19. Opferforum des WEISSEN RINGS vom 17. - 18. November 2008
Kriminalprävention durch familiale Erziehung? Bundesweite Fachtagung unter Schirmherrschaft von Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen
Mainz (ots)
Über den Inhalt von "Erziehung" wird inzwischen wieder überall diskutiert: Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der politisch angestrebten Ausweitung der Krippenerziehung. In einem Grundsatz sind sich nicht nur Experten einig: Gewalt darf als Methode der Erziehung nicht angewendet werden. Die Realität sieht jedoch oft anders aus. Im Elternhaus können bereits die Wurzeln zu gewaltbereitem Verhalten der Kinder gelegt werden. Prof. Dr. Reinhard Böttcher, Bundesvorsitzender des WEISSEN RINGS, sieht die Familie als primäre Sozialisationsinstanz und damit als einen zentralen Akteur und einen zentralen Adressat, wenn es um Kriminalprävention, also um eine Gesellschaft mit weniger Kriminalität, geht.
In seinem Eröffnungsreferat weist der Osnabrücker Kriminologe und frühere Vorsitzende der Anti-Gewalt-Kommission der Bundesregierung, Prof. Dr. Hans-Dieter Schwind, darauf hin, dass defizitäre Erziehung bzw. ein autoritärer Erziehungsstil für manche Jugendliche den Weg zur Gewalt vorprogrammiert. Jedenfalls zeigen Forschungsergebnisse, dass bei Gewalterfahrung in der Kindheit spätere Gewalttätigkeit nachweisbar ist. Vor diesem Hintergrund stimmt bedenklich, so Schwind, dass in jeder dritten Familie Erziehung gar nicht mehr stattfindet (resignativer Erziehungsstil): Viele Eltern sind schon deshalb überfordert, weil sie in ihrer eigenen Herkunftsfamilie Erziehung selbst nicht mehr kennen gelernt haben oder wegen eines anderen kulturellen Hintergrundes verunsichert sind. Schwind: Die Erziehungsberatung muss verstärkt werden. Wir brauchen insbesondere eine spezielle Beratung für Eltern, deren Kinder straffällig wurden.
Schwind macht sich auch Sorgen darüber, dass viele Kinder einer kriminologisch relevanten Rollendiffusion ausgesetzt seien. Sie würden in den ersten Lebensjahren oft nur noch von Frauen betreut: in der Familie der allein erziehenden Mütter, im Kindergarten und in der Grundschule. Schwind regt an, darüber nachzudenken, ob die Einführung einer "Männerquote" in der Fremderziehung angebracht sei. Diese Überlegungen sollte man seiner Meinung nach z. B. anstellen, wenn es um die Anwerbung von Erzieherinnen und Erzieher für die bis 2013 geplante Aufstockung auf 500.000 Betreuungsplätze für Unter-3-Jährige geht.
Der WEISSE RING hat sich mit Erfolg darum bemüht, bei seinen Opferforen namhafte Experten verschiedener Disziplinen zusammen zu führen. So viel (empirisch fundierter) Sachverstand versammelt sich selten. Den Diskussionen wird Zeit eingeräumt. Diskutiert werden soll anwendungsorientiert, nicht "Wolkenkuckucksheim" interessiert. Es sollen Antworten gefunden werden auf die Frage, was ist hilfreich für die Praxis.
Nach den Grußworten von Malu Dreyer, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen des Landes Rheinland-Pfalz sowie des Sozialdezernenten der Stadt Mainz, Kurt Merkator, erwartet die Teilnehmer ein hochkarätiges Programm. Prof. Dr. Hans Betram, Humboldt-Universität Berlin, spricht zum Familienwandel in der Erziehung. Prof. Dr. Kai Bussmann, Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg, beleuchtet die alltägliche Gewalt in der Erziehung. "Medien als (Mit-)Erzieher" lautet das Thema von Prof. Dr. Jo Groebel, Deutsches Digital Institut Berlin. Die beiden Referate "Außerfamiliale Erziehung in Krippe und Kindergarten" (Prof. Dr. Herbert Scheithauer, Freie Universität Berlin) und "Ursachen von Kinderkriminalität" (Prof. Dr. Dieter Hermann, Universität Heidelberg) runden den ersten Tag des 19. Mainzer Opferforums ab.
Am zweiten Tag der Veranstaltung werden von Prof. Dr. Peter Wetzels, Universität Hamburg, Erziehungsstile und Wertorientierung in Familien mit und ohne Migrationshintergrund thematisiert. Über Erziehungsstile in türkischen Migrantenfamilien referiert Prof. Dr. Ahmet Toprak, Fachhochschule Dortmund.
In einer mit viel Spannung erwarteten Podiumsdiskussion unter der Überschrift "Überrollen uns die Erziehungsprobleme? Wie kann man gegensteuern?" treffen die Rechtsanwältin Seyran Ates und der stellvertretende Chefredakteur der türkischen Tageszeitung "Hürriyet", Ayhan Can, aufeinander. Vervollständigt wird die Runde unter Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Melzer, Erziehungswissenschaftler an der TU Dresden, durch Dr. Bernhard Bueb, Internatsleiter Schloss Salem a. D. und Prof. Wetzels.
Die Veranstaltung schließt mit einem Grundsatzreferat zur Familienpolitik von Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen.
Im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen bei den bundesweiten Opferforen des WEISSEN RINGS, bei denen Experten aus Wissenschaft, Politik, Justiz und Verwaltung zu aktuellen Fragen der Opferschutzes und der Kriminalprävention diskutieren, hofft WR-Bundesvorsitzender Böttcher auf neue Einsichten in die komplexen Zusammenhänge von familialer Erziehung und zugleich auf praxistaugliche Hinweise.
Ein/e Vertreter/in Ihres Hauses ist herzlich eingeladen zum
19. Mainzer Opferforum am 17. / 18.11.2008 Atrium Hotel Mainz, Flugplatzstraße 44, 55126 Mainz,
Die Veranstaltung beginnt am 17.11.2008 um 11.30 Uhr und endet am 18.11.2008 um ca. 13.15 Uhr mit einem kleinen Mittagsimbiss.
Für Ihre publizistische Begleitung dürfen wir uns heute schon sehr herzlich bedanken.
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