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Was wir längst hätten tun müssen
Kommentar von Raimund Neuß zu Konsequenzen aus dem Amtsantritt von Donald Trump

Köln (ots)

Er ist wieder da. Seit Montag, 18 Uhr MEZ, regiert Donald Trump die USA und versprach seinen Anhängern schon vor dem Start ein Dekret-Gewitter, wie sie es erwarten durften: Begnadigung von Putschisten, Maßnahmen gegen "Wokeness", Anti-Migranten-Razzien.

So bedenklich Trumps Schnellmaßnahmen sind, in den schlechten Nachrichten könnte eine gute stecken. Trump tut, was er sagt. Das hat Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz gesagt, und das stimmt. Trump handelt insoweit kalkulierbar. Aber Merz' Analyse muss ergänzt werden: Zu den Eigenschaften, mit denen man bei Trump fest rechnen muss, gehört seine Sprunghaftigkeit. Das brutale Demonstrieren von Macht. Das Sprengen aller Kontrollen. Das Spiel auf Gedeih und Verderb: die Ukraine retten oder fallenlassen? Elon Musks Geschäfte fördern oder seinen E-Autos den Subventionsstecker ziehen?

Kalkulierbar an Trump ist also vor allem sein rabiates Fordern. Wie weit er damit kommen wird, ist eine andere Frage. Seine Bohr-Parole "Drill, baby, drill" wird den weltweiten Trend zu Wind- und Solarenergie nicht umkehren. Und die Ukraine hat bereits im ersten Halbjahr 2024 auf Druck der US-Republikaner so gut wie keine US-Hilfe bekommen und dem russischen Druck dennoch standgehalten. Umgekehrt ist nicht erkennbar, welche Drohungen Trumps dem russischen Präsidenten Wladimir Putin dermaßen imponieren könnten, dass der beidrehen würde. Die Selbstüberschätzung, die hinter Trumps einschlägigen Ankündigungen steckt, könnte aber gefährlich werden.

Logischerweise hat Trump schon in seiner ersten Amtszeit alles in seiner Macht Stehende getan, um die EU zu schädigen. Denn die EU mit ihren 17 Billionen Euro Wirtschaftsleistung ist weniger leicht erpressbar, als es einzelne Staaten - auch große wie Deutschland - wären. Trump will EU- und Nato-Staaten vereinzeln und ihnen "Deals" nach seinem Gusto aufzwingen.

Auf ein solches Szenario hätten sich die Europäer längst, seit der ersten Amtszeit Trumps und eigentlich sogar seit George W. Bush, einstellen können. Es hätte zu den vornehmsten Aufgaben Deutschlands gehören müssen, den Weg zu mehr europäischer Eigenständigkeit zu fördern. Stattdessen betrieb man unter Gerhard Schröder (SPD) und Angela Merkel (CDU) eine Energiepolitik ohne jede Rücksicht auf die Nachbarn und ließ in der Rüstungspolitik die Zügel schleifen. Für Trump eine Einladung zu wilden Geldforderungen an Verbündete.

Entsprechend drastisch sind die Konsequenzen, die der nächste Bundeskanzler ziehen muss. Aber weder die Partei des aktuellen Favoriten Merz noch ihre Konkurrenten zeigen den Mut, zu sagen, was die fällige Politikwende kosten wird.

Dabei sollten wir uns nicht vormachen: Die Wahl von Donald Trump war kein Betriebsunfall, sondern eine extreme Folge historischer Prozesse, die vor Trump begonnen haben und nach ihm weitergehen werden. Die USA als vermeintliche Garantiemacht der westlichen Demokratien sind seit Jahrzehnten auf dem Rückzug, weltweit steigen autokratische Systeme auf. Daher wäre es fatal, zu glauben, wir müssten nur vier Jahre Trump überstehen und könnten danach weitermachen wie unter Schröder und Merkel. Die Gefahren, die sich in der Person Trump besonders drastisch manifestieren, werden auch nach der nächsten US-Präsidenteninauguration bestehen bleiben.

Pressekontakt:

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Raimund Neuß
Telefon: 0221/1632-555
print@kr-redaktion.de

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