ZDF-Programmhinweis
Dienstag, 18. März 2003, 22:15 Uhr
37°
Nicht in meinem Namen
Friedenskämpfer - Von New York bis Bagdad
Film von Udo van Kampen und Susanne Lingemann
Mainz (ots)
Colleen Kelly aus New York hat am 11.September 2001 bei dem barbarischen Anschlag auf das World Trade Center ihren Bruder verloren. Und natürlich hat sie zuerst neben dem Schmerz auch ohnmächtige Wut gefühlt. Jeden Tag reißen die Schlagzeilen vom Krieg die seelischen Wunden aufs Neue auf. Trotzdem sagt die Amerikanerin "Nein" zu einem Krieg gegen den Irak: "nicht in meinem Namen". Viele Opferfamilien des 11. September denken genauso. Sie haben sich in der Organisation "Peaceful Tomorrows" zusammengeschlossen. Sie wollen den Krieg, den ihr Vaterland so unerbittlich zu betreiben scheint, doch noch verhindern. "Wir können den Terrorismus nicht bekämpfen, indem wir selber Terroristen werden", sagen sie. Im Januar war Colleen in Bagdad. Um mit den Menschen Freundschaft zu schließen, die Opfer in der nächsten Drehung der Spirale der Gewalt werden würden. Oder schon zuvor geworden waren: bei dem gezielten Raketenbeschuss des Amariyya-Bunkers im Golfkrieg von 1991, bei dem über 1000 Zivilisten getötet wurden. Damals fragte sich die Welt erschüttert, ob es jemals wieder einen "gerechten Krieg" geben könne, trotz "Hochpräzionswaffen"; heute steht sie an der Schwelle eines neuen Krieges, von dem die große Mehrheit der Menschen eines denkt: "gerecht" ist er nicht. Wir begleiten Colleen in der sich immer dramatischer zuspitzenden Situation. Bei ihren Aktionen wird sie von einem Motiv getragen: den eigenen und fremden Schmerz in eine Kraft für den Frieden zu verwandeln.
Aus allen Teilen der Welt sind Menschen im Alter zwischen 20 und 70 nach Bagdad gereist, um ihre Solidarität mit der Bevölkerung zu demonstrieren. Als Human Shields (Menschliche Schutzschilde) wollen sie zivile Objekte schützen und auch bleiben, wenn der Krieg begonnen hat. Gegenwärtig dürfte ihre Zahl um die 200 betragen: Italiener, Türken, Franzosen, Australier, Österreicher und Deutsche. Eine ehemalige Diplomatin ist ebenso darunter wie Abenteurer. Zum Teil scharf kritisiert, wehren sich die meisten jedoch gegen den Vorwurf, letztlich nur dem Diktator und Menschenverächter Saddam zu nutzen. Ulrich Tilgner und Georges Nasser begleiten einige von ihnen mit der Kamera, fragen nach ihren Motiven und untersuchen die teilweise undurchsichtigen irakischen Reaktionen. Der Gründer dieser Bewegung Ken O'Keefe, ein amerikanischer Golfkriegsveteran, wurde zum Beispiel ausgewiesen. Die Aktion wirft völker- und kriegsrechtliche Fragen auf: die Benutzung von "Schutzschilden" gegen deren Willen oder ohne ihr Wissen wäre ein Kriegsverbrechen; ihr Beschuss aber auch. Ihr verzweifelter Mut steht aber außer Frage. Ob Illusion oder nicht: sie hoffen, den Krieg durch moralischen Druck und hohes eigenes Risiko verhindern zu helfen.
Shane Clairborne(27) will mit ihnen nicht verwechselt werden. Auch er überschritt noch vor wenigen Tagen die irakische Grenze, im vollen Bewusstsein, dass der Krieg jeden Augenblick beginnen könnte. Und auch er will auch im Kriegsfall in Bagdad bleiben. Aber er hat eine rein humanitäre Motivation. Er will als Amerikaner bei den irakischen Menschen sein und ihnen helfen so gut er nur kann - so wie "Voices in the Wilderness" ("Stimmen in der Wüste"), seine Gruppe, es seit zwölf Jahren tut. Sie hat gegen die tödlichen Folgen der Sanktionen gekämpft, unter denen die irakische Bevölkerung - nicht Saddam - leidet. Der Krieg ist für ihn nur die gesteigerte Form dieser Aggression gegen Menschen; für Shane kein Grund, das Engagement zu beenden: im Gegenteil. Darüber hinaus will Shane der Öffentlichkeit berichten, was er sieht und erlebt, ohne Partei zu nehmen. Die Bezeichnung "human shield" lehnt er ab, um nicht in Verdacht der Saddam-Unterstützung zu geraten. Shanes Freundin hat lange gezögert, bis sie der gefährlichen Reise zugestimmt hat. Jetzt unterstützt sie ihn - gewiss nicht leichten Herzens. Shane lebt in einer christlichen Kommune und fühlt sich der gewaltlosen Politik Mahatma Gandhis verpflichtet. Gott wird auch für diesen Krieg wieder ins Feld geführt - aber nicht in Shanes Namen und in dem der meisten Christen.
Diese 37°-Dokumentation wird aktuell produziert. Die Autoren begleiten die "Protagonisten" bis kurz vor den Sendetermin. Der Schwerpunkt wird auf Menschen in Amerika liegen, der einzig verbleibenden Supermacht, deren Politik den Krieg am unerbittlichsten anzustreben scheint - im Namen Amerikas aber längst nicht aller Amerikaner.
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