ZDF-Pressemitteilung
Programmanalyse 2000: "Boulevardisierungskluft" zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Fernseh-Programmen
Köln/Mainz (ots)
Die neueste Programmanalyse des Kölner IFEM-Instituts belegt große Qualitäts-Unterschiede im Informationsangebot der fünf öffentlich-rechtlichen und privaten Hauptfernsehprogramme: 90 Prozent der Beiträge zu Politik und Wirtschaft in den nicht tagesaktuellen Informationssendungen des Jahres 2000 stammten aus dem Ersten Deutschen Fernsehen und dem ZDF. Die drei großen Privatsender RTL, SAT.1 und ProSieben kommen zusammen auf 10 Prozent.
Ein Vergleich der Themenprofile von 39 der bekanntesten Sendereihen, die in nutzungsstarken Sendezeiten ausgestrahlt werden, macht am Beispiel einzelner Sendungen eine "Boulevardisierungskluft" zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Programmen deutlich: In den als Informationssendungen deklarierten Sendereihen der drei untersuchten Privatsender bestimmen die "weichen" Boulevardthemen das Bild. Nur die DCTP-Reihen "Spiegel TV-Magazin" (bei RTL) und "Spiegel TV Reportage" (bei SAT.1) weisen mit 55 beziehungsweise 51 Prozent einen sehr hohen Anteil von Politikthemen auf. Die übrigen 14 untersuchten Sendereihen der Privaten sind mit Anteilen gegen null Prozent (darunter "Explosiv - Das Magazin", "Stern TV", beide RTL, oder "Focus TV" von ProSieben) bis zehn Prozent (nur "Akte 2000", SAT.1) mehr oder weniger politikfrei. In den Sendereihen des Ersten und des ZDF dominieren die Politikthemen (zum Beispiel in der ZDF-Sendung "Berlin direkt" mit 79 Prozent oder im ARD-"Report aus München" mit 64 Prozent). Wenn daneben - wie zum Beispiel in "ARD-Brennpunkten" oder investigativen Politikmagazinen wie "Panorama" und "Frontal" - auch Boulevardthemen in größerem Umfang behandelt werden, geht es meist um harte Themen wie Korruption, Wirtschaftskriminalität, gesellschaftliche Skandale oder große Katastrophen.
Die Programmanalyse wird alljährlich im Auftrag der ARD/ZDF-Medienkommission vom Kölner IFEM-Institut durchgeführt. Ihre Ergebnisse bestätigen ferner: Die wesentlichen Unterschiede zwischen den Profilen der öffentlich-rechtlichen und der privaten Sender sind auch im - von großen Sportereignissen geprägten - Programmjahr 2000 unverändert geblieben. Das Schwergewicht des Programmangebots von ARD und ZDF liegt weiterhin auf der Sparte Information, während bei RTL, SAT.1 und ProSieben die Sparte Fiction jeweils an erster Stelle steht. Bei den Privatsendern wird ferner, so die Analyse, eine Tendenz zu Event-Programmen deutlich.
Für den Vorsitzenden der ARD/ZDF-Medienkommission, hr-Intendant Prof. Klaus Berg, belegen diese Befunde einmal mehr, "dass allein die öffentlich-rechtlichen Sender mit ihrem umfangreichen Informationsangebot die Voraussetzung dafür schaffen können, dass urteilsfähige Bürger kompetente Entscheidungen treffen. Wir machen die gesellschaftliche Wirklichkeit zum Thema und bieten dem Zuschauer Orientierung, statt ihn - wie unsere private Konkurrenz - in einer bunten Welt voller Beliebigkeit allein zu lassen."
ZDF-Intendant Prof. Dieter Stolte unterstreicht als stellvertretender Vorsitzender der Medienkommission den Programmauftrag der öffentlich-rechtlichen Fernsehanbieter: "Fernsehen ist ein Massenmedium und hat als solches ein hohes Maß an Verantwortung. Insbesondere an Informationen, die zur politischen und gesellschaftlichen Meinungsbildung beitragen, müssen höchste Maßstäbe angelegt werden. Relevante Themen aufzugreifen, kompetent aufzuarbeiten und verständlich zu präsentieren, ist die Kernfunktion eines anspruchsvollen Informationsprogramms. Davon lassen sich ZDF und ARD auch im Umfeld einer Spaßgesellschaft nicht abbringen. Die neue
Studie belegt, wer in dieser bunten Fernsehlandschaft für die Gesellschaft und wer für seine Gesellschafter arbeitet."
Die Ergebnisse der Programmanalyse 2000 sind in der neuesten Ausgabe der Fachzeitschrift Media Perspektiven dokumentiert (Fax: 069/155 2857) und auch als pdf-datei unter www.media-perspektiven.de abrufbar.
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