22. März: Tag der Kriminalitätsopfer
Weißer Ring fordert mehr Konsequenz beim Opferschutz
Mainz (ots)
Entscheidungen zu Gesetzesinitiativen von Halbherzigkeit geprägt / Chance zur großen Koalition für mehr Opferschutz vertan / Studenten der Bauhaus-Universität Weimar schaffen visuelle Opfersignale / Grußwort des Bundeskanzlers: Weißer Ring ist eine streitbare Stimme
Zum "Tag der Kriminalitätsopfer" (22. März) appelliert der Weiße Ring nachdrücklich an die politisch Verantwortlichen, notwendigen Schutz und Hilfe für Geschädigte und ihre Familien nicht länger nur von fiskalischen Sichtweisen und parteipolitischem Kalkül abhängig zu machen. Dem Wunsch vieler Politiker, den Opferhilfegedanken durch gesetzliche Regelungen nachhaltig zu stärken, ständen letztendlich nur unbefriedigende Resultate gegenüber, die in manchen Bereichen weit hinter den Erwartungen einer stetig wachsenden Zahl von Gewaltopfern zurück blieben, kritisiert die bundesweite Opferschutzorganisation.
"Das Thema Opferschutz ist zu wichtig, um es nur halbherzig zu behandeln", so Helmut K. Rüster, Sprecher des Weißen Rings. Für einen modernen Rechtsstaat müsse die konsequente Beachtung von Opferbelangen zur Selbstverständlichkeit werden. Der Weiße Ring fordert nach der in vielen Punkten eher enttäuschenden Bundestagsentscheidung über die Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren die konsequente Weiterverfolgung immer noch lange überfälliger Reformen. Das kürzlich vom Deutschen Bundestag beschlossene Opferrechtsreformgesetz habe zwar einige Forderungen des Weißen Rings aufgegriffen, so insbesondere den vom Staat bezahlten Opferanwalt für Hinterbliebene.
Die Chancen einer schnellen Schadenswiedergutmachung bereits im Strafprozess durch eine konsequente Stärkung des Adhäsionsverfahrens seien jedoch nur teilweise verbessert worden. Aus Sicht des Weißen Rings fehlte letztlich der Mut, den Opfern bereits im Strafverfahren generell Schmerzensgeld und Schadensausgleich zu ermöglichen. Das ganze Reformpaket hätte weniger halbherzig und in vielen Punkten präziser ausfallen können, wäre man allseits zu einer großen Koalition in Sachen Opferrechte bereit gewesen, so der WR-Sprecher.
Opferschutz im Jugendstrafverfahren weiter unzureichend
Auch habe das Opferrechtsreformgesetz die offensichtliche Benachteiligung von Opferzeugen im Jugendstrafverfahren nicht beseitigt. Dort ist nach wie vor die Möglichkeit der Beiordnung eines Opferanwalts ebenso ausgeschlossen wie die Durchführung eines Adhäsionsverfahrens. Auch unter dem Gesichtspunkt des Erziehungsgedankens im Jugendstrafrecht sei dies nicht länger zu rechtfertigen. Wenn dem jugendlichen Straftäter die Folgen seiner Tat besser vor Augen geführt werde könne, diene dies letztlich dem Erziehungs- und Resozialisierungs-gedanken und fördere sein Verantwortungsbewusstsein.
Eine weitere Chance zu mehr Opferschutz sei vertan worden, weil der Bundesrat sich vor kurzem gegen die Abführung eines Teils der Geldstrafen an Opferhilfe-Einrichtungen wie dem Weißen Ring ausgesprochen habe, so WR-Sprecher Rüster. Die von der Bundesregierung vorgeschlagenen fünf Prozent seien den Landesjustizhaushalten nicht zuzumuten, heißt es lapidar. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat bereits angeboten, mit den Ländern gemeinsam nach Alternativen zu suchen, um die angesichts von Jahr für Jahr mehr als sechs Millionen Straftaten so wichtige und vor allem ehrenamtlich geleistete Opferhilfe auf Dauer sicherzustellen. Auch sei der Weiße Ring dringend auf Zuweisungen von Geldbußen durch Gerichte und Staatsanwaltschaften angewiesen. Doch immer mehr fließe in den Staatssäckel, gemeinnützige Opferarbeit werde erschwert, kritisiert WR-Sprecher Rüster.
Zahlreiche Aktionen zum "Tag der Kriminalitätsopfer"
Rund um den "Tag der Kriminalitätsopfer" führt der Weiße Ring überall in Deutschland zahlreiche Aktionen und Veranstaltungen durch, um das öffentliche Bewusstsein für die besondere Lebenssituation der durch Kriminalität und Gewalt geschädigten Menschen weiter zu stärken. Mit Infoständen, Vorträgen, Podiumsdiskussionen und Benefizveranstaltungen werden in vielen Außenstellen des gemeinnützigen Vereins Bürger und Bürgerinnen sensibilisiert und zur Solidarität mit den Opfern aufgefordert. Der Hessische Innenminister Volker Bouffier, selbst Mitglied im Weißen Ring, ist Gast bei einer Benefizveranstaltung zugunsten der Opferhilfe am 19. März in der Alsfelder Stadthalle. Die Bayerische Staatsministerin der Justiz, Dr. Beate Merk, spricht am 20. März bei der Landesversammlung des Weißen Rings Bayern-Nord in Kitzingen zur Bedeutung des Opferschutzes im gesellschaftlichen und rechtpolitischen Umfeld. Dr. Thomas Schäuble, Innenminister von Baden-Württemberg und MdB Siegfried Kauder besuchen eine Vortragsveranstaltung des Weißen Rings am 22. März in der Polizeifachhochschule Villingen-Schwenningen.
