Kölnische Rundschau: zu Hartz-IV-Urteil
Köln (ots)
Das Verfassungsgericht hat nicht die Höhe der Hartz-IV- Regelsätze in Zweifel gezogen. Die Richter verlangen vom Gesetzgeber "nur", den finanziellen Bedarf von 6,8 Millionen Menschen, deren Lebensunterhalt auf Steuerzahlerkosten bestritten wird, ordentlich zu ermitteln. Dafür wird Arbeitsministerin von der Leyen noch einmal so gut wie komplett von vorne anfangen müssen. Die bisherige Berechnungsmethode ist zu Recht verworfen worden: Schließlich ist ein Kind eben mehr als ein zu 60 Prozent Erwachsener. Auch bei der Berechnung der Regelsätze für Erwachsene gibt es Unstimmigkeiten. So gewähren etwa Kommunen ihren Hartz-IV-Empfängern völlig unterschiedliche Vergünstigungen, die bei der Berechnung bisher nicht berücksichtigt wurden. Schlüssig ist auch die Logik der Anpassung der Hartz-IV-Sätze nicht: Sie stiegen bislang in dem Maße, wie die Bezüge von 20 Millionen Rentner angehoben wurden. Bei den Hartz-IV-Empfängern geht es aber nicht darum, Wohlstandsgewinne zu verteilen, sondern den finanziellen Grundbedarf abzudecken. Vermutlich wird am Ende herauskommen, dass der Staat noch mehr als heute - derzeit sind es 40 Milliarden Euro im Jahr - für Langzeitarbeitslose und ihre Familien ausgeben muss. Klar ist aber: Hartz IV in der bisherigen Form produziert Ungerechtigkeiten. Schon jetzt gibt es viele Beschäftigte, die mit regulärer Arbeit kaum mehr oder sogar weniger bekommen als Langzeitarbeitslose. Dies gilt umso mehr, wenn ein Hartz-IV-Bezieher Kinder hat und mit seinem Minijob gerade so viel verdient, dass ihm nichts angerechnet wird. Die Koalition muss bei der Neuregelung darauf achten, dass das Lohnabstandsgebot stärker gewahrt wird. SPD und Linke machen es sich zu einfach, wenn sie jetzt nach einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn rufen. In Spanien, Italien und Griechenland lässt sich derzeit besichtigen, was passiert, wenn das Lohnniveau ungeachtet der Produktivität steigt.
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