Opfer von Kriminalität und Gewalt haben eine Lobby
Mainz (ots)
Bundesweite Hilfsorganisation seit 25 Jahren auf der Seite der Opfer Idee des Weissen Rings findet zunehmend gesellschaftliche Unterstützung / "Tag der Kriminalitätsopfer" (22. März) mahnt Solidarität und Hilfestellung für die Betroffenen an
Seit 25 Jahren hilft der Weisse Ring Opfern von Kriminalität und Gewalt: Schnell, unbürokratisch, direkt. Rund 2.300 ehrenamtliche Mitarbeiter/innen in bundesweit 400 Außenstellen leisten menschlichen Beistand, stehen unmittelbar Betroffenen sowie ihren Angehörigen mit Rat und Tat zur Seite und vermitteln dem Opfer das wichtige Gefühl, mit seinen vielfältigen Problemen nicht alleine zurecht kommen zu müssen. Der Weisse Ring ermöglicht anwaltlichen Beistand bei der Wahrung von Persönlichkeitsrechten im Strafverfahren, ebenso wie bei der Durchsetzung sozialrechtlicher Ansprüche, insbesondere auf Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz oder der Anerkennung als Nothelfer.
Dort, wo zusätzlich zu seelischen und körperlichen Verletzungen auch wirtschaftliche Not in Folge der erlittenen Straftaten hinzu kommt, kann der gemeinnützige Verein auch durch materielle Zuwendungen Leid mildern. Hilfestellung im Umgang mit den Behörden, Begleitung zu Gerichtsterminen, Vermittlung von Hilfen anderer Organisationen oder Erholungsmaßnahmen für Geschädigte und ihre Familien runden das Spektrum mitmenschlicher Verantwortung für Kriminalitätsopfer ab.
Opferhilfe rückt immer mehr ins politische Blickfeld
Die Arbeit des Weissen Rings findet sowohl in der Bevölkerung als auch bei Polizei, Justiz und Verwaltung großen Zuspruch. Immer mehr Politiker, so auch die Bundesjustizministerin, Herta Däubler-Gmelin, sind sich der Bedeutung des Weissen Rings für das Gemeinwesen bewusst und wollen die Arbeit des gemeinnützigen Vereins weiter stärken. So sollen u. a. künftig 10 Prozent aller Geldstrafen unmittelbar in die Opferhilfe fließen. Für alle Innenminister und -senatoren der Länder ist es selbstverständlich, dass die Polizei hilfesuchenden Opfern die Kontaktaufnahme zu den bundesweit rund 400 Anlaufstellen der größten deutschen Opferschutzorganisation erleichtert. In allen Polizeidienststellen liegen hierfür entsprechende Faltblätter des Weissen Rings bereit.
Effektive Opferhilfe: Bürgerliches Engagement und gesetzlicher Rahmen
Nur wenn staatliche Verantwortung für einen ausreichenden gesetzlichen Opferschutz- und Opferentschädigungs-Rahmen mit privatem persönlichen Einsatz hilfsbereiter Menschen kooperiert, lässt sich die gesellschaftliche Verpflichtung gegenüber den Opfern von Kriminalität und Gewalt in praktische Lebenshilfe umsetzen.
Zum "Tag der Kriminalitätsopfer" appelliert der Weisse Ring an Politik, Justiz und Verwaltung, diese logische Konsequenz im Interesse von Jahr für Jahr Millionen betroffener Menschen entschiedener als bisher anzuerkennen. Basis eines modernen und leistungsfähigen Gemeinwesens ist insbesondere das klare Bekenntnis zum Subsidiaritätsprinzip, der vorstaatlichen Selbsthilfe. Die Schaffung eigenständiger und bürokratisch strukturierter Opferhilfseinrichtungen, wie sie von einzelnen Bundesländern favorisiert werden, birgt die Gefahr in sich, dass in der Opferhilfe bewährtes Bürgerengagement mehr und mehr verloren geht. Deshalb sollten die mit Entstehung staatlicher Stellen zwangsläufig für administrative Aufgaben erforderlichen Mittel den Geschädigten über das bereits bestehende Hilfsnetz unmittelbar zugute kommen.
Auch scheint es eher paradox, zusätzliche staatliche Anlaufstellen zu schaffen, bei denen die Opfer dann erfahren, dass sie aufgrund nach wie vor restriktiver Gesetzgebung und Verwaltungspraxis nur bedingt Anspruch auf Leistungen, so z.B. nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) haben. Nur in etwa 40 Prozent der Antragstellungen kommt es zu einem positiven Bescheid durch die Versorgungsverwaltung, und das auch oft nur nach jahrelangem Rechtsstreit, den die Betroffenen ohne die Hilfe des Weissen Rings gar nicht durchstehen würden.
