Bayerisches Fernsehen
Dienstag, 19. November 2002, 22.35 Uhr
/ KOMPASS Auslandsreportage
München (ots)
Brücken über die Drina - Am blutigsten Grenzfluss Europas
Autor: Peter Miroschnikoff
Einst trennte die Drina Ost und West, war für die Christenheit der Grenzfluss zwischen Rom und Byzanz. Nach 500 Jahren Osmanenherrschaft reichte die türkische Macht zuletzt noch bis Bosnien, während am anderen Ufer schon Serbien erstarkte. In beiden Weltkriegen tobten entlang des Flusses erbitterte Kämpfe. Und in den letzten Balkankonflikten war die ostbosnische Grenzregion Schauplatz von entsetzlichen Massakern bei der "ethnischen Säuberung". Die Reportage zeigt eine atemberaubend schöne Flusslandschaft, die viele Touristen anziehen könnte. Aber am Beispiel von blutigen Konflikten an vier Brücken wird anschaulich, warum sich heute kaum jemand nach Ostbosnien traut. Dabei hat einst Nobelpreisträger Ivo Andric die Geschichte der osmanischen Brücke in Visegrad verewigt, an der jetzt ein zum Kriegsverbrechertribunal in Den Haag geladener Zeuge schildert, wie er muslimische Mitbürger in die Drina werfen musste. Von einem multireligiösen und multiethnischen Zusammenleben ist auch in Zvornik nichts geblieben. Die dortige Grenzbrücke ist vor allem strategisch wichtig, diente den Serben für ihren Militärnachschub im Bosnienkonflikt Ein Dolmetscher und Polizist will hier aber zumindest muslimischen Nachbarn geholfen haben, sich bei Kriegsbeginn auf die andere Drina-Seite in Sicherheit zu bringen. In der Enklave Gorazde konstruierten Muslime unter Beschuss der serbischen Belagerer eine Brücke unter der Brücke. Nur so konnten sie Kranke und Verwundete noch ins Spital ans andere Ufer bringen. In der heutigen bosnischen Serbenhochburg Foca bauten Bundeswehrpioniere eine Pontonverbindung, nachdem die Nato die Drinabrücken zerstört hatten. Deutsche Soldaten versuchen über Kontroll- und Schutzfunktionen hinaus zwischen den Volksgruppen zu vermitteln. Sie leisten, so weit finanziell möglich, auch humanitäre und Wiederaufbauhilfe. Bei der serbischen Kommunalverwaltung wird aber darauf gedrängt, die versprochene Wiedererrichtung der berühmten Aladza-Moschee zuzulassen. Die vereinbarte Rückführung von muslimischen Flüchtlingen muss weiterhin abgesichert werden, ohne Illusion, um ein Zusammenleben wie in früheren Jahrhunderten erzwingen zu können. Realisiert wurde die Reportage vor Ort durch ein multiethnisches Team.
ots-Originaltext: BR Bayerischer Rundfunk
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