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Donnerstag, 13. Januar 2005, 21.15 Uhr, auslandsjournal

Mainz (ots)

Donnerstag, 13. Januar 2005, 21.15 Uhr
auslandsjournal
mit Dietmar Ossenberg
Thema u.a.: Eine Frage der Zeit – Tsunami-Gefahr im Mittelmeer
Tod, Zerstörung, Leid – die Flutwelle in Südostasien hat gezeigt,
welches Ausmaß eine solche Naturkatastrophe annehmen kann.
Wissenschaftler warnen: Auch im Mittelmeer sei es nur eine Frage der
Zeit, bis der nächste Tsunami wütet. Besonders gefährdet – der
östliche Teil.
Istanbul, die Stadt auf zwei Kontinenten. Immer wieder wird die
Millionenstadt von Erdbeben heimgesucht, zuletzt im August 1999.
Damals waren es nur die Ausläufer eines Bebens im Osten der Türkei,
doch die Auswirkungen waren dramatisch. 156 Tote und mehr als 2000
Verletzte wurden gezählt. Häuser knickten ein wie Strohhalme.
Der renommierte türkische Geologe Professor Tüysüz warnt, dass dies
nur ein Vorgeschmack auf das gewesen sei, was der Stadt erst noch
bevorstehe. An seinem Computer simuliert er das "große Beben". Nach
seinen Angaben ist es nur eine Frage der Zeit, bis es kommt.
"Unseren Berechnungen zufolge wird das Beben in weiten Teilen der
Stadt den Wert 10 auf der Richterskala erreichen. Besonders
gefährdet ist dabei der europäische Teil. Wir erwarten, dass
mindestens 5.000 Häuser einstürzen und gehen von 100.000 Toten
allein in Istanbul aus", erklärt der Forscher. Und es könnte noch
schlimmer kommen. "Wir gehen davon aus, dass die Stadt nach dem
Beben von einer Flutwelle, von einem Tsunami von drei bis sechs
Meter Höhe heimgesucht wird. Der kann bis zu einem Kilometer weit
ins Land dringen." Die Folgen wären für die Millionen-Metropole
verheerend.
Um die Gefahr für Europas Mittelmeerküsten zu verdeutlichen,
verweisen Wissenschaftler wie Tüysüz immer wieder auf Flutwellen in
der Vergangenheit. 1908 kamen im italienischen Messina nach einem
Beben rund 80.000 Menschen ums Leben - unter anderem durch den sich
anschließenden Tsunami. Im Jahr 365 löste ein Beben östlich der
Insel Kreta, vermutlich mit einer Stärke von 8,3 auf der
Richterskala, eine Flutwelle aus, die an den Küsten des östlichen
Mittelmeers schwere Zerstörungen anrichtete. Allein in der
ägyptischen Hafenstadt Alexandria sollen 50.000 Menschen ertrunken
sein. Zeitgenössische Chronisten berichten, die Welle habe "selbst
die höchsten Gebäude überrollt und Schiffe auf die Plätze der Stadt
geschwemmt.
In den vergangenen zwei Jahrtausenden hat es im Mittelmeer im
Schnitt alle hundert Jahre eine große Flutwelle gegeben. Inseln wie
das Ferienparadies Rhodos oder Sizilien könnten möglicherweise
genauso hart getroffen werden wie Phuket oder Sri Lanka. Deshalb
fordern Experten wie Tüysüz seit Jahren ein Tsunami-Frühwarnsystem
wie im Pazifik.
Es kann Jahrhunderte dauern oder auch morgen geschehen. Doch die
Angst ist in Istanbul allgegenwärtig. Im traumhaft gelegenen
Stadtteil Avcilar, mit Blick auf das Meer, will nach dem Beben von
1999 niemand mehr wohnen. Doch die meisten können nicht weg. "Wir
müssen ja irgendwo leben. Aber ich kriege mein Haus nicht verkauft.
Jeder Interessent fragt, warum ich verkaufe. Und dann muss ich von
dem Erdbeben und der Gefahr erzählen", erzählt ein Anwohner.
ZDF-Reporter Michael Renz über die Tsunami-Gefahr im östlichen
Mittelmeer und die Angst einer Stadt vor dem großen Beben.
Weitere Themen:
Leben mit dem Grauen - die schwierige Arbeit der Pathologen
Rettender Instinkt  - das Frühwarnsystem der Tiere
Rückfragen bitte an die ZDF-Redaktion "auslandsjournal", Robert
Bachem, Tel.: 06131/70-2985, und Katharina Wilms, Tel : 06131/ 70-
2838

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