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Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)

Der Fledermaus-Flüsterer: ein Mann zieht dem Vampir-Unsinn den Zahn

Dahme (ots)

Der ausgezeichnete Naturschützer Axel Kramer begeistert eine 
   Region für Fledermausschutz
Ein Geräusch wie das eines Maschinengewehrs. So hoch, dass unser 
menschliches Ohr, ja nicht einmal ein Hund es hören könnte. Mehrere 
"Schüsse", von denen jeder Einzelne nur den Bruchteil einer Sekunde 
hallt. Mit einem merkwürdig veralteten überdimensionierten "Handy" am
Ohr reckt Axel Kramer den Kopf in den Nachthimmel. Nur mit diesem 
speziellen Detektor lassen sie sich orten: die Ultraschallrufe der 
Fledermäuse. Jeden Abend machen sich die Tiere auf die Jagd, eine 
Jagd mit vielen "Opfern": "2.500 Mücken pro Nacht schafft eine 
Fledermaus", erklärt Axel Kramer, während seine Gruppe in den dunklen
Himmel starrt. Wie jeden Mittwoch steht eine große Menschentraube auf
der Wiese im Dahmer Kurpark, lauscht den sonderbaren Geräuschen und 
sucht den Himmel ab. Immer wieder schlagen einige wild um sich. "Wenn
Sie die Mücken zu sehr plagen, dann sollten Sie sich einen 
Fledermauskasten anschaffen", rät Axel Kramer, "denn Fledermäuse 
können für uns sehr nützlich sein: Sie fressen die Plagegeister."
Im Hinterhof des Modegeschäftes Möller kämpft sich der 48-Jährige 
durch seine voll gestopfte Garage. Der Mann passt so gar nicht in das
Klischee des Naturschützers mit langen Haaren, Wollpullover und 
Birkenstocklatschen. Nachdem Kramer sich an Bergen von Spanplatten 
und Holzresten vorbei gezwängt hat, erreicht er schließlich den engen
Spalt zwischen der Kreissäge und dem Wandregal. Nach und nach kramt 
er zwei Taschenlampen und drei Glaskästen mit ausgestopften 
Fledermausarten für seine Führungen aus dem Regal: Daneben türmt sich
allerlei Holzspielzeug: Figuren für ein 
Fledermaus-ärgere-dich-nicht-Spiel, Teile eines überdimensionalen 
Fledermaus-Puzzles und eine ganze Fledermaus-Kegelbahn, die im 
unteren Regalfach aufgebaut ist. "Eine Gruppe von Ein-Euro-Jobbern 
hat die Sachen gebaut, die wir jetzt auf Veranstaltungen wie der 
'Nacht der Fledermäuse' einsetzen", erklärt Kramer. "Die haben 
wirklich Spaß dran gehabt. Als sie nach einem halben Jahr gehen 
mussten, hatten sie richtig Tränen in den Augen". Fledermäuse sind 
Axel Kramers Leidenschaft. Seit 27 Jahren ist er aktiver 
Fledermausschützer, weshalb ihn das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) 
und die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) 2006 mit dem muna-Preis 
und 5.000 Euro Preisgeld ausgezeichnet haben. Die muna (Mensch und 
Natur) will die Menschen stark machen, die aus freien Stücken der 
Natur helfen. Sie motiviert die Preisträger, in ihrem Bemühen um den 
Schutz einer intakten Natur nicht nachzulassen, und animiert andere, 
ihnen nachzueifern. Seit 1980 baut Axel Kramer Fledermauskästen und 
hängt sie in seiner Umgebung auf. Seit elf Jahren bietet er in den 
Sommermonaten wöchentlich seine Fledermausführungen an.
Drei der 22 einheimischen Fledermausarten sind bereits 
ausgestorben, 13 laut roter Liste gefährdet oder vom Aussterben 
bedroht. Aber was kann man schon tun? Ist der Einzelne nicht machtlos
gegen Insektizide, Verkehr, Windkraftanlagen und die Vernichtung des 
Lebensraumes? Axel Kramer kennt das Wort Resignation nicht. Er weiß, 
dass penetrante, besserwisserische Schutzversuche keinen Erfolg 
haben. "Man muss die Leute für den Naturschutz begeistern und ihnen 
zeigen, welchen Nutzen sie davon haben." Bestes Beispiel: die 
Zusammenarbeit mit Frank Timpe, dem Kurdirektor des Ostseebads Dahme:
"Tourismus und Naturschutz arbeiten hier Hand in Hand zusammen. Wir 
haben ein zusätzliches touristisches Angebot und bekommen dadurch 
kostenlose Werbung." Dem Fledermausschützer ist das nur recht. Die 
Touristen lernen in ihrem Urlaub etwas über die Natur und tragen den 
Naturschutzgedanken mit nach Hause in das gesamte Bundesgebiet. "Die 
Leute müssen über die Gefahren um unsere Natur Bescheid wissen, denn 
um diese Tiergruppe ist es in Deutschland schlecht bestellt." Man 
merkt's ihm an: Der Mann lebt, was er sagt.
Axel Kramer bremst vor einem grauen Gebäude mit Flachdach. Er ist 
gerade mit dem Fahrrad auf dem Weg zum Kurpark. Drei schwarze Kästen 
mit einer weißen Fledermaus-Silhouette hängen neben einem Schild mit 
