Religiös motivierte Gewalt in Indien nicht schönreden
Bundespräsident Steinmeier blendet Thema Christenverfolgung aus
Kelkheim (ots)
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist bekannt für sein diplomatisches Geschick. Damit lassen sich Spannungen abbauen und Konflikte lösen. Bei seinem aktuellen Besuch in Indien scheint Steinmeier indes Konflikte und Missstände auszublenden. Während einer Diskussion mit Studenten der Universität Varanasi am 22. März zum Thema religiöse Konflikte sagte Steinmeier, dass es der indischen Gesellschaft "vergleichsweise gut" gelinge, eine Vielzahl von Religionen und Kulturen einzugliedern. Ein anderes Bild ergeben die Zahlen, die dem christlichen Hilfswerk Open Doors vorliegen. Open Doors setzt sich weltweit für verfolgte Christen ein und berichtet von einem sprunghaften Anstieg der Gewalt gegen Christen in Indien im Jahr 2017. Etwa 45 Millionen der 64 Millionen in Indien lebenden Christen sind Verfolgung ausgesetzt. Maßgeblich verantwortlich dafür ist die Bharatiya Janata Partei (BJP) von Premierminister Modi. Sie treibt einen nationalistisch geprägten Hinduismus voran, den auch extremistische Gruppierungen wie Dharm Jagran Samiti (DJS) propagieren. Die DJS initiiert immer wieder öffentliche Zwangs(rück)bekehrungen zum Hinduismus. Einer ihrer führenden Köpfe, Rajeshwar Singh, verkündete 2014, Indien werde bis zum Jahr 2021 frei sein von Christen und Muslimen. Modi unterstützt die Hinduisierung seines Landes und die Hindutva-Ideologie, nach der jeder Inder ein Hindu sein muss. Dass Christen in Indien verfolgt werden, leugnet er. Übergriffe gegen Christen haben unter Regierung Modi ständig zugenommen 2014 wurden 147 Übergriffe von Open Doors registriert, 2016 lag die Zahl bereits bei 443 und 2017 bei mehr als 600. Dazu zählen massive Misshandlungen von Pastoren, Überfälle auf Gottesdienste, Vergewaltigungen christlicher Mädchen oder Nonnen sowie Zerstörungen von Kirchen. Christliche Leiter und Aktivitäten werden überwacht, Christen hinduistischer Herkunft werden oft schwer bedrängt, zusammengeschlagen oder sogar getötet. In Massenveranstaltungen von Hindunationalisten werden besonders die ehemals kastenlosen Dalits mit Gewalt dazu gezwungen, ihren angenommenen christlichen Glauben zu widerrufen. Auf dem aktuellen Weltverfolgungsindex, der Rangliste der 50 Länder, in denen Christen am stärksten verfolgt werden, verschlechterte sich Indien auf Rang 11 (2017: Rang 15) und steht damit hinsichtlich Christenverfolgung so schlecht wie nie zuvor. Markus Rode, geschäftsführender Vorstandsvorsitzender von Open Doors Deutschland, bittet die Spitzenpolitiker aller Parteien, bei der Vorbereitung ihrer Auslandsreisen das Thema Religionsfreiheit angemessen zu berücksichtigen. Er sagt: "Als ehemaligem Außenminister sollte dem Bundespräsidenten bekannt sein, dass Premierminister Modi und seine Anhänger Minderheiten, die keine Hindus sind, massiv verfolgen. Es ist unsere Hoffnung, dass Herr Steinmeier seinen Einfluss geltend macht und noch vor Beendigung seiner Reise auf die zunehmende Verfolgung von Christen und anderen Minderheiten in Indien hinweist."
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