Die "Stunde null" des internationalen Terrorismus
ZDF zeigt Dokumentation über Olympia-Attentat 1972 in München
Mainz (ots)
Ulrich Wegener, damals Sicherheitsexperte bei Bundesinnenminister Genscher, ist heute noch fassungslos, wenn er auf das Geschehen während der Olympischen Spiele 1972 zurückblickt. Palästinensische Attentäter nahmen neun israelische Sportler als Geiseln. Die Befreiungsaktion auf dem Militärflughafen Fürstenfeldbruck bei München mündete in ein Desaster.
Die ZDF-Dokumentation "Der Olympia-Mord München 72 Die wahre Geschichte" (Dienstag, 15. August 2006, 20.15 Uhr) rekonstruiert anhand von verblüffenden und bestürzenden Zeitzeugenaussagen detailgenau, wie eine Verkettung von unglücklichen Ereignissen und Fehleinschätzungen zum tragischen Ausgang der Geiselnahme führte.
Wegener, später Kommandeur der GSG-9-Spezialeinheit und verantwortlich für die Geiselbefreiung in Mogadischu 1977, sagt im Film: "Auf einen solchen Ernstfall war niemand eingestellt, auf deutscher Seite war ja nichts vorhanden, weder Spezialeinheiten noch ausgebildete Scharfschützen, noch irgendwelche Fachleute für Terrorbekämpfung, es war auch eine schwere Niederlage für die Bundesrepublik damals."
Den Autoren Sebastian Dehnhardt, Uli Weidenbach und Manfred Oldenburg ist es gelungen, die beiden israelischen Athleten, die bei der Geiselnahme flüchten konnten, für den Film zu gewinnen: Gad Tsabary und Tuwia Sokolsky schildern, wie die Terroristen in das Quartier eindrangen und mit welcher Brutalität sie vorgingen.
Im ZDF-Film äußert sich auch der Drahtzieher des Olympia-Attentats, Abu Daoud, der sich im syrischen Exil bis heute einem deutschen Haftbefehl entzieht. Er war sich sicher: "Auch wenn wir keinen unserer in Israel inhaftierten Mitstreiter würden freipressen können, würde die Welt doch auf München schauen und auf uns aufmerksam werden." Sein grausames Kalkül ging auf.
Bei ersten Vorbereitungen für eine Erstürmung noch im olympischen Dorf konnten die Attentäter über das Fernsehen beobachten, wie Polizisten in Stellung gingen. Ehud Barak, späterer Ministerpräsident Israels, gehörte damals einer Spezialeinheit an, die kurz zuvor viele Geiseln befreit hatte. Sie stand bereit, um die unerfahrenen deutschen Kräfte zu unterstützen doch habe es auf deutscher Seite verfassungsrechtliche Bedenken gegeben, so Barak.
Die ZDF-Dokumentation zeigt auch, dass der Nervenkrieg nach dem Debakel von Fürstenfeldbruck noch nicht beendet war. Was sich wenige Tage später, am 11. September 1972, ereignete, erfuhr die Öffentlichkeit seinerzeit nicht. Am Tag der Abschlussveranstaltung standen Stadionsprecher Joachim Fuchsberger und der damalige Verteidigungsminister Georg Leber vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens: Sie erhielten die Nachricht, ein Flugzeug sei entführt worden und nähere sich München, es womöglich mit einem Bombenabwurf über dem Olympiastadion zu rechnen sei. Fuchsberger wurde anheim gestellt, das Stadion zu räumen, Georg Leber schickte Abfangjäger in den Luftraum, um die Maschine gegebenenfalls abzuschießen. Der Stadionsprecher malte sich aus, welche Folgen eine Massenpanik haben könnte und unterbrach die Abschlusszeremonie nicht. Die Meldung entpuppte sich als Fehlalarm.
Am 11. September 2001 kam es nicht zum Alarm. Die Flugzeuge erschienen ohne Warnung. Mit dem Film "Der Olympia-Mord", der in Zusammenarbeit der Produzenten BROADVIEW.TV/ CMdoc und SKRS entstand, will das ZDF zum fünften Jahrestag der Anschläge von New York den Bogen spannen zur "Stunde null" des internationalen Terrorismus.
Fotos sind erhältlich über den ZDF-Bilderdienst, Telefon: 06131 - 706100, und über http://bilderdienst.zdf.de/presse/derolympiamord
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