GeschichtsNacht Familie
Vater, Mutter, Kind - mehr als nur die
Gene?
mit Sabine Scholt und Andreas Ernst
WDR Fernsehen, Freitag,
1. Februar 2002, 23.00 - 3.15 Uhr
Köln (ots)
Spermien von der Samenbank, die Eizelle von einer Spenderin, eine künstliche Befruchtung und eine Leihmutter, die für neun Monate ihre Gebärmutter vermietet - auch so können unfruchtbare Paare, zumindest in den USA, zu Nachwuchs kommen: Familiengründung im Zeitalter der Biotechnologie. Hierzulande ist Leihmutterschaft zwar verboten und nur die Samenspende erlaubt, doch während der Bundestag sich am 30. Januar 2002 mit der Entscheidung über die Forschung an embryonalen Stammzellen quält und einen Tag drauf die Deutsche Forschungsgesellschaft ihrerseits eine Entscheidung darüber treffen muss, träumen Gynäkologen schon davon, die überzählig erzeugten Embryonen anderweitig zu nutzen und sie einfach vorgeburtlich zur Adoption freizugeben...
Früher dagegen kamen Kinder noch auf ganz gewöhnlichen Wegen zu Ersatz-Eltern: Sie waren vor der Kirche abgelegte Findelkinder, deren eigene Eltern zu arm waren, sie zu ernähren. Sie kamen zu Adoptiveltern, weil die Mutter selbst noch fast ein Kind war. Sie gingen auf der Flucht nach Kriegswirren verloren und wuchsen bei Pflegeeltern fremder Sprache und Kultur auf - wie beispielsweise die ostpreußischen "Wolfskinder" in Litauen. Sie kannten den Vater nicht, weil er russischer oder amerikanischer Besatzungssoldat war. Die meisten Menschen mit solchem Schicksal fingen irgendwann an, nach ihren leiblichen Eltern zu suchen, machten abenteuerliche Reisen,erlernten fremde Sprachen, um wenigstens der unbekannten Heimat des unbekannten Vaters nahe zu kommen - Spurensuche nach einem wichtigen Stückchen der eigenen Identität. Sicher war bei aller Schwierigkeit der Suche nur eines: Vermisst wurde ein Vater, eine Mutter, die eigene Familie.
"Vater, Mutter, Kind - Mehr als nur die Gene?" fragt die GeschichtsNacht Familie und erzählt - vor dem Hintergrund von Klonversuchen und Embryonenforschung - von verzweifelten Spurensuchen, erzählt von unbekannten Vätern und adoptierten Kindern, stellt einen Prinzen mit einer jahrhundertealten Ahnenreihe vor, berichtet von der alten und heute wiederentdeckten Idee der Babyklappe, von Findelhäusern und Suchdiensten, verfolgt die Debatte um die anonyme Geburt, die in Frankreich umstritten ist und bei uns diskutiert wird, und stößt dabei immer wieder auf die alte Suche nach der eigenen Identität, nach den leiblichen Eltern. Eine Frage, die angesichts der neuen Fortpflanzungstechniken immer schwerer zu beantworten sein wird.
Vorgesehene Gäste:
Ein Mann, der seinen unbekannten russischen Vater ausfindig gemacht hat. Eine Erziehungswissenschaftlerin, die gegen Babyklappe und anonyme Geburt ist. Eine Mitarbeiterin des DRK-Suchdienstes, durch den auch heute noch rund 600 Menschen pro Jahr ihre Angehörigen finden. Ein Frauenarzt, der Frauen durch Samen unbekannter Spender zum Kind verhilft.
anschließend:
1.00 - 3.15 Uhr "Lügen und Geheimnisse" Englischer Spielfilm von 1996, Regie: Mike Leigh, 134 Minuten
Hortense, eine gebildete junge Farbige, wurde nach der Geburt zur Adoption freigegeben. Nach dem Tod ihrer Pflegemutter sucht sie ihre leibliche Mutter und findet heraus, dass diese eine Weiße ist:
Cynthia arbeitet einer Kartonfabrik und lebt mit ihrer anderen Tochter Roxanne, einer Straßenkehrerin, in recht ärmlichen Verhältnissen. Cynthia hat die Existenz dieser farbigen Tochter bislang verschwiegen, nun müssen sie selbst, Roxanne, ihr Bruder und ihre kinderlose Schwägerin sich den unbequemen Wahrheiten ihres Lebens stellen.
Mike Leighs Film wurde auf dem Filmfestival in Cannes 1996 mit der Goldenen Palme ausgezeichnet.
Redaktion Gudrun Wolter
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