++ Spatenstich für LNG-Terminal in Stade ignoriert ausstehende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ++
Pressemitteilung
28. Juni 2024 | Gemeinsame Pressemitteilung | Doppelsendungen bitten wir zu entschuldigen
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Spatenstich für LNG-Terminal in Stade ignoriert ausstehende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
- BUND klagte im März gegen Terminal und kritisierte zahlreiche Verstöße
- Betrieb mit fossilem Gas bis 2043 in Widerspruch zu Klimazielen
- Notwendigkeit für festen Terminal-Bau in Stade heute geringer denn je
Hannover/Berlin. Anlässlich des heutigen offiziellen Spatenstichs für das erste landbasierte LNG-Terminal in Stade zeigen sich der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) empört. Im März 2024 hatte der BUND mit Unterstützung der DUH Klage gegen das Terminal eingereicht und dabei umfangreiche Verstöße gegen nationale und internationale Klimaziele, erhebliche sicherheitsrelevante Fehler und unzureichende Nachweise zur Umrüstbarkeit kritisiert. Die Klage ist nach wie vor beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.
Olaf Bandt, BUND-Bundesvorsitzender: „Angesichts des noch völlig ungewissen Ausgangs des Klageverfahrens ist es absolut unverständlich, dass der Betreiber Hanseatic Energy Hub und die niedersächsische Landesregierung mit dem heutigen Spatenstich den Bau des Terminals beginnen. Damit werden Tatsachen geschaffen, die einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vorgreifen. Ein solches Vorgehen kann zu massiven Fehlinvestitionen und verschwendeten Steuergeldern führen.“
Laut Genehmigung dürfte das landseitige LNG-Terminal in Stade bis 2043 mit fossilem Gas betrieben werden. Dies steht im krassen Widerspruch zu den internationalen und nationalen Klimazielen. Der nach dem LNG-Beschleunigungsgesetz erforderliche Nachweis des Terminals auf einen Betrieb mit verflüssigtem Ammoniak wurde im Zuge der Genehmigung nicht erbracht. Weder die Eignung von Anlagenteilen und Materialien für Ammoniak wurde belegt, noch wurden Gefährdungsszenarien wie Lecks ausreichend geprüft. Gleichzeitig wurden notwendige Sicherheitsabstände nicht berechnet, sondern ohne Detailkenntnisse geschätzt. Auch die katastrophalen Folgen durch möglicher Schiffshavarien auf der stark befahrenen Elbe sowie durch zunehmende Sturmfluten wurden unterschätzt.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ergänzt: „Es besteht weder in Deutschland noch in unseren Nachbarländern ein tatsächlicher Bedarf oder eine Gasnotlage, die den Bau eines neuen fossilen Gasterminals in Stade rechtfertigen würden. Im Gegenteil: Es besteht dringender Bedarf für effektiven Klimaschutz. Die vom Betreiber und der Politik diskutierte Idee, das Terminal in Stade auf sogenannte ‚grüne Gase‘ umzustellen, ist derzeit wirtschaftlich nicht darstellbar, da es grüne Gase wie synthetisches Methan oder grünen Ammoniak auf dem Weltmarkt nicht in ausreichender Menge gibt. Solange es keine verbindliche Festlegung gibt, wann, wie und auf welchen Energieträger das fossile Terminal umgerüstet werden kann, ist dieses Terminal nichts weiter als ein fossiles Megaprojekt in grünem Gewand. Deswegen darf das neue fossile Gasterminal in Stade vor der Klärung dieser Fragen nicht weitergebaut werden.“
Die Notwendigkeit für den Bau eines festen LNG-Terminals in Stade gibt es heute weniger denn je. Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass der Gasverbrauch zahlreicher europäischer Länder in den vergangenen zwei Jahren deutlich rückläufig ist und auf dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren liegt. So sank der Gasverbrauch der EU 2023 gegenüber dem Vorjahr um weitere 7,4 Prozent (2022 gegenüber 2021: 13,3 Prozent, Quelle: Eurostat). Auch gibt es eine Diskrepanz zwischen der vorhergesagten Gasnachfrage und den neu geplanten LNG-Kapazitäten, die laut Prognosen zu einer Überkapazität von mehr als dem Doppelten der Nachfrage im Jahr 2030 führen würde (Quelle: IEFFA). Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat im Februar diesen Jahres angesichts eines wieder normalisierten Gasmarktes eine Überprüfung der geplanten Ausbaumaßnahmen für fossile Erdgasinfrastruktur angemahnt und ein Ende des überdimensionierten LNG-Ausbaus gefordert.
Hintergrund:
Am 12. März 2024 hat der BUND Niedersachen Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines LNG-Terminals am Standort Johann-Rathje-Köser-Straße 8 in 21683 Stade vom 01.11.2023 beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingereicht und die Klage am 21. Mai 2024 begründet.
Das landseitige LNG-Terminal soll nach Plänen der Hanseatic Energy Hub (HEH) ein schwimmendes Terminal, das sich derzeit im Probebetrieb befindet, ersetzen und laut Genehmigung bis Ende 2043 mit fossilem Erdgas betrieben werden. Das Projekt, das ursprünglich 2026 fertiggestellt werden sollte, ist schon jetzt erheblich verzögert. Im Dezember 2023 hatten der BUND Niedersachsen und die DUH beim Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg Widerspruch gegen die Genehmigung des festen Terminals eingelegt. Die Widersprüche wurden im Februar vom Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg abgelehnt. Die Verbände hatten kritisiert, dass die Widerspruchsbescheide nur unzureichend begründet waren und die vorgebrachten Bedenken nicht ausräumen konnten.
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