Beschämend: Opferentschädigungsgesetz nahezu unbekannt
Der Weisse Ring fordert deshalb vom Gesetzgeber, die hohen Hürden für einen Anspruch nach dem OEG zu senken, so u.a. durch Beweislast-Erleichterungen für das Opfer und die Anerkennung psychischer Beeinträchtigungen bei Angehörigen der Opfer von Tötungsdelikten.
Zudem appelliert der Weisse Ring an die Innenminister, endlich einen Hinweis auf das OEG in die polizeilichen Anzeigeformulare aufzunehmen, damit infolge der Straftat gesundheitlich geschädigte Opfer ihren Anspruch unverzüglich beantragen können. Dass aus Unwissenheit derzeit lediglich 12 Prozent aller Gewaltopfer einen solchen Antrag stellten, zeige in beschämender Weise, wie gering die Informationsbereitschaft staatliche Stellen Geschädigten gegenüber sei, so der Sprecher des Weissen Rings, Helmut K. Rüster. In Hamburg und in Hessen liegt die Antragsquote mit 6,5 und 5,4 Prozent noch weit unter dem Bundesdurchschnitt.
Opferanwalt auf Staatskosten: Für viele Betroffene Fehlanzeige
Wer als Opfer eines Verbrechens vor Gericht seiner Zeugenpflicht nachkommen muss, verdient in besonderem Maße Fürsorge und Schutz. Schwere psychische Belastungen, ausgelöst durch die erneute Konfrontation mit dem Tatgeschehen und dem Täter oder die Sorge vor Attacken seines Verteidigers lassen die Betroffenen nur zu oft ein zweites Mal Opfer werden.
Mit Inkrafttreten des Zeugenschutzgesetzes am 1. Dezember 1998 muss den Opfern von Sexualstraftaten und versuchten Tötungsdelikten, unabhängig vom Einkommen, auf Antrag während des gesamten Verfahrens ein Anwalt im Rahmen der Nebenklage zur Seite gestellt werden.
Der Weisse Ring fordert die Ausweitung dieses notwendigen Persönlichkeitsschutzes schwer betroffener Opfer auch auf weitere Deliktsbereiche. Es sei nicht nachvollziehbar, warum z.B. ein Opfer schwerster Misshandlungen oder einer Entführung weiter um seinen Schutz über den Weg der Prozesskostenhilfe betteln müsse, obwohl es beim Strafprozess ebenfalls erheblichen psychischen Belastungen ausgesetzt sei, so der Sprecher des Weissen Rings. Auch die Hinterbliebenen von Mordopfern haben derzeit keinen Anspruch auf einen vom Gemeinwesen getragenen Opferanwalt. Auch hier sei dringender Handlungsbedarf geboten.
Schwerpunkt beim Opferschutz: Wiedergutmachung im Strafverfahren
Um Opfern die Belastung verschiedener Prozesse zu ersparen, fordert der Weisse Ring, die Möglichkeiten der Wiedergutmachung innerhalb des Strafverfahrens zu stärken, zumindest aber mehr als bisher zu nutzen. Für viele Opfer sei es unzumutbar, nach einem klaren Schuldspruch vom Gericht auf den Zivilklageweg verwiesen zu werden, obwohl die Rechtsgrundlage für die Entscheidung zivilrechtlicher Ansprüche bereits im Strafprozesses seit jeher vorhanden ist.
Das im deutschen Recht verankerte, aber kaum angewandte Adhäsionsverfahren sollte zum gesetzlich vorgesehenen Regelfall werden, um einfach zu entscheidenden Schmerzensgeld-Ansprüchen sofort Geltung zu verschaffen. Mit der allgemeinen Forderung nach einer Stärkung des Adhäsionsverfahrens verbindet sich nach Auffassung des Weissen Rings auch die Notwendigkeit nach entsprechenden Änderungen im Jugendstrafverfahren.
Ebenso wie die Nebenklage ist nach derzeitiger Gesetzeslage auch das Adhäsionsverfahren im Verfahren gegen Jugendliche ausgeschlossen. Es stellt sich die Frage, ob dieser generelle Ausschluss noch zeitgemäß ist. Auch hier gilt die Feststellung, dass wohl die Mehrzahl der bei Tatbegehung jugendlichen Straftäter zum Zeitpunkt des Verfahrens volljährig ist, damit auch vermögensrechtliche Entscheidungen treffen kann und häufig auch entsprechendes Vermögen besitzt. In diesen Fällen erscheint es vor allem unter dem Aspekt des Erziehungsgedankens geradezu zwingend, Wiedergutmachung nicht nur in Form des Täter-Opfer-Ausgleichs, sondern auch im Rahmen des Adhäsionsverfahrens im Verfahren gegen Jugendliche zu ermöglichen.
