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WDR Europaforum – Merz kann sich Wehrpflicht vorstellen, Baerbock-Aussage: Klingbeil warnt vor Symbolpolitik

Köln (ots)

Dass sich die Ukraine bislang gegen Russland zur Wehr habe setzen können, sei vor allem den USA zu verdanken, sagte CDU-Chef Friedrich Merz beim WDR Europaforum. 'Amerika tut mehr als alle europäischen Länder zusammen. Ohne Amerika hätte die russische Armee Kiew längst eingenommen. Würden sich alle Länder verhalten wie Deutschland, wäre es noch schneller gegangen', so Merz. Europa erwarte zurecht mehr Führungsverantwortung der deutschen Seite, 'aber Deutschland muss aktuell mehr hinterhergezogen werden, als dass es vorne steht'.

Dass die veränderte geopolitische Lage nicht nur international Veränderungen der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik nach sich zieht, sondern auch in Deutschland innenpolitisch Auswirkungen haben dürfte, stand für den CDU-Chef fest. Derzeit diskutiere seine Partei, ob das Thema Wehrpflicht erneut auf die Tagesordnung kommen müsse. 'Ich kann mir das vorstellen, freiwillig in jedem Fall, verpflichtend vielleicht auch', schloss Merz eine Veränderung der deutschen Politik in dieser Frage nicht aus.

Nachdem Außenministerin Annalena Baerbock in einer Fernsehsendung bekundete, dass die Ukraine den Krieg mit Russland gewinnen müsse, hat auch SPD-Chef Lars Klingbeil Stellung bezogen. 'Das Verschieben von Grenzen dürfen wir nicht zulassen. Da stehen wir an der Seite der Ukraine. Wenn das der Sieg ist, dann verstehe ich das', erklärte Klingbeil beim 24. Internationalen WDR-Europaforum. Allerdings könne er mit der sprachlichen Verkürzung sehr schwieriger und komplexer Zusammenhänge wenig anfangen. Gefragt, warum es ihm so schwerfalle, zu sagen, dass die Ukraine den Krieg gewinnen müsse, antwortete Klingbeil: 'Weil die Debatte um die Frage dieses Satzes eine Reduktion ist, wo ein sehr komplexes Thema symbolhaft versucht wird, auf etwas sehr Kurzes zu reduzieren. Das erlebe ich seit dem Kriegsausbruch.'

Wesentlich deutlicher wurde der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz. Er mutmaßte aufgrund der Baerbock-Äußerungen, dass es innerhalb der Bundesregierung gravierende Meinungsunterschiede in dieser Frage gebe. 'Es geht um die Wiederherstellung der territorialen Souveränität der Ukraine. Das ist etwas anderes, als der Bundeskanzler sagt. Ich stimme dem zu, was die Bundesaußenministerin gesagt hat', meinte Merz und stellte klar, was für ihn ein Erfolg der Ukraine im Krieg beinhalte. 'Gewinnen heißt, die Aggression zu stoppen und mindestens bis zur Kontaktlinie vom 24. Februar zurückzudrängen.'

Klingbeil stellte im Übrigen fest, dass es in der Russland-Politik seiner Partei wie aber auch weiter Teile der deutschen Gesellschaft zu Fehleinschätzungen gekommen ist. Nach dem russischen Überfall auf die Krim hätte man den Umgang mit Moskau neu bewerten müssen. Dass dies nicht geschehen sei, müsse man als Fehler beschreiben. 'Vielleicht war es naiv, vielleicht hat man es nicht sehen wollen. Da hätten wir anders abbiegen müssen', so der SPD-Parteivorsitzende. Auch entsprechende Warnungen seien missachtet worden. 'Wir haben zu wenig auf die mittel- und osteuropäischen Länder gehört.'

Klingbeil forderte im Zusammenhang mit den Verhandlungen über einen Beitritt der Ukraine zur EU deutliche politische Signale. 'Ich bin für einen schnellen Beitritt', so der Sozialdemokrat. Eine Beitrittsperspektive müsse es auch für andere Länder geben. 'Bei Moldau und Georgien muss klar benannt werden, dass das das Ziel ist.'

Das WDR Fernsehen überträgt das WDR Europaforum live und im Livestream bei WDR aktuell auf der Homepage wdr-europaforum.de. Eine Zusammenfassung sendet tagesschau24 am 02. Juni um 20:15 Uhr und phoenix um 22:15 Uhr. In der ARD Mediathek stehen die Diskussionsrunden ab 17 Uhr bereit.

Veranstaltet wird das WDR Europaforum für Fernsehen, Radio und Internet vom Westdeutschen Rundfunk zusammen mit dem Norddeutschen Rundfunk, dem Südwestrundfunk, dem Österreichischen Rundfunk, phoenix, der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament, das die Schirmherrschaft übernommen hat.

Organisation und Durchführung der Veranstaltung liegen bei der WDR-Chefredaktion Fernsehen und der Europäischen CIVIS Medienstiftung für Integration und kulturelle Vielfalt. Die Redaktion haben Ferdos Forudastan und Heribert Roth.

Das Programm finden Sie unter: www.wdr-europaforum.de

Fotos unter www.ard-foto.de

Pressekontakt:

WDR Kommunikation
Telefon: 0221 220 7100
E-Mail: kommunikation@wdr.de

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