ots.Audio: "Wir sind nicht besser oder schlechter in der Kolonialgeschichte als die anderen - wir sind später!"
Dreiteilige Dokumentarreihe "Weltreich der Deutschen" startet heute - Interview mit Guido Knopp
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Mainz (ots)
Anmoderation: Endlose Savannensteppen. Undurchdringlicher Dschungel. Traumhafte Südseestrände. Das ist das Deutsche Reich vor hundert Jahren. Denn was heute weitgehend in Vergessenheit geraten ist: Auch Deutschland spielte im Konzert der Kolonialmächte eine bedeutende Rolle. Die Reichskriegsflagge flatterte Ende des 19. Jahrhunderts über dem viertgrößten Kolonialreich seiner Zeit. Die deutschen Schutzgebiete wurden zum Ziel von Siedlern, Missionaren und Abenteurern. Doch nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg war er vorbei, der Traum vom Weltreich der Deutschen. Das ZDF zeigt die kurze aber ungemein spannende Geschichte des "Deutschen Weltreichs" jetzt in der aufwändigen Doku-Reihe "Das Weltreich der Deutschen", die heute startet. Ein aufschlussreicher Blick auf ein lange ausgeblendetes Stück deutscher Geschichte, sagt Professor Guido Knopp, Leiter des Programmbereichs Zeitgeschichte und Zeitgeschehen im ZDF.
Interview Professor Guido Knopp
1. Herr Knopp, nach der erfolgreichen Dokuserie "Die Deutschen" im Herbst 2008 erzählen Sie uns jetzt die Geschichte vom "Weltreich der Deutschen". Eine Fortsetzung also? Ja und nein. Es ist in diesem Sinne eine Fortsetzung, als wir bei der letzten Folge unserer Reihe "Die Deutschen" gemerkt hatten, dass in der Zeit des deutschen Kolonialismus ja ungeheure Träume, Sehnsüchte nach einem deutschen Weltreich bestanden. Und dem mal nachzugehen, wie der Traum aussah und wie die Wirklichkeit gewesen ist, war das Ziel unserer Reihe, die mit sehr attraktiven Bildmaterial versehen ist: tolle Neudrehs, tolle szenische Rekonstruktionen. Wir haben ja von dem Geschehen keine dokumentarischen Bilder also mussten wir sie rekonstruieren, aber sehr getreu nach der historischen Wirklichkeit. Und das ist unserem Regisseur, Sebastian Dehnhardt, fabelhaft gelungen. (0:42)
2. Wie lässt sich Deutschland als ehemalige Kolonialmacht denn im Vergleich zu anderen Kolonialmächten wie Frankreich oder England einordnen? Wir sind ja eine verspätete Nation und wir sind deshalb auch eine verspätete Kolonialnation. Es begann ja 1884 und es endete de facto schon 1914 mit dem Ersten Weltkrieg, also 30 Jahre. Das hat dazu geführt, dass wir die Fehler, die andere begangen haben, verspätet begangen haben, aber nicht so intensiv in der Regel begehen konnten. Wir sind nicht besser und nicht schlechter in der Kolonialgeschichte als die anderen, wir sind später. Und Gott sei Dank hat die Kolonialgeschichte 1914/18 geendet. Es gab Übergriffe, es gab Kämpfe, es gab Kriege, es gab Morde. Aber es war nicht so umfassend wie etwa in der britischen Kolonialgeschichte. (0:45)
3. Was waren die Deutschen denn für Kolonialherren, und welche Folgen hatte das für die einheimische Bevölkerung? Die Deutschen haben gelegentlich mit harter Hand regiert, aber sie haben das Land auch entwickelt und ein ostafrikanischer Politiker erzählt in dem Film, "wenn die Deutschen die Chance gehabt hätten, noch 10, 20 Jahre weiter in Tansania als Kolonialmacht zu wirken, wäre das Land heute noch weiter." (0:20)
4. Dass das heutige Namibia einst deutsche Kolonie war, ist vielen noch am ehesten bekannt. Woran liegt das Ihrer Meinung nach? Haben die Deutschen hier besonders nachhaltige Spuren hinterlassen? Deutsch-Südwest war ja die einzige deutsche Siedlungskolonie... Es gibt ja nach wie vor eine deutsche Minderheit, die heute noch als deutsche Siedler und Farmer dort agieren, stolze Namibianer sind, aber die Erinnerung an ihre deutsche Herkunft aufrecht erhalten, auch ehren und achten, trotz des schrecklichen Herero-Krieges, den es Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts gegeben hat, als das Volk der Herero in die Wüste Omaheke getrieben worden ist, dort verhungert und verdurstet ist. Von 80.000 überlebten nur 50.000, das war ein Völkermord, das muss man sagen. (0:33)
5. Die drei Teile "Kopfjagd in Südafrika", "Sturm über Südwest" und "Abenteuer Südsee" sind sehr aufwändig produziert. Wie schaffen Sie es, deutsche Kolonialgeschichte spannend und "primetimegerecht" aufzuarbeiten? Die Filme sind sehr modern, sehr spannend, auch sehr emotional. Die computergrafischen Animationen sind einfach wunderbar gelungen und da ist es eben möglich, auch solche Dinge wie Massenszenen, Schlachten exemplarisch darzustellen für die man noch vor 20 Jahren vielleicht 10.000 Statisten gebraucht hätte, die wir uns einfach gar nicht leisten können und gar nicht leisten wollen. Es lohnt sich das anzuschauen. (0:27)
Abmoderation: "Das Weltreich der Deutschen". Die dreiteilige Dokumentarreihe im ZDF wirft einen aufschlussreichen Blick auf ein lange ausgeblendetes Stück deutscher Geschichte. Teil 1 "Kopfjagd in Ostafrika" wird heute (Dienstag, 6. April) ausgestrahlt, die beiden weiteren Teile "Sturm über Südwest" und "Abenteuer Südsee" am 13. und 20. April, jeweils um 20:15 Uhr.
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