Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
DBU: Mobile Hochwasserschutzwände - bei Überflutung schnell geschützt
Ein Dokument
Bei Überflutungen infolge von Dauer- oder Starkregen, kann es innerhalb von wenigen Stunden lebensbedrohlich werden. Schnell und einfach aufbaubarer Hochwasserschutz ist dann gefragt. Ein cleveres und mittlerweile bis zu vier Meter hohes System aus Pfeilern, Stahlnetz und Plane hat ein Unternehmer aus Münster mit Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) erfunden, testen lassen und stetig weiterentwickelt. Eine Reportage.
Hiermit senden wir Ihnen eine Pressemitteilung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Über eine Veröffentlichung freuen wir uns. _____________________________________________________________________________
Bei Überflutung schnell geschützt
Mobile Hochwasserschutzwände halten Stand – DBU förderte
Rheine/Münster. Überschwemmungen im vergangenen Winter in Nord- und Mitteldeutschland sowie im Sommer im Süden und Südwesten machen klar: Hochwasservorsorge ist dringlicher denn je. Ein Pionier aus Münster hat vor zwei Jahrzehnten mit der Entwicklung mobiler Hochwasserschutzwände begonnen und stetig optimiert: Leicht aufbaubar, umweltschonend, geprüft und mittlerweile bis zu vier Meter hoch ist das innovative System. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) förderte das Vorhaben mit insgesamt rund 250.000 Euro. Beim Besuch in Rheine und Münster ging es um Schnelligkeit, Extremtests und Denkmalschutz.
Schneller und einfacher Aufbau ohne Transport
Die Ems fließt ruhig in ihrem Bett, mit Hochwasser ist gerade nicht zu rechnen. Vor einem Jahr war das anders: Da trat der Sandfluss bedrohlich über die Ufer. Drei Wochen lang war das Emshochwasser Topthema im westfälischen Münster und den ländlich geprägten Anrainer-Kreisen. Einsatzkräfte mussten an den Weihnachtsfeiertagen Sandsäcke stapeln und spezielle Hochwasserschutzwände errichten, um größere Schäden zu vermeiden – so auch unterhalb der Emsgalerie, einem großen Einkaufszentrum in Rheine. Genau dort, an der Straße Hohe Lucht, stellt sich Franz-Peter Heidenreich, Leiter des DBU-Referats Infrastruktur und Boden, auf eine im Fußweg eingelassene Metallschiene und lächelt: „Hier ist alles drin, was man braucht.“ Hinzu kommt der Inhaber des 2013 gegründeten Unternehmens Aquaburg, Hartmut Wibbeler, und nickt. In einer Betonrinne unter der Schiene verborgen und für Passanten unsichtbar, liegt ein komplettes Hochwasserschutz-System. Der Vorteil: „Ein Transport von eingelagertem Material wie Dammbalken ist nicht nötig“, erklärt Wibbeler. „Bei einer Hochwasserwarnung kann der Aufbau vor Ort gleich losgehen – das spart wertvolle Zeit, wenn‘s darauf ankommt.“ Das ist ein wichtiger Faktor bei Starkregen, denn spätestens seit der Flutkatastrophe im Juli 2021 in West- und Mitteleuropa, unter anderem im Ahrtal, weiß man in Deutschland, dass es innerhalb von wenigen Stunden lebensbedrohlich werden kann.
Viele Anfragen von Anrainer-Gemeinden kleiner Flüsse
Wibbeler will Heidenreich den Aufbau „seiner“ von der Stadt Rheine installierten Hochwasserschutzwände demonstrieren. Dafür holt der gelernte Maschinenschlosser lediglich eine Spezial-Stange aus seinem Auto: „Mehr Werkzeug braucht man nicht.“ Mit der Stange löst er den Sicherheitsmechanismus in der Metallschiene. Dann geht er in die Knie und entnimmt die erste in den Boden eingelassene Metallleiste, die als senkrechter Pfosten für die Hochwasserschutzwand dient. Sie wird im rechten Winkel zur Rinne auf den Boden gelegt. Einen Schritt weiter holt er den nächsten Pfosten aus der Rinne und legt ihn ebenfalls hin. „Anfragen gibt es seit der Flut-Katastrophe 2021 viele“, erzählt der Tüftler währenddessen. Oft melden sich ihm zufolge eher die Gemeinden kleinerer Nebenflüsse wie etwa Laue (beide Baden-Württemberg), Mulde (Sachsen), Vicht oder Inde (beide Nordrhein-Westfalen). „Die steigen bei Starkregen sehr schnell an und können große Schäden verursachen“, so der Unternehmer. Ein Beispiel: Die Inde in Eschweiler stieg nach den enormen Regenfällen vor drei Jahren innerhalb weniger Stunden von 40 Zentimeter auf mehr als 3,70 Meter. Das dortige St.-Antonius-Krankenhaus musste evakuiert werden. Zur Vorsorge wird nach Lösungen gesucht.
