro Woche 
Englisch. An der Marineschule sind es bis zu 14 Stunden pro Woche. 
Hier ist alles viel intensiver", sagt sie. Ein gutes Rüstzeug nicht 
nur für die bevorstehende Seefahrt im Einsatz- und 
Ausbildungsverband. Er wird Bähr, von Rüsten und ihre Kameraden fünf 
Wochen lang nach Südamerika führen. Ob da nicht doch die Freunde der 
Marinesoldaten etwas neidisch sein werden?
Autor: Detlef Struckhof, Presse- und Informationszentrum Marine
Fotos: Detlef Struckhof, Presse- und Informationszentrum Marine
Weitere Informationen rund um die Marineeinsätze und das oben 
genannte Thema finden Sie in unserem Internetportal www.marine.de.

Pressekontakt:

Presse- und Informationszentrum Marine
Stabsbootsmann Detlef Struckhof
Telefon: 0 46 31 - 6 66 - 44 14 / 44 12
E-Mail: piz@marine.de
Fotoredaktion Marine: 0 46 31 - 6 66 - 44 32

Original-Content von: Presse- und Informationszentrum Marine, übermittelt durch news aktuell