Mehrheit hält bestehendes Gesundheitssystem nicht für reformierbar
Politische Stimmung nach den Landtagswahlen wenig verändert
Mainz (ots)
Eine Mehrheit der Bundesbürger sieht das Gesundheitswesen in Deutschland in einer ernsten Krise. Für 38 Prozent steht es kurz vor dem Zusammenbruch, 56 Prozent sehen größere Probleme und nur für 5 Prozent ist es leistungsfähig. 70 Prozent der Befragten halten das bestehende Gesundheitssystem für nicht reformierbar und wollen grundlegende Veränderungen, lediglich 23 Prozent plädieren für weitere Reformmaßnahmen innerhalb des bestehenden Systems und 3 Prozent finden die bisher beschlossenen Maßnahmen ausreichend (weiß nicht: 4 Prozent). Dabei trauen der Großen Koalition, die eine Gesundheitsreform zu einem ihrer zentralen Anliegen erklärt hat, nur 36 Prozent die Lösung dieser Probleme zu. 61 Prozent erwarten, dass es der Regierung aus CDU/CSU und SPD in den nächsten Jahren nicht gelingen wird, das Gesundheitssystem zukunftsfähig zu machen, 3 Prozent äußern sich hierzu nicht.
Auch das Thema Integration hat in den vergangenen Wochen an Bedeutung gewonnen. Von einem mangelnden Integrationswillen der in Deutschland lebenden Ausländer gehen 80 Prozent der Befragten aus, lediglich 13 Prozent glauben, dass die meisten Ausländer genug für ihre Eingliederung tun (weiß nicht: 7 Prozent). Ebenso werden aber auch auf staatlicher Seite Defizite festgestellt. Mit 49 Prozent meint fast die Hälfte, dass für die Eingliederung von Ausländern zu wenig getan wird, 20 Prozent halten den Umfang der Integrationshilfen für gerade richtig, während sie für 25 Prozent zu weit gehen (weiß nicht: 7 Prozent). Dabei sprechen die Anhänger der Grünen (80 Prozent), der FDP (65 Prozent) und der SPD (61 Prozent) mehrheitlich von ungenügenden staatlichen Integrationsbemühungen, von den Anhängern der Union teilen diese Auffassung 42 Prozent und von den Anhängern der Linke.PDS 47 Prozent. Unabhängig von der politischen Couleur ist eine Mehrheit der Befragten (89 Prozent) der Meinung, dass für ausländische Kinder ausreichende Deutschkenntnisse eine Bedingung für die Einschulung sein sollten, 10 Prozent halten das nicht für notwendig (weiß nicht 1 Prozent).
Innerhalb der Koalition ist die Nutzungsdauer der vorhandenen Atomkraftwerke umstritten. Einige Unionspolitiker fordern, Atomkraftwerke auch über den beschlossenen Zeitraum hinaus zu betreiben. Dieser Position schließen sich 40 Prozent der Befragten an, 55 Prozent wollen aber am beschlossenen Ausstieg bis 2021 festhalten, 5 Prozent äußern sich nicht. Die Anhänger der CDU/CSU sind erwartungsgemäß mehrheitlich für eine Ausweitung der Nutzungsdauer (56 Prozent, dagegen: 38 Prozent, weiß nicht: 6 Prozent) und die Anhänger der SPD dagegen (69 Prozent, dafür: 28 Prozent, weiß nicht: 3 Prozent). Generell sind die Einstellungen zur Nutzung von Atomenergie auch in der langfristigen Betrachtung sehr stabil: Nur eine Minderheit von 10 Prozent ist für den Bau neuer Atomkraftwerke, fast drei Viertel der Befragten (72 Prozent) sprechen sich für die weitere Nutzung der bereits vorhandenen Atomkraftwerke aus und 14 Prozent wollen deren sofortige Stilllegung (weiß nicht: 4 Prozent).
Die politische Stimmung hat sich auch nach den drei Landtagswahlen wenig verändert: Die CDU/CSU verbessert sich leicht auf 44 Prozent (plus 1), die SPD liegt weiterhin bei 32 Prozent, die FDP verliert erneut und kommt auf 5 Prozent (minus 2), die Linke.PDS bleibt bei 7 Prozent und die Grünen legen auf 9 Prozent zu (plus 2).
Wenn schon am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, würden längerfristige Überzeugungen und Bindungen an die Parteien eine größere Rolle spielen. Dies berücksichtigt die Politbarometer- Projektion: Die CDU/CSU käme danach auf 41 Prozent und die SPD auf 32 Prozent (beide unverändert). Die FDP erhielte 7 Prozent (minus 1), die Linkspartei.PDS unverändert 8 Prozent und die Grünen ebenfalls 8 Prozent (plus 1). Auf die sonstigen Parteien zusammen entfielen weiterhin 4 Prozent.
Zu den zehn wichtigsten Politikern und Politikerinnen in Deutschland zählt nach Meinung der Befragten jetzt wieder Christian Wulff, nicht mehr dazu gehört Gerhard Schröder. Auf Platz eins der Top Ten liegt weiterhin Angela Merkel mit einem leicht verschlechterten Durchschnittswert auf der +5/-5-Skala von 2,1 (März: 2,2). Danach kommt Matthias Platzeck deutlich verbessert mit 1,7 (März: 1,4), gefolgt von dem Wiedereinsteiger Christian Wulff mit 1,5 sowie ebenfalls mit 1,5 Peer Steinbrück, der klar zulegen konnte (März: 1,2). Auf Platz fünf liegt Frank-Walter Steinmeier etwas verbessert mit 1,4 (März: 1,3) und auf Platz sechs Horst Seehofer, der konstant 1,1 erhält. Danach folgen Wolfgang Schäuble weiterhin mit 1,0 und Franz Müntefering mit 0,9, leicht verbessert (März: 0,8). Dann beginnt der Minusbereich: Guido Westerwelle mit minus 0,3 (minus 0,2) vor Edmund Stoiber, der zwar mit minus 0,9 jetzt eine bessere Bewertung erhält (März: minus 1,2), aber weiterhin das Schlusslicht bildet.
Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 4. bis 6. April 2006 bei 1.234 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch durchgeführt. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in ganz Deutschland. Die Fehlertoleranz bei den großen Parteien beträgt 2,7 Prozentpunkte, bei den kleineren 1,4 Prozentpunkte. Das nächste Politbarometer gibt es am Freitag, den 28. April, nach dem heute- journal.
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