Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zu Mindestlohn
Köln (ots)
Zu hoher Preis
MARKUS GRABITZ, Berlin, zum Thema Mindestlohn
Wenn Politiker Gesetze ma chen, muss das Wohl der Menschen oberste Priorität ha ben. Gesetze müssen sich da ran messen lassen, ob Miss stände beseitigt werden. Franz Müntefering würde es vermut lich so ausdrücken: Gesetze sind für den Menschen da - und nicht umgekehrt. Gestern hat das Bundeskabinett nun mit der Einigung über das Min destlohngesetz ein Vorhaben auf den Weg gebracht, das die sem Anspruch nicht gerecht wird.
Die Regierung hat erkannt: Ja, es gibt hierzulande einen Miss stand beim Lohn. Bis weit in die Reihen der Union ist man überzeugt: Immer mehr Men schen können von dem Gehalt, das ihr Vollzeitjob abwirft, nicht mehr leben. Gezahlt werden zum Teil Hungerlöhne von we nig mehr als drei Euro pro Stunde. Offensichtlich sind aber viele Menschen bereit, für wenig Geld zu arbeiten, um sich ja nicht arbeitslos zu mel den.
Doch was die Bundesregierung jetzt beschlossen hat, ist ein Kompromiss, der wenigen Be troffenen helfen wird: Bislang haben sich nur acht Branchen gemeldet, die über das Entsen degesetz Mindestlöhne anstre ben.
Union und SPD beteuern zwar, dass die Tarifautonomie ge wahrt bleibt. Hier sind aber al lergrößte Bedenken ange bracht. Zugegeben, die Hürde ist hoch, faktisch hat der Staat es aber künftig in der Hand, sich in die Lohnfindung einzu mischen. Dies hinterlässt einen schalen Beigeschmack. Zumal es noch nicht so lange her ist, dass sich der Ex-Monopolist Post über den erbittert er kämpften Mindestlohn lästiger Konkurrenten entledigt hat.
Festzuhalten bleibt: Das an gestoßene Gesetz zum Min destlohn hilft den Menschen wenig. Erhebliche verfassungs rechtliche Zweifel kommen hin zu: Der Staat maßt sich künftig ein Urteil darüber an, welcher Lohn angemessen ist, und ver greift sich damit an der Tarifho heit von Gewerkschaften und Arbeitgebern.
Dieser Preis ist zu hoch, wenn das Gesetz bei den Betroffenen nur Frust auslöst.
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