ZDF-Magazin "Frontal 21" am 16. August 2005
Biedenkopf: "Letzte Wahl im Norden verloren"
"Falsche Wahrnehmungen" vom Osten kritisiert Appell zur Sachdebatte
Mainz (ots)
Die letzte Bundestagswahl ist nach Ansicht des früheren sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU) nicht im Osten, sondern im Norden verloren worden. Das sagte er dem ZDF-Magazin "Frontal 21". Die Äußerungen des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber gingen zum Teil von falschen Wahrnehmungen aus.
Biedenkopf kritisierte, dass regionale Unterschiede der neuen Bundesländer in Stoibers Äußerungen nicht berücksichtigt würden. "Die beiden südlichen Staaten im Osten haben ein Ergebnis, das wesentlich über dem Durchschnitt der CDU in der ganzen Bundesrepublik liegt", betonte Biedenkopf. "Die Schwierigkeit ist, dass der Osten eben keine homogene Landschaft ist."
Entschieden lehnte Biedenkopf die generelle Einteilung der Deutschen in "Ossis" und "Wessis" ab. "Es gibt keine Ossis. Es gibt unterschiedliche Menschen in den verschiedenen ostdeutschen Ländern, und wenn man sich dieses Ossi-Gerede nicht abschminkt, dann wird man den Osten nicht verstehen. Und man wird die Teilung durch solches Gerede erneuern."
Für das Abschneiden der CDU bei der kommenden Wahl spielt nach Biedenkopfs Ansicht auch die große Zustimmung für die neue Linkspartei im Osten keine entscheidende Rolle. "70 Prozent der Wähler im Osten sind nicht in der Linkspartei. Da muss man eben aus den 70 Prozent die 36 oder 38 Prozent gewinnen, die notwendig sind, um das Ergebnis von 2002 zu übertreffen", sagte er. "Ich bin auch der Meinung, dass die ganze Entwicklung der Linken falsch interpretiert wird. Es sind nicht die Ostdeutschen, die aus der PDS eine salonfähige Partei gemacht haben, sondern die Sozialdemokraten."
Zu Stoibers Äußerungen über zu wenig Klugheit in Ostdeutschland ("Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber") sagte Biedenkopf: "Da unterschätzt er die Ostdeutschen. Selbst 30 Prozent PDS-Wähler können nicht das wirtschaftliche Grab Ostdeutschlands schaufeln. Es sei denn, man benutzt es als Ausrede, um nichts mehr für den Osten tun zu wollen."
Biedenkopf kritisierte außerdem den Stil des derzeitigen Wahlkampfes. "Ich habe keine abschließende Bewertung, aber einen Eindruck habe ich, und das ist der, dass dieser Wahlkampf noch nicht zu den Fragen vorgedrungen ist, um die es in diesem Land tatsächlich geht".
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