Institut für ökologische Wirtschaftsforschung
KI verbraucht immer mehr Ressourcen: jetzt Nachhaltigkeit messen
Pressemitteilung des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und AlgorithmWatch
KI verbraucht immer mehr Ressourcen: jetzt Nachhaltigkeit messen
- IÖW, AlgorithmWatch und DAI-Labor: Die Risiken und Nebenwirkungen von KI entlang des Lebenszyklus müssen stärker thematisiert werden
- Um KI-Systeme zukunftsfähig gestalten zu können, müssen Informationen zu ihren Auswirkungen bereitgestellt werden
- Neben Umweltwirkungen wie Ressourcenverbrauch und CO2-Emissionen sollte auch Marktkonzentration reguliert werden
Berlin, 25. Januar 2024 – Die Ausbreitung Künstlicher Intelligenz (KI) heizt die Diskussion über ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Umwelt an. Wie viele Ressourcen KI-Anwendungen benötigen, ist zu großen Teilen unbekannt, obwohl viele Daten längst automatisch gemessen werden könnten – etwa wie oft Berechnungen durchgeführt werden und wie lange diese Prozesse dauern. Darauf weisen Forscher*innen des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) hin. Gemeinsam mit der Nichtregierungsorganisation AlgorithmWatch und dem Distributed Artificial Intelligence Labor der Technischen Universität Berlin haben sie mit Förderung des Bundesumweltministeriums im Leuchtturmprojekt „ SustAIn“ drei Jahre lang untersucht, wie KI-Anwendungen nachhaltiger werden können. In ihren Empfehlungen fordern sie nun dazu auf, dass Nachhaltigkeitswirkungen von KI entlang des Lebenszyklus stärker gemessen und die Entwicklung und Nutzung von KI-Systemen reguliert werden müssen.
Emissionen über den gesamten Lebenszyklus vergleichen
In ihrem Report „Taking (policy) action to enhance the sustainability of AI systems“ zeigen die Forscher*innen, wie der Energieverbrauch während der Entwicklungs- sowie in der Trainingsphase gemessen werden kann. „Insbesondere die Anbieter von großen Sprachmodellen, sogenannten LLMs, geben oft nur den direkten Energieverbrauch und die Emissionen für einen Trainingszyklus an“, erklärt KI-Expertin Friederike Rohde vom IÖW. „So bleibt das Bild unvollständig. Berücksichtigt man zusätzlich die Hardwareproduktion und die Betriebsenergie, kann sich der Emissionswert schnell verdoppeln. Zudem entstehen kontinuierliche Emissionen während der Anwendung des Modells. Indikatoren deuten darauf hin, dass diese immens sein könnten.“
Die KI-Verordnung der Europäischen Union führe nun zwar erstmals Umweltaspekte auf, aber diese reichten nicht aus, so die Expert*innen. „Wir freuen uns, dass der AI Act erste Schritte geht, um die Umweltrisiken von Künstlicher Intelligenz nachvollziehbar zu machen. Den Energie- und Ressourcenverbrauch von KI zu messen ist möglich und dringend nötig, das haben wir in unserem Projekt gezeigt“, so Kilian Vieth-Ditlmann von AlgorithmWatch. „Doch es braucht weitere Ansätze, um die Umweltwirkungen zu regulieren. Es sollten etwa Mess- und Reportingstandards auch für die Phase der KI-Nutzung entwickelt werden, etwa indem KI-Anbieter vor der Markteinführung verschiedene Standard-Nutzungsszenarien definieren.“
Transparenz über Energieverbräuche herstellen
Die Forschenden zeigen in ihrer Untersuchung, deren zugrundeliegendes Kriterienset in dem internationalen Journal „ Current Opinion in Environmental Sustainability“ veröffentlicht wurde, welche Daten im Hinblick auf den Energieverbrauch während der Systementwicklung und des Modelltrainings erfasst werden sollten. Helfen könnten dabei Metriken wie die Effektivität der Energienutzung („Power Usage Effectiveness“), die transparent machen, wie viel Energie ein Rechenzentrum im Verhältnis zu seinem Gesamtenergieverbrauch für die Datenverarbeitung verwendet. Mit diesem Parameter lässt sich die Energieeffizienz von Rechenzentren vergleichen.
Auch eine Fallstudie zu KI in der personalisierten Online-Werbung zeigte, wie relevant es ist, Energie- und Ressourcenverbräuche zu monitoren. „Entweder werden Energieverbräuche noch gar nicht gemessen oder die Daten liegen bei den großen IT-Unternehmen wie Google, Facebook oder Amazon, die diese nicht transparent machen”, erklärt Gesa Marken vom IÖW. „Wir fordern, dass rechtliche Verpflichtungen zur Messung und Veröffentlichung solcher Daten eingeführt werden.“
Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen von KI beachten
Die Forschenden weisen darauf hin, dass die starke Marktkonzentration der KI-Industrie zu globalen Verteilungsungerechtigkeiten führt. Daher sollten auch die aus wirtschaftlicher und sozialer Sicht problematischen Tendenzen in der KI-Entwicklung berücksichtigt werden. „Um die Probleme der Marktkonzentration anzugehen, hat die Europäische Union im Bereich der Tech-Industrie die großen Online-Plattformen mit dem Digital-Markets-Act (DMA) reguliert. Dies könnte ein Muster dafür sein, wie die Marktkonzentration in der KI-Branche verringert werden könnte“, so Digitalexpertin Josephin Wagner vom IÖW. „Weitere politische Initiativen sollten nun nachlegen, um eine nachhaltige Entwicklung und Nutzung von KI-Systemen zu gewährleisten. Wir empfehlen Vorgaben zur Data Governance, eine Gesetzgebung für die Lieferkette und eine starke Ökodesign-Verordnung.“
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Redaktionelle Informationen:
Downloads
- Policy Paper: Taking (policy) action to enhance the sustainability of AI systems (PDF, 3 MB)
- Report: The (Un-)Sustainability of Artificial Intelligence in Online Marketing – A Case Study on the Environmental, Social and Economic Impacts of Personalized Advertising (PDF, 2 MB)
- Artikel im Journal “Current Opinion in Environmental Sustainability”: Broadening the perspective for sustainable artificial intelligence: sustainability criteria and indicators for Artificial Intelligence systems
Fachlicher Kontakt:
Friederike Rohde
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW)
Telefon: +49–30–884 594-57
Kilian Vieth-Ditlmann
AlgorithmWatch
Tel. +49–30–99 40 49 003
Pressekontakt:
Richard Harnisch Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) Tel.: +49 30/884594-16 kommunikation@ioew.de
Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) ist ein führendes wissenschaftliches Institut auf dem Gebiet der praxisorientierten Nachhaltigkeitsforschung. Rund 70 Mitarbeiter*innen erarbeiten Strategien und Handlungsansätze für ein zukunftsfähiges Wirtschaften – für eine Ökonomie, die ein gutes Leben ermöglicht und die natürlichen Grundlagen erhält. Das Institut arbeitet gemeinnützig und ohne öffentliche Grundförderung. Das IÖW ist Mitglied im „Ecological Research Network“ (Ecornet), dem Netzwerk der außeruniversitären, gemeinnützigen Umwelt- und Nachhaltigkeitsforschungsinstitute in Deutschland.
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