ZDF-Programmhinweis
Mittwoch, 9. Januar 2002, 22.20 Uhr
Dr. Wedel und Mr. Hyde
Film von Sandra Maischberger und Jan Kerhart
Mainz (ots)
Es gibt zwei berühmte Fernsehregisseure in Deutschland, bei denen das Interesse an der Person mindestens so groß ist, wie das an ihren Filmen. Der eine trägt weiß und hat es über die Jahre verstanden, sich selbst zu beschreiben, indem er mit seinen Filmen vor allem im eigenen Milieu blieb. Man kennt ihn oder glaubt ihn zu kennen.
Der andere trägt Schwarz und hat es über die Jahre verstanden, erfolgreiche Filme in den unterschiedlichsten Milieus spielen zu lassen, ohne allzu viel von sich preiszugeben. Eine eigene filmische Personenbeschreibung ist von diesem Mann, der auf die Frage "Was ist Ihnen peinlich?" einmal antwortete: "Meine Eitelkeit", nicht zu erwarten.
"Dr. Wedel und Mr. Hyde" ist der Versuch, eine Antwort auf die Frage zu finden: wer ist Dieter Wedel? Und: muss er so sein, wie er ist - ein cholerischer Arbeiter, ein Pedant des Wortes, ein Egozentriker, der nicht alleine sein kann - damit seine Filme werden, wie sie sind?
Die Antwort ist immer die gleiche. "Wem immer ich in den letzten Jahren erzählt habe", sagt Sandra Maischberger, "dass ich fast vier Jahre lang Dieter Wedel mit der Kamera begleite, sagte: wie hälst du das bloß aus?"
Sie hat es gut ausgehalten. Natürlich auch deshalb, weil sie und Kameramann Jan Kerhart immer Gäste auf dem Set, nie Mitarbeiter des Regisseurs waren. So waren sie nicht Ziel seiner berüchtigten Ausbrüche, sondern nur Beobachter.
Ziel der Dokumentation war es, ein Porträt von Dieter Wedel zu schaffen, dass sich alleine aus Beobachtungen bei der langen Arbeit an der "Affäre Semmeling" speist. Drehbeginn für "Dr. Wedel und Mr. Hyde" war Sommer 1998: Dieter Wedel hatte sich mit Freundin Dominique - seit vier Jahren an seiner Seite - in das Hotel Villamil zurückgezogen, in dem er schon mit seiner Mutter immer die Ferien verbrachte. Hier schrieb er, wie so oft in den letzten Jahren, das Drehbuch. Die Dokumentation beginnt mit dem Tag, an dem die erste Seite der "Affäre Semmeling" entsteht. Geplant hatten Dieter Wedel und das ZDF zu diesem Zeitpunkt ein Film über das Finanzamt in vier Teilen. Am Ende werden es sechs Teile über Finanzamt und Politik, das Projekt dauert ein Jahr länger, als gedacht, ein Herstellungsleiter, ein Kameramann und der Aufnahmeleiter sind nicht mehr dabei, als im Sommer 2001 die letzte Klappe fällt. Auch am Regisseur geht diese Zeit nicht spurlos vorüber. Das gesamte letzte Produktionsjahr humpelt er auf Krücken über das Set, nachdem er sich beim Dreh verletzt hat. Er wird Vater seines sechsten Kindes - Sohn Benjamin stammt aus der Verbindung mit Dominique - tauscht das Hotel als sein Mallorca-Domizil gegen eine Eigentumswohnung auf der Insel und schwört, nie wieder ein Projekt in dieser Größenordnung machen zu wollen.
53 Stunden Material haben Sandra Maischberger und Jan Kerhart in Hamburg, München, Kiel, Mallorca und Jamaica zwischen 1998 bis 2001 gedreht. Die vorliegenden 45 Minuten daraus zeigen den Regisseur und Autor in Situationen, in denen man ihn bisher nie sah: als gnadenlosen Richter bei Probeaufnahmen, im erbittertem Streit mit der Produktionsfirma um seinen Vertrag, höflich beim Recherchegespräch mit dem Hamburger Bürgermeister Ortwin Runde. Schwimmend mit Dominique im Pool des Hotels auf Mallorca, beinahe staatsmännisch bei der Besichtigung des Hamburger Rathauses mit Lebensgefährtin Uschi.
Warum der Titel? "Natürlich ist Dieter Wedel kein Mörder, wie der Name 'Mr. Hyde' suggeriert. Aber er hat wie die Romanfigur zwei sehr unterschiedliche Gesichter und vor allem die Fähigkeit, in sekundeschnelle von einem zum anderen Ausdruck zu wechseln: in einem Moment lächelt er, im nächsten brüllt er. Dann lächelt er wieder." Am Ende wird deutlich, dass Dieter Wedel seinem eigentlichem Berufswunsch 'Schauspieler' viel näher ist, als man vermutet. Er ist Regisseur und spielt ihn gleichzeitig, hat sich selbst eine Rolle auf den Leib geschneidert, die er nie verlässt. So ist er auch in den privatesten Momenten immer: unter Beobachtung.
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