Dank des Bundeskanzlers
In seinem Grußwort zum "Tag der Kriminalitätsopfer" spricht Bundeskanzler Gerhard Schröder allen Mitarbeiter/innen des Weißen Rings seine besondere Anerkennung aus und dankt mit den Worten "...das ist gelebter Gemeinsinn, praktizierte Solidarität und tief empfundene Mitmenschlichkeit. Ihre menschliche Hinwendung und ihr persönlicher Einsatz machen den Weißen Ring einzigartig...Der Weiße Ring ist darüber hinaus eine streitbare Stimme, wenn es darum geht, für die Rechte von Kriminalitätsopfern einzutreten und das öffentliche Bewusstsein für ihre Nöte und berechtigten Anliegen zu sensibilisieren."
Ausstellung "Opfer" will wachrütteln
Im Vorfeld des "Tages der Kriminalitätsopfer" eröffnete Thüringens Justizminister Dr. Karl Heinz Gasser der Ausstellung "Opfer" im Kulturhof Krönbacken in Erfurt, wo sie bis zum 11. April zu sehen ist. 15 Studentinnen und Studenten der Bauhaus-Universität Weimar, Fakultät Gestaltung/ Visuelle Kommunikation haben unter Anleitung von Prof. Werner Holzwarth und Hochschuldozent Peter Gamper in enger Zusammenarbeit mit dem Weißen Ring den Tabuthemen Häusliche Gewalt und Sexueller Missbrauch und damit dem Opfersein ein Gesicht gegeben. Entstanden sind nach gründlichen Recherchen eine Fülle von Ideen, umgesetzt in rund 100 Fotos, Anzeigen, Poster, Videos, Radiospots, Give-aways und Aktionskonzepte. Die eindringlichen wie künstlerisch eindrucksvollen Arbeiten wollen wachrütteln und zu aktiver Hilfe motivieren. Zugleich sollen schon betroffene Opfer von Gewalt ermutigt werden, Unterstützung zu suchen und sich gegen Übergriffe zu wehren.
All das vereint die Ausstellung "Opfer" zu einem eindringlichen, unbequemen und vereinzelt auch gewollt provokanten Projekt, das öffentliches Bewusstsein schaffen und vertiefen will. Geplant ist eine Wanderausstellung quer durch Deutschland. Der Katalog zur Ausstellung ist für eine Schutzgebühr von 10 Euro erhältlich bei: Weißer Ring, Bundesgeschäftsstelle, Weberstraße 16, 55130 Mainz oder unter www.weisser-ring.de.
Zum "Tag der Kriminalitätsopfer" ruft der Weiße Ring die Bevölkerung zur Mitgliedschaft und zu Spenden zur Hilfe für Verbrechensopfer und ihre Familien auf. Schon für 2,50 Euro im Monat kann jeder Mitglied im Weißen Ring werden. Ehepaare zahlen 3,75 Euro, Jugendliche 1,50 Euro.
Spendenkonto Weißer Ring: 34 34 34, Deutsche Bank Mainz, BLZ 550 700 40.
- Daten-Zahlen-Fakten / Der Weiße Ring...
...hilft seit 1976 als gemeinnütziger Verein Kriminalitätsopfern und ihren Familien: Schnell, unbürokratisch und kostenlos, u.a. durch menschlichen Beistand, persönliche Betreuung, Hilfestellung im Umgang mit Behörden, Begleitung zu Gerichtsterminen, Gewährung von Rechtsschutz, Vermittlung von Hilfen anderer Organisationen sowie finanziellen Zuwendungen zur Überbrückung tatbedingter Notlagen.
...zählt rd. 300.000 Förderer und Mitglieder, unterhält bundesweit 400 Außenstellen mit rd. 2.500 ehrenamtlichen Helfer/innen. Ist Mitgliedsorganisation im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband (DPWV) und im European Forum for Victims Services.
...unterstützt die Kriminalitätsvorbeugung, begleitet Projekte der Schadenswiedergutmachung und des Täter-Opfer-Ausgleichs, setzt sich öffentlich für Opferbelange ein.
...erhält die Mittel für seine Opferarbeit durch Spenden, Zuweisungen von Geldbußen, Nachlässe und Erbschaften sowie Mitgliedsbeiträge (monatlich ab 2,50 EUR für Einzel-personen, 3,75 EUR für Ehepaare, 1,25 EUR für Jugendliche).
Spendenkonto: 34 34 34 Deutsche Bank Mainz (BLZ 550 700 40)
- Der Tag der Kriminalitätsopfer erinnert am 22. März jeden Jahres an die Situation der durch Kriminalität und Gewalt geschädigten Menschen, die auf Schutz, praktische Hilfe und Solidarität unseres Gemeinwesens angewiesen sind. Der Weiße Ring stärkt mit diesem Signal seit vielen Jahren das öffentliche Bewusstsein und fordert Politik, Justiz und Verwaltung zum Handeln auf. Dabei kann er auf dankenswerte Unterstützung der Medien und anderer gesellschaftlichen Kräfte zählen, denen das Schicksal in Not geratener Kriminalitätsopfer nicht einerlei ist. Inzwischen ist dieser Tag für viele Menschen zu einem weithin sichtbaren Zeichen gesellschaftlicher Verantwortung geworden.
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