Bayerisches Fernsehen
Sonntag, 19. August 2007, 22.15 Uhr
Reportage am Sonntag
Knieprothesen und Designertaschen
Arabische Touristen in Bayern
München (ots)
Reportage von Wolfgang Scholz
München im Sommer 2007: Exotische, fremdländisch anmutende Gestalten in langen schwarzen Gewändern dominieren das Straßenbild. Je hochpreisiger die Geschäfte, desto höher die Dichte an streng verschleierten Luxus-Shoppern. Münchens edelste Einkaufsmeile, die Maximilianstraße, ist längst fest in der Hand betuchter Besucher aus dem Morgenland. Vereinzelt sieht man noch Durchschnittstouristen in Trägerhemdchen und kurzen Hosen, doch zurzeit machen Gäste aus dem arabischen Raum fast zwei Drittel aller Besucher aus. Sie geben das meiste Geld aus und bleiben am längsten. Für Münchens Hoteliers ist das ein Märchen aus 1001 Übernachtungen. Schnell haben sie sich auf die Bedürfnisse der neuen Zielgruppe eingestellt, versorgen Luxussuiten mit Gebetsteppich, Koran und Kompass (damit der Gast sich beim Gebet korrekt gen Mekka ausrichten kann), entfernen alkoholische Getränke aus den Minibars und Aktdarstellungen von den Wänden. Selbst Wasserpfeifen und orientalische Sisha-Zelte haben Einzug gehalten in die eleganten Lobbys gehobener Hotels.
Die Gäste honorieren das kulturelle Entgegenkommen mit großzügigem Konsum. Im großen Familienclan reisen sie an, mieten gleich ganze Etagen und bleiben wochenlang. Noch nie gab es in München so viele arabische Touristen wie in diesem Jahr. Aber was zieht sie an?
Obwohl ihnen die Grundpfeiler weißblauer Gemütlichkeit - Bier und Schweinsbraten - ein Greuel sind, schätzen sie neben den Einkaufsmöglichkeiten vor allem die Sauberkeit und Sicherheit, die die bayerische Landeshauptstadt auszeichnen. Das gemäßigte Klima ist ein Anziehungsfaktor, die exzellenten medizinischen Behandlungsmöglichkeiten ein anderer. Schon lange lassen sich zahlungskräftige Patienten aus dem arabischen Raum bevorzugt in Kliniken in und um München behandeln. Geld spielt keine Rolle. Auch die Gesundheitsdienstleister haben sich bereits auf die Kundschaft aus dem Orient eingestellt: speziell auf die religiösen Gewohnheiten abgestimmte Behandlungszeiten und Umgangsformen, geschächtetes Fleisch auf dem Speiseplan, moscheeartige Gebetsräume in den Klinikgebäuden, arabische Fernsehprogramme auf den Krankenzimmern, Dolmetscher, Limousinen-Service etc.
Am häufigsten werden Knieprothesen nachgefragt, und auch diese Tatsache beruht auf kulturellen Besonderheiten: Für Araber ist es aufgrund ihrer Gebetsrituale wichtig, noch bis ins hohe Alter gut und lange knien zu können. Nicht umsonst hat sich für ein besonders bewegliches künstliches Knie schon der Begriff "Dubai-Prothese" eingebürgert.
Edle Designertaschen und exzellente Knieprothesen können sich nicht nur die Allerreichsten, die Mitglieder der Königsfamilien und Herrschereliten, leisten. Auch arabische Durchschnittsfamilien sind sehr solvent und nehmen die Segnungen der westlichen Welt zunehmend in Anspruch und am liebsten eben in München. BR-Reporter Wolfgang Scholz hat Prinzen und "Normalbürger" zwischen Luxushotels, Krankenhäusern und Edelboutiquen beobachtet.
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