Deutsche Gründer- und Unternehmertage (deGUT)
"Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern das Weitertragen der Glut!"/ Annette Roeckl (Roeckl Handschuhe & Accessoires) über Chancen und Herausforderungen bei einer Unternehmensnachfolge
Berlin/Potsdam (ots)
Annette Roeckl leitet seit 2003 als erste Frau in sechster Generation das Unternehmen Roeckl Handschuhe & Accessoires GmbH & Co.KG als geschäftsführende Gesellschafterin. Das Münchner Familienunternehmen Roeckl steht für Handwerkskunst bei der Herstellung von Handschuhen und Accessoires: Aus bis zu 24 Einzelteilen werden die Modelle gefertigt und von Hand genäht. Dadurch sitzt ein Handschuh von Roeckl wie eine zweite Haut. 1839 von Jacob Roeckl als Handwerksbetrieb nebst Ladengeschäft gegründet wuchs die Firma in den folgenden Jahrzehnten zu einem erfolgreichen Unternehmen: 1873 war Roeckl "Königlich Bayerischer Hoflieferant" und belieferte neben Bayerns König Ludwig II. auch die österreichische Kaiserin Elisabeth ("Sissi") mit seinen Produkten. Heute ist Roeckl europäischer Marktführer und beschäftigt rund 300 Mitarbeiter in Deutschland und im europäischen Ausland. Annette Roeckl erzählt von ihren unternehmerischen Erfahrungen im Forum zum Thema Unternehmensnachfolge auf den Deutschen Gründer- und Unternehmertagen (deGUT) am 21.10.2011 ab 10.30 Uhr sowie im Filmporträt auf www.degut.de
Annette Roeckls Weg ins Unternehmen
Es war für Annette Roeckl nicht von Anfang an klar, dass sie das Unternehmen einmal übernehmen würde. Im Gegenteil: "Es gab durchaus Phasen in meiner Jugend, in denen ich nichts mit dem Unternehmen zu tun haben wollte." Bis zum Alter von 20 Jahren trug sie aus Prinzip keine Handschuhe: "Als Jugendliche hatten Handschuhe eine eher polarisierende Wirkung auf mich. Handschuhe standen für meine Familie, für die Tradition und waren für mich in manchen Zeiten wie ein Korsett, in dem ich nicht stecken wollte", so die Unternehmerin. Heute geht sie "ohne" gar nicht mehr aus dem Haus, Handschuhe sind für sie ein täglicher und wichtiger Begleiter. Es waren die äußeren Umstände, die ihren Weg ins Unternehmen ebneten: Mit 21 Jahren wurde sie Mutter, hatte keine Berufsausbildung und fing daher aus pragmatischen Gründen eine Ausbildung zur Handelsfachwirtin bei Roeckl an. In dieser Zeit entdeckte sie ihre Liebe zu Handschuhen und zur Marke und fasste den Entschluss, das Unternehmen in die Zukunft führen zu wollen. Roeckl: "Ich merkte plötzlich: Tradition ist etwas Spannendes, gar nichts Verstaubtes."
Die Planung der Nachfolge
Als klar war, dass neben Annette auch ihr Bruder Stefan die Nachfolge antreten will, teilte ihr Vater die Firma in zwei voneinander unabhängige Unternehmen auf: Stefan Roeckl übernahm "Roeckl Sport" und Annette Roeckl führt "Roeckl Handschuhe und Accessoires" bis heute eigenverantwortlich. Im Rückblick ist Annette Roeckl froh über diese Aufteilung: "Es war kein einfacher Weg, ein erfolgreiches, gewachsenes Unternehmen zu trennen und zwei Erfolgsmodelle daraus zu entwickeln. Aber rückblickend erwies sich diese Entscheidung als sehr weise." Ihr Vater habe das Unternehmen sehr konsequent übergeben und sich sehr konsequent aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Trotz dieser Konsequenz verlief die Übergabe des Unternehmens nicht abrupt, sondern organisch. Auf Wunsch der Tochter betreute ihr Vater z. B. noch eine Weile den Ledereinkauf: "Das hat mir sehr geholfen und hat ihm gleichzeitig den Ausklang aus dem Unternehmen erleichtert", erzählt Annette Roeckl. "Wir haben uns in diesem Bereich auch Coaches und Berater hinzugezogen - das würde ich auch jedem Unternehmensnachfolger dringend empfehlen: Zum einen die Thematik in der Familie ansprechen und zum anderen auch externe Expertise in den Übergabeprozess zu integrieren." Und noch einen weiteren Tipp möchte die deGUT-Repräsentantin gern weitergeben: "Ich kann jedem Nachfolger nur raten: Treffen Sie Ihre Entscheidungen aus tiefster Überzeugung, seien Sie sich Ihrer neuen Herausforderung bewusst und bringen Sie eine große Portion Leidenschaft mit!"
