BDZV - Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger e.V.
Ein Prozent mehr Umsatz auf niedrigem Niveau
Berlin (ots)
Zeitungsverlage investieren in neue Produkte und Geschäftsfelder / Schlechte Konjunktur und hohe Arbeitslosigkeit schwächen Leser- und Anzeigenmarkt
Nach drei Jahren mit schweren Umsatzeinbußen haben die Zeitungen das Geschäftsjahr 2004 wieder mit einem Umsatzplus in Höhe von einem Prozent abgeschlossen. Zwar sei es gelungen, die Einbrüche im Anzeigengeschäft zu stoppen, doch bestehe kein Grund zum Jubel, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Dietmar Wolff, anlässlich der Jahrespressekonferenz heute in Berlin.
Die Gesamterlöse stiegen um 88 Millionen Euro von 8,907 Milliarden Euro (2003) auf 8,995 Milliarden Euro. Die Vertriebsumsätze blieben stabil (+0,6 Prozent/4,2 Milliarden Euro). Das Anzeigen- und Beilagengeschäft stieg um 1,3 Prozent (2003: -10,1 Prozent) und lag (ohne Supplements) bei 4,74 Milliarden Euro (2003: 4,68 Milliarden Euro). Das Jahr 2004 habe erneut gezeigt, dass sich das Verhältnis von Vertriebs- und Anzeigenumsatz stark verändert habe. Bis zum Jahr 2000 galt die Faustregel: ein Drittel Vertriebsumsatz, zwei Drittel Anzeigenumsatz. Mittlerweile betrage das Verhältnis 53 Prozent Anzeigen zu 47 Prozent Vertriebsumsatz. In Ostdeutschland beliefen sich die Vertriebsumsätze sogar auf 55 Prozent der Gesamterlöse. Hier zeige sich die enorme Strukturschwäche der Regionen.
Der BDZV wies darauf hin, dass die Umsatzentwicklung 2004 dem Niveau von 1994 entspricht. Bei den Anzeigenumsätzen reiche es sogar zurück bis 1990/91. Demgegenüber stünden dynamisch gewachsene Kosten. Allein im Personalbereich hätten sich die Kostenbelastungen durch tarifliche Erhöhungen in den vergangenen zehn Jahren um 25 Prozent gesteigert. BDZV-Hauptgeschäftsführer Wolff führte aus, dass alle Zeitungsverlage in den vergangenen Jahren gezwungen waren, ihre Betriebsabläufe zu modernisieren und Strukturen zu verändern, um effektiver und preiswerter zu produzieren. Dabei hätten die meisten Verlage auch Personal abbauen müssen.
Als Hauptursache für das anhaltend schwache Anzeigengeschäft nannte Wolff die unverändert schlechte Wirtschaftslage. Solange die Konjunktur nicht anziehe, passiere auch wenig im Werbegeschäft. Vor allem die schwierige Lage im Einzelhandel schlage im für die Zeitungen sehr wichtigen lokalen Anzeigengeschäft schwer zu Buche.
Dass Zeitungswerbung - der mit Abstand größte Werbeträger mit einem Marktanteil von 23 Prozent - hervorragend funktioniere, belegen die aktuellen Anzeigenkampagnen der großen Handelsmarken. Gerade hier zeigten sich die Qualitäten des Mediums: hohe Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Leser; dazu komme das professionelle und seriöse redaktionelle Umfeld, das auf die Werbung abstrahlt. Außerdem erreiche die Zeitung 76 Prozent aller Deutschen über 14 Jahre. "Wer auf Qualität setzt und gleichzeitig viele Menschen erreichen will, kommt an der Zeitung nicht vorbei", betonte Wolff.
In den ersten vier Monaten des laufenden Jahres wuchsen die Umfänge der Anzeigen (nicht Umsätze) lediglich um 0,3 Prozent (Ost: -1,5 Prozent; West: +0,9 Prozent). Die einzelnen Rubriken: überregionale Anzeigen (+2,7 Prozent), lokale Anzeigen (-0,3), Stellen (+2,5), Immobilien (-3,5), Kfz-Rubriken (+4,4), Reise (+3,1), Veranstaltungen (-3,1), Familie (+2,5).
