ai fordert Schutz für bedrohte Menschenrechtler
56. UN-Menschenrechtskommission beginnt in Genf
Genf / Berlin (ots)
- Bitte Sperrfrist beachten: Freitag, 17.03.2000, 10.30 Uhr -
amnesty international dringt auf die Ernennung eines UN-Sonderberichterstatters für Menschenrechtsverteidiger / Wirtschaftliche und strategische Fragen dürfen nicht wichtiger sein als Menschenrechte / Kritik an mangelnder Entschlossenheit der UN-Menschenrechtskommission
amnesty international hat vor Beginn der am Montag beginnenden 56. Sitzung der UN-Menschenrechtskommission in Genf die Ernennung eines Sonderberichterstatters für Menschenrechtsverteidiger gefordert. "Wir erwarten von der deutschen Regierung, dass sie sich mit ihren EU-Partnern energisch für die Verwirklichung dieser Forderung einsetzt." erklärte Barbara Lochbihler, die Generalsekretärin der deutschen Sektion von amnesty international. "Die Bundesregierung hat Menschenrechtsfragen zu einem Schwerpunkt ihrer Politik erklärt. Jetzt muss sich zeigen, ob sie dies ernst meint."
Die Organisation betonte, ein Sonderberichterstatter für Menschenrechtsverteidiger könne entscheidend zum Schutz von Rechtsanwälten, Journalisten, Gewerkschaftern, Studenten, Angehörigen von Opfern, Vertretern von indigenen Gemeinschaften, Kirchen oder Religionsgemeinschaften sowie Mitgliedern nichtstaatlicher Organisationen beitragen, die weltweit bedroht, eingeschüchtert oder ermordet werden, weil sie für den Schutz der Menschenrechte anderer kämpfen. Alte und neue Eliten nutzen ihre Macht, um mit Hilfe von Polizei und Militär, von Todesschwadronen und paramilitärischen Einheiten Menschenrechtler zu verfolgen. Die Bedrohung geht auch von bewaffneten Oppositionsgruppen aus. "Allzu häufig sitzen aktive Menschenrechtler zwischen allen Stühlen und werden fälschlicherweise des Landesverrates oder Terrorismus verdächtigt. In einigen Staaten hat sich die Verfolgung zu einem festen Muster von Menschenrechtsverletzungen entwickelt." so die ai-Generalsekretärin. "Ihr Mut, mit dem sie die Mauer des Schweigens durchbrechen, ihr Eintreten für Menschen, die sich nicht wehren können oder dürfen, und schließlich das Beispiel, das sie durch ihr Handeln geben, verpflichten die internationale Gemeinschaft zur Solidarität. Menschenrechtsverteidiger treten nicht nur für Einzelpersonen, sondern für Personengruppen ein. Sie sind damit eine ganz wesentliche Keimzelle jeder zivilen Gesellschaft. Ein verstärkter Schutz aktiver Menschenrechtler kommt direkt der Durchsetzung der Menschenrechte zugute."
amnesty international kritisierte die mangelnde Entschlossenheit der jährlich sechs Wochen lang tagenden UN-Kommission für Menschenrechte. Häufig stünden Menschenrechte hinter politischen Kompromissen zurück. "amnesty international macht in diesem Jahr besonders auf die dramatischen Menschenrechtsverletzungen in China, Mexiko, Saudi-Arabien und Sierra Leone, sowie im Kosovo und in Tschetschenien aufmerksam. Hier ist die Kommission gefordert, die jeweiligen Regierungen zu verurteilen und in die Pflicht zu nehmen. Dabei darf nicht mit zweierlei Maß gemessen werden: Jedes Land muss ausschließlich nach der Schwere der Menschenrechtsverletzungen beurteilt werden, das wirtschaftliche oder strategische Gewicht eines Landes darf keine Rolle spielen. Im Interesse sogenannter Realpolitik hat die internationale Gemeinschaft schon viel zu lange geschwiegen."
In China hat sich die Menschenrechtssituation im Jahr 1999 dramatisch verschlechtert: Die Behörden verschärfen die Verfolgung politischer Oppositioneller mit jedem Tag. Die jüngsten Prozesse gegen Anhänger der Falun Gong Bewegung endeten mit drakonischen Urteilen. Jedes Jahr werden in China mehr Menschen hingerichtet als in allen anderen Ländern der Welt zusammen. "Eine schwache und unentschlossene Reaktion der Kommission auf diese Menschenrechtsverletzungen wäre ein Schlag ins Gesicht der Opfer und würde die chinesischen Behörden in ihrem Handeln bestärken." mahnte Barbara Lochbihler.
amnesty international fordert eine gemeinsame Resolution der Mitglieder der UN-Kommission gegen die Todesstrafe: Alle bereits verhängten Urteile sollten ausgesetzt, in einem ersten Schritt zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe sollen geistig Behinderte und zum Tatzeitpunkt unter 18-jährige von Hinrichtungen ausgenommen werden. "Im Jahr des ,Moratorium 2000' für einen weltweiten Hinrichtungsstopp darf auch die UN-Kommission nicht zurückstehen," so Barbara Lochbihler. Seit Jahren gibt es einen eindeutigen Trend zur Abschaffung der Todesstrafe: Inzwischen ist sie in 72 Staaten für alle Tatbestände abgeschafft, in 13 weiteren Staaten kann sie nur noch für außergewöhnliche Straftaten wie Kriegsverbrechen verhängt werden. In weiteren 22 Ländern wird die Todesstrafe in der Praxis nicht mehr angewandt. Dem stehen 88 Staaten gegenüber, in denen die Todesstrafe noch praktiziert wird.
Wenn Sie Nachfragen haben oder ausführliche Informationen zu Menschenrechtsverletzungen in den genannten Ländern oder zur Todesstrafe weltweit benötigen, wenden Sie sich bitte an:
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