Extremtests zeigen Belastbarkeit der Anlagen
Am Emsufer in Rheine platziert Wibbeler weitere Pfosten. Mit Knieschonern ausgestattet, beginnt Aquaburg-Mitarbeiter Josef Winkels, Plane und Stahlnetz aus der Rinne zu ziehen. Schnell und effizient richten die beiden 63-Jährigen die Pfosten auf und hängen erst Stahlnetz, dann Plane oben ein – nach zehn Minuten steht die 1,20 Meter hohe und 15 Meter lange Hochwasserschutzwand. „Kinderleicht“, sagt Wibbeler. „Bei Extremtests durch die Technischen Universität Hamburg-Harburg hat mein Sohn sogar alleine eine 1,60 Meter hohe mobile Hochwasserschutzwand aufgebaut.“ Weitere Vorteile: „Im Vergleich zu klassischen Dammbalkensystemen benötigt dieser mobile Hochwasserschutz weniger Material und verursacht deshalb einen geringeren Kohlendioxid(CO2)-Ausstoß bei der Herstellung“, sagt Heidenreich. Zudem sind Wibbeler zufolge selbst bei hohem Wasserstand Kontrollen und kleine Nachbesserungen an den Bauteilen möglich. Wie wichtig das ist, zeigt uns Winkler anhand einer Dauertestanlage auf einem abgesperrten Gelände der Bundeswehr im etwa 45 Kilometer entfernten Münster. In einem Betonbassin hält eine mehr als vier Meter hohe Prototypenwand aus Pfosten, Netz und Plane dem immensen Druck einer rund 3,70 Meter hohen Wassersäule stand. Unter annähernd realen Einsatzbedingungen erfolgten mit Mitteln der Europäischen Union und des Landes Nordrhein-Westfalen sogenannte Druck- und Treibgutanpralltests. Ergebnis: „Das System ist sehr robust“, so Winkels. „Wir haben keine Beschädigungen festgestellt.“ Und weiter: „Selbst wenn die Plane leicht einreißt, ist eine Reparatur auf der trockenen Seite möglich“ – anders als bei Klappsystemen, deren Verschraubungen auf der Wasserseite liegen.
Versenkbares System optimal bei denkmalgeschützten Gebäuden
Neben Eschweiler hat Wibbeler zufolge auch die Barockstadt Passau Interesse gezeigt. Ein Grund: „Für den Denkmalschutz ist das im Boden versenkbare System der Aquaburg eine optimale Lösung“, so Heidenreich. Denn eine mehrere Meter hohe feststehende Betonwand – wie jüngst donauabwärts im Passauer Stadtteil Lindau errichtet – würde die touristisch attraktiven Fassaden der Altstadt dauerhaft verdecken. Zudem wird die Dreiflüssestadt zwischen Inn, Donau und Ilz immer häufiger von Hochwasser heimgesucht: 2002, 2013 und 2024 rief Passau nach Überschreiten des an der Donau kritischen Pegelstands von zehn Metern jeweils den Katastrophenfall aus. „Das Wetter ist infolge der Klimakrise völlig aus den Fugen geraten“, sagt Wibbeler. Die Mühen haben sich gelohnt: Inzwischen wurde der Hochwasserschutz bereits in einigen Städten in Deutschland und auch im Ausland installiert und zudem mit dem Effizienz-Preis NRW ausgezeichnet. Eine Hürde vor allem für die größeren Schutzsysteme ist aber noch zu nehmen: „Bei einem großen US-amerikanischen Industriesachversicherer wollen wir unser System zertifizieren lassen“, sagt Wibbeler. Für die Zukunft will er nicht nur hoch hinaus („Wir wollen auf acht Meter“), sondern zugleich einen Wartungsservice aufbauen. „Damit die Leute Vertrauen haben, dass so eine Anlage auch zehn oder zwanzig Jahre später noch funktioniert“, so Winkels.
Fotos nach IPTC-Standard zur kostenfreien Veröffentlichung unter www.dbu.de
Klaus Jongebloed - Pressesprecher - An der Bornau 2 49090 Osnabrück 0541|9633-521 www.dbu.de
Weiteres Material zum Download Dokument: PM-001-2025 PM Aquaburg.docx