WDR Fernsehen: Hier und Heute unterwegs, Samstag, 2. November 2002, 18.20 bis 18.50 Uhr
Köln (ots)
Hier und Heute unterwegs
Im Auge des Silberrückens Eine Reportage von Dorothee Pitz
Man soll ihm nicht in die Augen starren, aber Massa selbst hat immer alle im Blick: die Zoobesucher, die Pfleger und auch das Kamera-Team. Der Silberrücken-Mann lebt seit 27 Jahren im Krefelder Zoo. Geboren wurde er in Kamerun und mit vier Jahren dort auf dem Markt verkauft. "Das ist ja früher so brutal gewesen", sagt sein Pfleger Klaus Reymer, "die Mütter wurden erschossen, die Kinder geklaut und auf dem Markt verkauft."
Heute ist Massa Chef einer siebenköpfigen Gorilla-Familie, die ihn respektiert, und die er beschützt vor gedankenlosen Provokationen der Zoobesucher. Wenn der Silberrückenmann seine 160 Kilo in Bewegung setzt, die Lippen zusammenkneift und anfängt, Stroh zu schieben, dann wissen seine Pfleger, dass der Gorilla-Mann gleich zum Besucherschreck wird, Essensreste schmeißt und mit einem Höllenlärm gegen die Scheibe springt.
Ein bisschen beschämt und auch berührt fühlt sich der menschliche Betrachter als Provokateur und Ziel des Wutausbruchs. Es ist die Frage nach dem eigenen Ursprung, die Suche nach Anzeichen der Verwandtschaft, die den Menschen zu dem Menschen-Affen treibt.
Der Pfleger Klaus Reymer ist auch Vater und Mutter für Lea, ein Orang-Utan-Mädchen, das von der eigenen Affenmutter verstoßen wurde. "Die hat abends zuhause nur geguckt, was ich mache, da musste ich auch da sitzen und Tomaten und Äpfel essen oder die hat gesehen, Mensch, der trinkt ein Bier, da wollte sie sofort zugreifen".
Es ist ein schwieriger Balanceakt zwischen Mensch und Menschen-Affe, zwischen Nähe und notwendiger Distanz. "Am schlimmsten dran", sagt Klaus Reymer, "sind die Menschen-Affen, die nicht mehr wissen, ob sie Affe oder Mensch sind".
Dorothee Pitz hat sie beobachtet im Krefelder Zoo.
Redaktion: Stefan Huy
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