Abschied von der absoluten Mehrheit?
Parlamentswahlen in Südafrika am 29. Mai
Berlin, Johannesburg (ots)
Nach 30 Jahren wird der African National Congress (ANC) bei den Parlamentswahlen am 29. Mai in Südafrika voraussichtlich seine absolute Mehrheit verlieren. Zwar wird der ANC mit 40 bis 45 Prozent der abgegebenen Stimmen, so die jüngsten Prognosen, nach wie vor die mit Abstand stärkste Fraktion stellen und damit auch die zukünftige Regierung anführen. Doch für eine Mehrheit im Parlament muss ein Koalitionspartner her, zwei sehr unterschiedliche Parteien bieten sich hier vor allem an.
"Zum einen die liberal-konservative Democratic Alliance (DA). Sie liegt auf Platz zwei in der Wählergunst, schließt eine Koalition zwar inzwischen nicht mehr aus, doch die Gemeinsamkeiten mit dem ANC sind sehr überschaubar. Zum anderen die voraussichtlich drittstärkste Kraft, die linksextreme Partei Economic Freedom Fighters (EFF). Sie fordert unter anderem eine Verstaatlichung von Schlüsselindustrien und eine Umverteilung von Land. Auch hier gibt es deutliche Differenzen. Dann gibt es noch die Umkhonto we Sizwe (MK) des gerade von der Wahl ausgeschlossenen Ex-Präsidenten Zuma und über 50 weitere kleinere Parteien. Eine Regierungsbildung wird also nicht ganz einfach", erklärt Jenny Tala von Germany Trade & Invest (GTAI) in Johannesburg.
Dabei steht Südafrika vor enormen Herausforderungen. Vetternwirtschaft und Korruption lähmen die Wirtschaft, die unsichere Energieversorgung ist für das mit Abstand am weitesten entwickelte Land in Subsahara-Afrika ein riesiges Problem. Trotzdem entfallen über zwanzig Prozent der Wirtschaftsleistung der gesamten Region auf Südafrika, aus deutscher Sicht ist es fast die Hälfte des gesamten Handels mit Afrika.
"Deutsche Automobilhersteller produzieren schon seit langem in Südafrika, sowohl für den hiesigen Markt als auch für den Export. Rund 600 Mittelständler sind hier aktiv, die deutsch-südafrikanischen Wirtschaftsbeziehungen sind historisch gewachsen. Grundsätzlich ist das Potenzial des Landes riesig, zum Beispiel auch für Ingenieursdienstleistungen in den Bereichen Wasseraufbereitung, Energie, Straßen- und Schienenbau sowie Hafenlogistik. Doch die Investitionen erfolgen nur schleppend. Die hier engagierten Unternehmen haben aber eine eher mittel- bis langfristige Perspektive auf Südafrika und die ist pragmatisch gut.", so Jenny Tala weiter.
Kurzfristig gesehen sei die Stimmung in der Wirtschaft allerdings eher unsicher. Zwar gebe es beispielsweise einen parteiübergreifenden Konsens über den dringenden Handlungsbedarf im Infrastrukturbereich, das heiße aber nicht, dass hier schnelle und nachhaltige Lösungen in Sicht seien. Hinzu komme: "Die industriepolitischen Interventionen des Staates und die Klientelpolitik würden bei einer Koalition des ANC mit den EEF oder der MK nicht abnehmen, dafür aber der Populismus und die Staatsverschuldung wohl zunehmen", erklärt die Südafrika-Expertin. "Eine Koalition des ANC mit der wirtschaftsfreundlichen DA ist vorstellbar, doch die Unterschiede in den Parteiprogrammen und Ausrichtungen könnten für Stillstand und eine Verzögerung der dringend nötigen Reformen sorgen. Um sich größeren Einfluss zu sichern, dürfte es für den ANC daher attraktiver sein, eine Koalition mit einer oder mehreren kleineren Parteien einzugehen."
Weitere Informationen finden Sie auf unserer Länderseite zur Wirtschaft in Südafrika (gtai.de)
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