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Samstag, 15. Juli 2000, 11.00 Uhr
Das Notizbuch am Samstag
München (ots)
Die Hexen von Triora
- Ein ligurisches Bergdorf zwischen Inquisition und Touristenattraktion -
Eine lebensgroße weibliche Schaufensterpuppe ist - halb nackt und mit kahlgeschorenem Schädel - auf einen Holztisch geschnallt. An den Wänden hängen Nachbildungen und Fotos von Daumen- und Beinschrauben, vom Spanischen Bock und vom Schwitzkasten, vom Rad, auf das man Beschuldigte gebunden hat, und von der Lederpeitsche mit zackigen Metallstücken an ihren Enden. Die Folterwerkzeuge aus dem Mittelalter sind im volkskundlichen Museum von Triora zu sehen und erzählen von der dunklen Vergangenheit des kleinen ligurischen Bergdorfes hoch oben in den italienischen Seealpen: Man schrieb das Jahr 1587. Eine Hungersnot hatte das bisher so wohlhabende Triora heimgesucht. Verantwortlich wurden kräuterkundige Frauen gemacht, die angeblich mit dem Teufel paktierten. Eine wilde Hexenjagd begann. Hunderte von Frauen wurden verhört und verhaftet. Schon neunjährige Mädchen kamen vors Inquisitionsgericht. Viele überlebten Folter und Torturen nicht. Noch heute spielen Hexen und Magie eine wichtige Rolle im Volksglauben von Triora. Findige Geschäftsleute haben außerdem beschlossen, aus dem deprimierenden Kapitel der Vergangenheit touristisches Kapital zu schlagen: "Komm nach Triora, komm ins Dorf der Hexen" lautet der Werbeslogan und lockt tatsächlich zunehmend neugierige Strandurlauber hinauf ins mittelalterliche Bergdorf.
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