Der BDZV hob hervor, dass die Zeitungsunternehmen sich nicht nur mit der schwachen Konjunktur, sondern auch mit strukturellen Veränderungen im Markt auseinander zu setzen hätten. So habe das Internet den Rubrikenmarkt nachhaltig verändert. Doch seien die Verlage - teils in Kooperationen - gut aufgestellt. Dabei hätten die Zeitungen den Vorteil, Print und Online miteinander verknüpfen zu können.
Stabile Reichweite bei leichten Auflagenverlusten
Neben der schwachen Konjunktur spiegeln sich strukturelle Veränderungen auch im Lesermarkt wider: Zwar sei es erfreulich, so Wolff, dass die Reichweite der Zeitungen stabil sei und drei von vier Bürgern täglich mit der Zeitung erreicht würden. Auch weit über die Hälfte der Jugendlichen lese regelmäßig Zeitung. Damit liege Deutschland in der Weltspitze. Umso bedauerlicher seien jedoch die Auflagenverluste vieler Titel. Ursachen seien dabei vor allem die rückläufige Bevölkerungsentwicklung und die allgemein hohe Arbeitslosigkeit. "Wenn die Menschen weniger Geld im Portemonnaie haben, bekommt dies leider auch der Zeitungsmarkt zu spüren", beklagte Wolff. Vielerorts würden sich Haushalte zu einem Gemeinschaftsabo zusammenschließen. Dies erkläre, warum die Reichweite der Zeitung stabil bleibe, während der Zeitungsverkauf zurückgehe.
Im ersten Quartal des laufenden Jahres hatten die Zeitungen eine Auflage von 27,4 Millionen Exemplaren. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht dies einem Rückgang von 3,27 Prozent (Ostdeutschland: -3,61 Prozent/125.000 Exemplare; Westdeutschland: -3,2 Prozent / 802.000). Während die überregionalen Zeitungen eine stabile Auflage meldeten (1,64 Mio. Exemplare), mussten die lokalen und regionalen Zeitungen ein Minus von 2,33 Prozent hinnehmen (15,3 Mio. Exemplare / 1. Quartal 2004: 15,7 Mio.). Die Auflage der Kaufzeitungen ging um 3,8 Prozent auf 4,75 Millionen zurück (I. 2004: 4,9 Mio.). Rückläufig waren auch die Auflagen bei den Sonntagszeitungen (3,76 Mio. / I. 2004: 4,1 Mio.). Dabei schlug die Einstellung eines regionalen Sonntagstitels besonders zu Buche. Die Auflagen der Wochenzeitungen haben sich positiv entwickelt. Dass sie in der Statistik um 50.000 Exemplare von 1,99 auf 1,94 Millionen gesunken sind, ist auf den Wegfall eines Titels aus der Statistik zurückzuführen. In Deutschland erscheinen 359 wirtschaftlich selbstständige Tageszeitungen mit 1.538 Lokalausgaben. Damit ist der deutsche Zeitungsmarkt einer der vielfältigsten auf der Welt.
Neue Produkte, neue Geschäftsfelder
Der BDZV erklärte, dass die Verlage neben der Weiterentwicklung ihres etablierten Kerngeschäfts vermehrt auch neue Produkte und Dienstleistungen auf bislang nicht erschlossenen Geschäftsfeldern anbieten. Als Erfolg versprechenden Weg zu jüngeren Zielgruppen sehen die engagierten Häuser die Einführung der Tabloid-Zeitungen. Daneben sei auch das Internet für die Zeitungen ein wichtiger Informations- und Kommunikationskanal, um insbesondere junge Leute zu erreichen.
Bei den Engagements in neuen Geschäftsfeldern hätten sich die unternehmerischen Aktivitäten der Verlage bei der Postzustellung äußerst vielversprechend entwickelt. Mit ihrer logistischen Kompetenz und der engen Anbindung an die Haushalte in den jeweiligen Verbreitungsgebieten hätten Zeitungsverlage die besten Voraussetzungen, eine flächendeckende Postzustellung zu gewährleisten. "Es gibt kaum eine Institution, der die Menschen mehr vertrauen als ihrer regionalen Zeitung; deshalb vertrauen sie ihr auch gerne die Post an", so Wolff. Eine wichtige Grundlage für den wachsenden Erfolg der Verlage im Postgeschäft seien die Kooperationen der Zeitungsunternehmen untereinander.
