Herzklappen: Risikoreiche Operationsmethode boomt - finanzieller Gewinn als Motivation
Hamburg (ots)
In deutschen Krankenhäusern wird bei Herzklappen-Implantationen anscheinend im großen Umfang gegen die Empfehlungen der kardiologischen und herzchirurgischen Fachgesellschaften verstoßen. Dies geht aus Recherchen des ARD-Magazins "Panorama" hervor. Dabei geht es um die risikoreiche Herzklappenimplantation per Katheter. Die Fachgesellschaften empfehlen diesen Eingriff derzeit ausschließlich für ältere Patienten mit Vorerkrankungen, die aus medizinischen Gründen nicht konventionell operiert werden können. Trotz der Richtlinien wird der Eingriff in mehr als 50 Prozent der Fälle an Patienten vorgenommen, die nicht zur entsprechenden Patientengruppe gehören. Das geht nach "Panorama"-Recherchen aus der aktuellen Leistungsstatistik der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie hervor.
Der Grund für den Boom der neuen Methode scheint auch finanzielle Motive zu haben. Der umstrittene Kathetereinsatz bringt den Krankenhäusern eine Fallpauschale von 35.000 Euro, die Fallpauschale der konventionellen Operation liegt bei lediglich 13.000 Euro. Friedrich-Wilhelm Mohr, Direktor der Klinik für Herzchirurgie am Herzzentrum Leipzig und Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Herzchirurgie (DGTHG): "Im Moment ist das erst mal im Vergleich zur offenen Operation eine attraktive Hausnummer, die da im Raum steht." Dabei ist das neue Verfahren objektiv gefährlicher für Patienten: Das Sterblichkeitsrisiko liege laut Aqua-Bundesauswertung 2009 beim kathetergestützten Eingriff bei neun Prozent, bei der konventionellen Operation bei unter zwei Prozent. Namhafte Herzchirurgen und Kardiologen deutscher Herzzentren äußerten gegenüber "Panorama" Zweifel an der Haltbarkeit der neuen Klappen. Beim Eingriff selbst käme es zudem zu gefährlichen Ablösungen von Gefäßmaterial, häufig säßen die Klappen nicht richtig und wiesen Undichtigkeiten auf.
Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen fordert, dass neue, riskante Behandlungsmethoden nur in spezialisierten Krankenhäusern durchgeführt werden dürften. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft schloss sich diesem Vorschlag an. Das Bundesgesundheitsministerium sieht keinen Handlungsbedarf und bestritt, dass die Fallpauschalen zu lukrativ gestaltet seien. "Panorama": Donnerstag, 23. September, 22.00 Uhr, Das Erste
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23. September 2010
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