Hürden bei der Übernahme
Obwohl die Übergabe gut organisiert war, hatte es Annette Roeckl nicht immer leicht: "Als ich das Unternehmen von meinem Vater übernommen habe, stand mein Vater als Garant für stabiles Unternehmertum. Da kommt dann auf einmal eine junge Nachfolgerin als ein unbeschriebenes Blatt. Ich habe gerade bei externen Geschäftspartnern eine gewisse Skepsis gespürt, die ich durchaus als angespannte Situation empfunden habe." Auf ihr lastete auf einmal eine große Verantwortung, das Familienunternehmen in die Zukunft zu führen. Sicherlich traf sie auch das ein oder andere Mal eine Entscheidung, die sich im Laufe der Jahre als falsch erwies. Annette Roeckl sieht dies aber gelassen, denn: "Wenn ich die Entscheidung nicht treffe, wird sie auch nicht getroffen; wenn ich keine Weichenstellung vornehme, erfolgt auch einfach keine. Schwierigkeiten und Krisen sind immer auch Aufforderungen, die Warnung darin zu erkennen, dass ich irgendetwas falsch mache."
Zukunftsvisionen
Annette Roeckl ist es wichtig, Tradition und Moderne zu verbinden: "Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern das Weitertragen der Glut." Sie setzte auf Internationalisierung und erweiterte die Produktpalette - neben Lederhandschuhen, Seidentüchern und Strickaccessoires bietet Roeckl seit drei Jahren auch eine eigene Taschenkollektion. Diesem Weg möchte sie auch weiterhin treu bleiben. Lederhandschuhe bleiben Roeckls Kernkompetenz, die Produktpalette wird aber immer mit spannenden Neuerungen erweitert werden. Wie z. B. mit einem Handschuh, mit dem man Touchscreens bedienen kann: Das Unternehmen hat ein Patent entwickelt, mit dem die Leitfähigkeit der Haut auch durch ein warmes Kaschmirfutter an die Außenseite der Handschuhe gebracht wird und so ein Display auch bei niedrigen Temperaturen mit warmen Händen bedient werden kann.
Über die deGUT:
Die 27. deGUT findet am 21. und 22.10.2011 im Hangar 2 des Flughafen Tempelhof in Berlin statt. Mit rund 6000 Teilnehmern/innen und über 120 Ausstellern aus ganz Deutschland und einem umfangreichen, kostenlosen Seminar- und Workshopprogramm ist die deGUT eine der wichtigsten Messen rund um das Thema Existenzgründung und Unternehmertum. Experten und Berater von Banken, Wirtschaftsverbänden, Kammern und anderen Institutionen sowie erfolgreiche Unternehmer/innen informieren über alles, was man bei einem Start in die Selbstständigkeit wissen muss. Aber auch Unternehmen, die sich bereits etabliert haben, erfahren auf der deGUT viel Wissenswertes zu Themen wie Marketing, Verkauf, Recht oder Personal.
Seit 2008 wird die deGUT von der Investitionsbank Berlin (IBB) und der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) veranstaltet. Gefördert wird die Messe von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen des Landes Berlin und dem Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg aus Mitteln der Länder und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Schirmherr ist der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Dr. Philipp Rösler.
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