Positiv habe sich auch das Zusatzgeschäft mit Büchern, CDs, DVDs und Reisen/Veranstaltungen gestaltet. Die bisherigen Erfahrungen zeigten, dass unter der Qualitätsmarke "Zeitung" auch andere Produkte und Dienstleistungen angeboten werden können. Dabei müsse jeder Verlag sensibel entscheiden, welche Zusatzleistungen er in sein Portfolio aufnimmt. Auf keinen Fall würden es die Verlage zulassen, die publizistische Qualität und Unabhängigkeit ihrer Zeitungen durch die zusätzlichen Aktivitäten zu vernachlässigen.
Zeitungsverleger gegen Schleichwerbung
Scharfe Kritik äußerte der BDZV an den Plänen der EU-Kommission, redaktionelle Fernsehinhalte für den gezielten, werbewirksamen Einsatz von Produkten und Dienstleistungen ("product placement") frei zu geben. Der "Marienhof"-Skandal habe gezeigt, in welchem Ausmaß die Zuschauer getäuscht werden können. "Es darf jetzt nicht darum gehen, Verbote zu lockern, sondern die aufgestellten Stoppschilder müssen endlich beachtet werden", sagte Wolff. Im Übrigen sei es nicht nachvollziehbar, wenn die EU-Kommission Werbebotschaften in den redaktionellen Teilen der Medien zulassen wolle, sie in Werbeblöcken und auf Anzeigenseiten jedoch einschränke oder ganz verbiete.
Nicht nur im Bereich der Werbung, auch bei publizistischen Fragen fürchten die Zeitungsverleger einen schädlichen Dirigismus durch die EU. So habe das Europäische Parlament die EU-Kommission aufgefordert, auf die Einführung eines so genannten Europäischen Medienkodex und eines Europäischen Medienrats zu drängen. Dahinter stehe die Idee, die freiwillige Selbstkontrolle der Medien EU-weit zu standardisieren und zu zentralisieren. Der BDZV steht diesem Vorhaben äußerst kritisch gegenüber. Auf keinen Fall dürfe durch diese EU-Aktivitäten der Deutsche Presserat als bewährte Institution der freiwilligen Selbstkontrolle beschädigt werden, so Wolff.
Handelsregisteranzeigen: Kritik an Bundesjustizministerium
Als Angriff auf die publizistische Funktion der Zeitung und ihre ökonomische Basis gleichermaßen wertete der BDZV den Plan des Bundesjustizministeriums, Handelsregisteranzeigen als Pflichtveröffentlichungen aus der Zeitung zu verbannen. Der BDZV habe in einer Studie nachgewiesen, so Wolff, dass diese Anzeigen insbesondere für Unternehmen eine wichtige Informationsquelle seien. Gerade für mittelständische Betriebe seien sie unverzichtbar. Die Pläne von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, wonach Handelsregisteranzeigen künftig nur noch zentral im Internet abgerufen werden sollen, seien nicht nur ein Schlag gegen die Zeitungen, denen wichtige Anzeigeneinnahmen verloren gingen, sondern gegen den gesamten Mittelstand. Die Zeitungen seien bestens geeignet, die Handelsregisterinformationen sowohl in der gedruckten Zeitung als auch auf einer dahinter liegenden Internetplattform abzubilden. Hier zeige sich die originäre Stärke der Zeitung, Print und Online zu verbinden.
Entwurf für Stalking-Bekämpfungsgesetz ändern!
Im Zusammenhang mit dem geplanten Gesetz zur Bekämpfung des so genannten Stalkings kritisierte der BDZV sowohl den Entwurf der Bundesregierung als auch die Vorlage des Bundesrates. Wenn künftig Gerichte darüber entscheiden sollen, ob eine Recherche zulässig ist oder nicht, sei dies eine Einschränkung der Pressefreiheit. In dem geplanten Gesetz, das die Verleger grundsätzlich unterstützen, müsse deshalb verankert werden, dass Journalisten bei der Ausübung ihres Berufes nicht vom Stalking-Bekämpfungsgesetz betroffen seien.
