amnesty international kritisiert Polizeiübergriffe in Österreich
Bonn (ots)
Sperrfrist: 24. März 2000, 10.30 Uhr MEZ!
22-seitiger Bericht über Misshandlungsvorwürfe vorgelegt
Viele Übergriffe von rassistischen Beschimpfungen begleitet
Nur wenige Anzeigen führen zu gerichtlichen Untersuchungen
Gegenanzeigen üblich
Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) erhebt in einem neuen Bericht massive Vorwürfe gegen die österreichischen Behörden. Aufgezeigt werden polizeiliche Misshandlungen mit Pfefferspray, Schlägen und Tritten. Die Opfer waren meist Ausländer oder Österreicher ausländischer Herkunft. Die Übergriffe wurden in vielen Fällen von rassistischen Beschimpfungen begleitet. amnesty international kritisiert, die Behörden hätten die Vorfälle weitgehend ignoriert und es bisher versäumt, wirksame Maßnahmen zu ihrer Verhinderung zu ergreifen.
In dem heute in Wien vorgestellten ai-Bericht "Österreich vor dem UN-Ausschuss gegen Folter: Verdachtsmomente zu polizeilichen Misshandlungen" werden zahlreiche von der Menschenrechtsorganisation recherchierte Fälle dokumentiert. Berichte von Augenzeugen sowie medizinische Gutachten unterstreichen die erhobenen Vorwürfe gegen die Polizeibeamten. Die Opfer der berichteten Übergriffe sind mehrheitlich Schwarze.
amnesty international kritisiert vor allem die schleppenden Untersuchungen nach Misshandlungsvorwürfen. Die Untersuchungen seien nicht nur viel zu langsam, sondern oft auch nicht sorgfältig durchgeführt worden. Nur in wenigen Fällen wurde das Verhalten der Beamten von einem unabhängigen Gericht untersucht. Im Gegenzug müssen die Opfer mit Gegenklagen und Diffamierungen rechnen.
So wurde beispielsweise ein nigerianischer Staatsbürger wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt, Körperverletzung und Sachbeschädigung angeklagt, nachdem er von Polizisten misshandelt worden war. Er hatte im Juli 1999 in St. Pölten beim Auto auf seine Frau und seine zwei Kinder gewartet, als Polizisten ihn aufforderten, den Ausweis zu zeigen. Nachdem er ihnen geantwortet hatte, seine Papiere befänden sich im Wagen und er die Dienstnummer der Polizisten verlangt hatte, eskalierte die Situation: Der Nigerianer wurde zu Boden geworfen, getreten und mit Pfefferspray besprüht. Schließlich musste er 26 Tage lang in Gewahrsam, weil er die Beamten beleidigt haben soll. Er wurde darüber hinaus zu einer achtmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Der Verurteilte hatte einem Polizisten in die Hand gebissen, als dieser versuchte, ihm Pfefferspray in den offenen Mund zu sprühen. Die Beamten sind bislang nicht juristisch belangt worden.
amnesty international kritisiert auch die mangelnden Schutzmaßnahmen bei Abschiebungen. Im Mai 1999 war der 25-jährige Nigerianer Marcus Omofuma bei einer Abschiebung ums Leben gekommen. Beim Flug nach Sofia war er von drei polizeilichen Begleitern an den Sitz gefesselt worden, Mund und Teile der Nase wurden zugeklebt. In Bulgarien musste ein Arzt den Tod durch Ersticken diagnostizieren.
Besorgt zeigt sich die Menschenrechtsorganisation auch über die rassistische Sprache, die mit einigen Misshandlungen einherging. Die österreichischen Behörden wurden deshalb wiederholt dazu aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um diese Tendenzen zu stoppen. Auch nach der Misshandlung eines österreichischen Staatsbürgers schwarzer Hautfarbe im November 1998 forderte amnesty international entsprechende Schritte. Der Mann war nach einem geringfügigen Verkehrsdelikt von einer Polizeistreife misshandelt worden. Dabei fielen Ausdrücke wie «Nigger» oder «macht ihn lahm, dass er nicht mehr gehen kann». Das Opfer musste nach dem Vorfall für elf Tage in krankenhausärztliche Behandlung.
Der UN-Ausschuss gegen Folter hat sich im vergangenen November ausführlich mit der Situation in Österreich beschäftigt. Um polizeiliche Misshandlungen künftig verhindern zu können, schlägt amnesty international ergänzend zu den Empfehlungen der Vereinten Nationen unter anderem eine unparteiische Beschwerdemöglichkeit, die Verbesserung der Ausbildung von Polizeibeamten sowie den umgehenden Zugang zu einem Rechtsanwalt und zu einer medizinischen Fachperson nach der Festnahme vor. Auch Videoaufnahmen bei Verhören könnten dazu beitragen, Misshandlungen zu verhindern.
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