Mehr staatliche Verantwortung bei Resozialisierungs-Pannen gefordert
Der Weisse Ring fordert ein überparteiliches Bekenntnis von Politik und Justiz, dem Schutz der Bevölkerung eindeutig Vorrang vor zweifelhaften Resozialisierungs-Maßnahmen zu geben. Für viele Rechtsbrecher sei der vorzeitige Weg in die Freiheit zugleich die Rückkehr in das Verbrechen. Daran ändere auch die Schönfärberei mancher Politiker und Justizverantwortlichen nichts. Auch müsse endlich Schluss sein mit dem Gerede vom Restrisiko, das die Bevölkerung als Konsequenz missglückter Resozialisierungs-Experimente zu tragen habe. Die Fälle Zurwehme und Schmökel seien besonders tragische Beispiele für die Unverantwortlichkeit mancher Gutachter und Richter bei der Empfehlung und Gewährung von Hafterleichterungen. Auch während eines Hafturlaubs oder Freigangs befinde sich der Verurteilte nach wie vor im Gewahrsam des Staates. Den Opfern von Resozialisierungs-Pannen müsse deshalb staatlicherseits ein voller Schadensausgleich sowie Schmerzensgeldansprüche zugestanden werden.
Vermarktung von Verbrechen: Opferansprüche gesetzlich gesichert
Ausdrücklich begrüßt wird vom Weissen Ring die gesetzliche Absicherung zivilrechtlicher Opferansprüche gegen den Täter, wenn dessen "Story" in den Medien gewinnbringend vermarktet wird. Durch das Opferanspruchssicherungsgesetz (OASG) werde gewährleistet, dass die Opfer ihre Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche künftig kraft eines gesetzlichen Forderungspfandrechts auf die vertraglichen Beziehungen zwischen Medien und Straftätern realisieren können.
Eine rechtskräftige Verurteilung ist für die Entstehung des Pfandrechts nicht Voraussetzung. Ausschlaggebend ist allein das Vorliegen einer rechtswidrigen Tat im Sinne des Strafgesetzbuches. Wenn beim Täter nichts zu holen ist, sind letztendlich auch die an der Vermarktung des Verbrechens beteiligten Medien oder Rechtsanwälte zur Zahlung verpflichtet.
Kriminalitätsopfer brauchen unser aller Beistand - jeder kann mithelfen
Bei seinem Einsatz für Kriminalitätsopfer und seiner Vorbeugungsarbeit ist der Weisse Ring aber auch selbst auf Hilfe angewiesen. Die persönliche Mitgliedschaft in der Bürgerinitiative (Mindestbeitrag 5 Mark monatlich / Schüler, Studenten, Auszubildende, Wehrpflichtige zahlen nur 2,50 Mark, Ehepaare 7,50 Mark) ist die geeignete Form der Unterstützung von Kriminalitätsopfern, denn nur eine kraftvolle Organisation ist in der Lage, die derzeitige Situation zu ändern. Die Hilfe für in Not geratene Kriminalitätsopfer geht uns alle an. Jeder von uns kann schon morgen selbst zu den Betroffenen gehören.
Wer die wichtige Hilfe für Kriminalitätsopfer durch eine Spende unterstützen möchte:
Spendenkonto: Weisser Ring e.V. Kto-Nr. 34 34 34 Deutsche Bank Mainz (BLZ 550 700 40)
Wer Zweck und Aufgaben des Weissen Rings anerkennt und Mitglied dieses gemeinnützigen Vereins werden möchte oder wer als Betroffener selbst Hilfe sucht, kann sich wenden an eine der 400 Außenstellen des gemeinnützigen Vereins (Bundesweites Info-Telefon 01803 / 34 34 34) oder direkt an:
Weisser Ring e.V. Bundesgeschäftsstelle Weberstr. 16, 55130 Mainz
Internet: www.weisser-ring.de E-mail: info@weisser-ring.de
Der "Tag der Kriminalitätsopfer" wurde vor zehn Jahren vom Weissen Ring, der größten deutschen Opferhilfsorganisation als Mahnzeichen gegen das mangelnde Problembewusstsein der Gesellschaft für die Belange der durch Kriminalität und Gewalt geschädigten Opfer und ihrer Familien ins Leben gerufen. An diesem Tag, dem 22. März jeden Jahres, soll all jener Menschen gedacht werden, die als Kriminalitätsopfer noch immer oft vergebens auf Solidarität und Unterstützungsbereitschaft unseres Gemeinwesens hoffen. Ein solches Zeichen der Verbundenheit gibt es auch in einigen anderen europäischen Ländern, so u.a. in Schweden, wo Kerzen in den Fenstern an die Opfer erinnern.
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