Reduzierten Mehrwertsteuersatz erhalten!
Mit einiger Sorge verfolgen die Zeitungsverleger die Diskussionen um eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Auf keinen Fall dürfe der reduzierte Mehrwertsteuersatz für Vertriebserlöse angetastet werden, sagte BDZV-Hauptgeschäftsführer Wolff. Die Zeitungen leisteten durch die Vermittlung von Nachrichten und Meinungen einen einzigartigen Beitrag zum gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben. Diese unverzichtbare öffentliche Funktion werde in allen Ländern der EU durch steuerliche Erleichterungen gefördert. Dabei schauten die deutschen Zeitungen voller Neid nach Belgien, Dänemark, Großbritannien, Norwegen und Finnland, wo der Mehrwertsteuersatz bei null liege. Ohnehin verzerre die Besteuerung der Vertriebserlöse den Wettbewerb zwischen entgeltlich verbreiteten Presseerzeugnissen und Rundfunkangeboten, die von der Umsatzsteuer befreit seien. Spätestens hier stelle sich die Grundsatzfrage, inwieweit es überhaupt gerechtfertigt sei, die Weitergabe von Informationen und Meinungen zu besteuern.
Der BDZV warnte des weiteren davor, im Zuge von steuerpolitischen Neuregelungen künftig die Zuschläge für die Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit in den Verlagen zu besteuern. Um ihrer publizistischen Funktion nachzukommen, nämlich aktuell und umfassend zu informieren, müssten Presseprodukte unter extrem erschwerten Bedingungen nachts und an Sonn- und Feiertagen produziert und zugestellt werden. Diese besondere Leistung diene dem Allgemeinwohl. Deshalb solle der Staat auch weiterhin einen Teil der besonderen Lasten der Zeitungsproduktion und -zustellung durch den Verzicht auf die Besteuerung der Lohnzuschläge mittragen.
Zeitungen unterstützen Fußball-WM 2006 / Kritik an Fifa
Zur Fußball-Weltmeisterschaft im kommenden Jahr führte der BDZV aus, dass alle Zeitungen ihren Beitrag leisten wollten, diese Veranstaltung zu einem Ereignis zu machen, das weit über den Tag hinaus wirken soll. Nicht nur bei den Zeitungen in den Austragungsorten, sondern in allen Redaktionen werde bereits an Konzepten gearbeitet, die Fußball-Weltmeisterschaft aus der Region heraus zu einem großen Gemeinschaftserlebnis werden zu lassen. Der BDZV kritisierte, dass dieses Engagement der Zeitungen von Seiten der Fifa geradezu behindert werde. So würden 28 der vorgesehenen 64 WM-Spiele erst um 21.00 Uhr angepfiffen. Da erfahrungsgemäß bei einer Reihe von Begegnungen mit Verlängerungen und Elf-Meter-Schießen zu rechnen sei, werde es für die Zeitungsredaktionen äußerst schwierig bis unmöglich, noch am nächsten Morgen mit Hintergrundberichten und Analysen aufzuwarten.
Die Kritik des BDZV richtet sich auch gegen die von der Fifa verordnete Einschränkung beim Gebrauch der WM-Logos, des WM-Maskottchens "GoLeo VI" und der WM-Trophäe. Diese Restriktionen führten zu einer unerträglichen Behinderung in der Berichterstattung, so BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff. Geradezu paradox sei es, dass das WM-Organisationskomitee zugleich erwarte, dass insbesondere die Zeitungen mit ihrer lokalen Stärke und Kompetenz alles dafür tun sollen, das WM-Motto "Die Welt zu Gast bei Freunden" zu befördern. "Grundsätzlich könnten die Zeitungen dieses leisten. Allerdings erwarten die Verantwortlichen in den Verlagen und Redaktionen, dass die Fifa die Rahmenbedingungen "zeitungsfreundlicher" gestalten", sagte Wolff. Dies habe das Medium verdient, denn kein anderes berichte täglich so intensiv über die schönste Nebensache der Welt, von der Kreisklasse bis zur WM, von den Bambinos bis zu den Alt-Herren.
Pressekontakt:
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E-Mail: pasquay@bdzv.de
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