Kölnische Rundschau: zur Etatdebatte
Köln (ots)
In den Bundestag ist die Streitlust zurückgekehrt. Das ist nicht schlecht. Es gehörte zu den quälenden Seiten der großen Koalition, dass Parlamentsdebatten zu Orgien der Selbstbeweihräucherung verkamen, weil die meisten Abgeordneten zur Regierungskoalition gehörten. Wer dergestalt ohne wirkliche Konkurrenz war, konnte sich einem engagierten Meinungsstreit entziehen. Das hat sich geändert - im Prinzip. Das bürgerliche Lager und Rot-Rot-Grün stehen sich jetzt wieder als klare Konkurrenten gegenüber. Und eigentlich sollte das die Grundlage für spannende Gefechte sein, rhetorische und inhaltliche. Genau das aber ist das Enttäuschende: Gestritten wird mit harten Bandagen, markigen Anwürfen und gewürzten Formulierungen. Nur wird die wieder gestiegene Lautstärke nicht sachlich unterfüttert. Das Ergebnis: Worthülsen und Schaumschlägerei. Dass die Debatte ziemlich inhaltsleer war, lag nicht daran, dass die Zeiten keinen Stoff für politisch-inhaltlichen Disput lieferten. Wir sind inmitten der schwersten ökonomischen Krise der Republik. Da muss doch um Richtungen und Entscheidungen gerungen und gestritten werden. Und der Bundestag, nicht irgendwelche Hinterzimmer-Runden oder TV-Talk shows, ist der Ort dafür. Die Kanzlerin beließ es aber einmal mehr bei allgemeinen Betrachtungen und die Opposition bei einigen pfiffigen Sprüchen. Sehr schade. Noch ist alles ziemlich glimpflich abgelaufen, die Krise hat keine sozialen Einschnitte nötig gemacht und den Arbeitsmarkt erstaunlich geschont. Beides wird wohl nicht so bleiben. Also braucht es dringend eine fundierte Auseinandersetzung darüber, wer die Kosten der Krise zu schultern hat, wo gespart werden muss, wie Kürzungen sozial geracht gestaltet werden können. Die Regierung hat da eine Bringschuld. Die Kanzlerin beließ es wie ihr Finanzminister einen Tag zuvor bei dunkel raunenden Andeutungen. Das ist noch nicht einmal politisch-taktisch verständlich. Politik ist nicht auf Dauer erfolgreich, wenn sie nicht erklärt wird.
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