der Aufschrift "Kurverwaltung". "Hier an der Kurverwaltung und dort 
an dem Haus auf der gegenüberliegenden Seite haben wir erst vor 
wenigen Wochen neue Fledermauskästen angebracht", erzählt er. Über 
einhundert Hausbesitzer in Dahme haben sich mit solchen Kästen 
eingedeckt. Eine Edelstahl-Plakette weist deren Eigenheime als 
"fledermausfreundliches Haus" aus. Gebaut werden die Fledermauskästen
von einer Behindertenwerkstatt, den "Oldenburger Werkstätten". "Seit 
einem Jahr ist die Nachfrage nach den Kästen enorm gestiegen", sagt 
Kramer "Die kommen mit der Produktion gar nicht mehr nach." Der 
Verkauf der Kästen sichert sechs feste Arbeitsplätze in den 
"Oldenburger Werkstätten". "Damit hilft das Projekt nicht nur dem 
Naturschutzgedanken. Es hat auch einen sozialen und wirtschaftlichen 
Effekt", erklärt Kramer bevor er wieder auf seinen Drahtesel steigt.
Es ist ein schöner Tag. Die Sonne steht tief am Himmel. 
Geschotterte Gehwege durchziehen die weiten Grünflächen im Kurpark. 
Hohe Bäume bieten viel Schatten und lassen den Park groß erscheinen. 
Etwa 50 Leute tummeln sich auf dem einzigen gepflasterten Platz im 
Kurpark. Es sind nicht so viele  Besucher gekommen wie erwartet, an 
anderen Tagen sind es schon mal über 300. Um 21 Uhr geht es los: "Hat
hier jemand Angst vor blutsaugenden Fledermäusen?" nimmt Axel Kramer 
seine Gäste auf die Schippe, "Kreuz und Knoblauch hätte ich dabei." 
Die Menge lacht und stellt sich dichter um ihn herum. "Mit wem sind 
Fledermäuse verwandt? Weiß das jemand?" Stille. Die Leute blicken auf
den Boden, um auf jeden Fall zu vermeiden, angesprochen zu werden. 
Nur die kleine achtjährige Nina traut sich: "Mit der Maus". Kramer 
schüttelt grinsend den Kopf. "Die Fledermäuse sind näher mit Igeln 
verwandt", erklärt der Experte.
Die Sonne ist untergegangen und die Grillen zirpen energisch um 
die Wette. Damit weder die Eltern ihre Kinder, noch die Kinder ihre 
Eltern stören, gibt es heute Abend zwei Führungen. Die Mitarbeiter 
Frank Schütt und Helge Siems teilen die Fledermaus-Detektoren aus. 
Die Kleinen folgen den beiden Männern und halten sich sofort den 
Detektor ans Ohr. Jeder will als Erster eine Fledermaus finden. Auf 
einer kleinen Lichtung machen sie halt. Plötzlich beginnen die Geräte
in kurzen Abständen vier oder fünf Mal hintereinander zu knattert. 
Aufgeregt recken die Kinder ihre Köpfe in die Höhe und suchen 
aufmerksam den Himmel ab. "Da war eine", ruft der neunjährige Florian
und zeigt auf den dunklen Schatten einer flatternden Fledermaus. Am 
Ufer des Kurparkteiches treffen die Eltern mit den Kindern wieder 
zusammen. Es ist völlig dunkel, die Bäume und Sträucher sind nur noch
schemenhaft zu erkennen. Die Detektoren geben pausenlos Signale. Axel
Kramer schaltet beide Taschenlampen ein und zielt auf die 
Wasseroberfläche. Immer wieder sausen Fledermäuse durch den 
Lichtkegel der Lampe. Endlich lassen sich die Tiere ausgiebig 
beobachten.
Fledermaus-Vater Kramer hat mit seinem Engagement einen Stein ins 
Rollen gebracht. Die Bestände in der Region haben sich in den letzten
Jahren deutlich erholt. Vor drei Jahren ist Dahme als erster 
"Fledermausfreundlicher Ort" ausgezeichnet worden. Nachdem Kramer die
muna erhalten hatte, ist das Projekt auch über Dahme hinaus in die 
Schlagzeilen geraten. Andere Orte in Ostholstein und im gesamten 
Bundesgebiet haben die Idee übernommen und bringen Fledermauskästen 
an öffentlichen Gebäuden an. Resignation und Kapitulation vor den 
Umweltproblemen dieser Welt? Dem setzt Kramer beherztes Engagement 
entgegen. Und ist sich sicher, dass so auch andere Naturschützer 
ticken. Gespannt blickt er deshalb auf den 28. September, wenn im 
Zentrum für Umweltkommunikation der DBU in Osnabrück die muna ein 
weiteres Mal verliehen wird - 113 Naturschützer haben sich in diesem 
Jahr  um die muna 2007 beworben. Kramer weiß, was ihm und seinen 
Fledermäusen der Preis gebracht hat. Er packt seine Utensilien 
zusammen. Und während ihm eine Fledermaus ein letztes Mal um die 
Ohren zischt, wünscht er seinen Nachfolgern "viel Glück"! Und 
ergänzt: "Die Natur kann's brauchen..."
Ramon Brentführer/DBU

Pressekontakt:

Ansprechpartner
Franz-Georg Elpers
- Pressesprecher -
Ramon Brentführer
Anneliese Grabara

Kontakt DBU:
An der Bornau 2
49090 Osnabrück
Telefon: 0541|9633521
Telefax: 0541|9633198
presse@dbu.de
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