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Vorwürfe gegen "Matratzen Concord": Betriebsrat wird systematisch schikaniert
"Report Mainz", 4. April 2017, um 21:45 Uhr im Ersten

Mainz (ots)

Europas größter Matratzenhändler "Matratzen Concord" soll systematisch versucht haben, die Gründung eines Betriebsrats zu behindern. Diesen Vorwurf erhebt jetzt der einzige Betriebsratsvorsitzende im Unternehmen, Karsten Knoke, im ARD-Politikmagazin "Report Mainz". Demnach habe "Matratzen Concord" mit Geldangeboten, Versetzungen und Degradierung die Gründung des Betriebsrats zu verhindern versucht. Seit Juli vergangenen Jahres gibt es einen Betriebsrat, allerdings nur im Verkaufsbezirk Braunschweig. "Matratzen Concord" hat insgesamt 861 Filialen. Der Betriebsrat ist nur für Mitarbeiter aus 13 zuständig.

Bereits vor der Wahl des Betriebsrats im Juli vergangenen Jahres habe die Geschäftsführung des Unternehmens in Köln versucht, Einfluss auf die Wahl zu nehmen, berichtet Knoke. Nachdem er die Wahl der Arbeitnehmervertretung Ende Juni dem Geschäftsleiter mitgeteilt habe, sei er in die Firmenzentrale einbestellt worden. Dort seien ihm 40.000 Euro angeboten worden, wenn er das Vorhaben einstelle. Als Knoke ablehnte, sei er bereits am folgenden Tag vom Bezirksleiter zum Verkäufer degradiert und in eine andere Filiale versetzt worden. Später sei ihm eine Abfindung in Höhe von 180.000 Euro angeboten worden, sollte er das Unternehmen verlassen. Dieses Angebot habe er abgelehnt, sagt Karsten Knoke im Interview: "Ich habe alle Bestechungsversuche kategorisch abgelehnt, weil es wider meine Natur ist und ich das einfach eklig finde."

Nachdem Karsten Knoke am 5. Juli 2016 dennoch zum Vorsitzenden des Betriebsrats gewählt worden war, forderte ihn die Geschäftsführung zur Herausgabe seines Firmenhandys, -Laptops und Dienstwagens auf. Inzwischen hat das Unternehmen in einem Gerichtsverfahren diese Maßnahmen zurückgenommen.

Nach einer weiteren Klage vor dem Arbeitsgericht Hannover hat das Unternehmen dem Betriebsrat in Braunschweig ein Büro zur Verfügung gestellt. Dieses befindet sich allerdings in Salzgitter-Bad, rund 30 Kilometer von Braunschweig entfernt. Eine "Matratzen Concord"-Filiale gibt es dort nicht. Gegenüber "Report Mainz" sagt Betriebsrat Knoke: "Hier haben wir keinen Besuch, weil uns hier niemand findet." Das Unternehmen weist die Vorwürfe zurück. In einer schriftlichen Stellungnahme der Geschäftsführung heißt es: "Wir haben zu keinem Zeitpunkt die Wahl eines Betriebsrats blockiert oder behindert."

Der Arbeitsmarktexperte Professor Stefan Sell von der Hochschule Koblenz/Remagen sieht in den Maßnahmen von "Matratzen Concord" ein "fast schon lehrbuchmäßiges Vorgehen". Durch eine massive Einschüchterungsstrategie solle eine Betriebsratsgründung verhindert werden. " Man versucht ein, zwei Köpfe, die sich herausgestreckt haben, abzuschlagen, um ein Signal an die gesamte Belegschaft zu senden", sagt Sell. Auch ein Verkäufer von "Matratzen Concord" in Hannover wirft "Matratzen Concord" vor, ihn nach dem Besuch einer Veranstaltung der Gewerkschaft ver.di zum Thema Betriebsratsgründung versetzt zu haben. "Ein paar Tage später war mein Chef bei mir zu Hause und hat meine Versetzung vorbei gebracht", sagt er im Interview mit "Report Mainz". Das Unternehmen bestreitet, dass die Versetzung etwas mit dem Besuch der Veranstaltung zu tun gehabt hätte.

Hintergrund:

"Matratzen Concord" gehört zum niederländischen Konzern Beter-Bed. Der Unternehmenssitz in Deutschland befindet sich in Köln. Der bundesweit einzige Betriebsrat befindet sich im Bezirk Braunschweig, mit drei Betriebsratsmitgliedern.

Ein Betriebsrat hat als Arbeitnehmervertretung in einem Betrieb Informations- und Mitwirkungsrechte, beispielsweise zur Regelung von Überstunden. Die Wahl eines Betriebsrats wird in Deutschland im Betriebsverfassungsgesetz geregelt. Bereits ab fünf ständig beschäftigten Arbeitnehmern kann sich ein Betriebsrat in einem Unternehmen gründen. Gemäß Betriebsverfassungsgesetz darf der Betriebsrat in der Ausübung seiner Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden.

Zitate gegen Quellenangabe "Report Mainz" frei. Weitere Informationen auf reportmainz.de. Pressekontakt: "Report Mainz", Tel. 06131/929-33351.

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